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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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werden.
    Ich hatte nicht vorgehabt, mich in die Auseinandersetzung hineinziehen zu lassen, aber nachdem wir vor Williams’ Laden gerade noch einmal davongekommen waren, warf man mich erst recht mit den Angels in einen Topf, und ich sah keinen Sinn mehr darin, noch zu versuchen, meine Neutralität wiederzuerlangen. Barger und Pete zählten anscheinend ganz selbstverständlich auf mich. Als wir um den See fuhren, versuchten sie mir ganz ernsthaft die Bedeutung der Colours zu erklären. Pete war anscheinend verdutzt, dass diese Frage überhaupt aufkam. »Mann«, sagte er, »das ist doch das Einzige, worum es geht.«
    Der andere Supermarkt befand sich mitten in dem großen Touristengebiet, und als wir dort ankamen, waren so viele Leute dort unterwegs, dass wir nur noch einen Parkplatz zwischen den Tanksäulen und dem Seiteneingang
fanden. Wenn es Ärger gegeben hätte, wären wir hoffnungslos eingekeilt gewesen. Auf den ersten Blick wirkte die Szene noch schlimmer als die, aus der man uns gerade gerettet hatte.
    Aber das hier waren andere Leute. Sie hatten anscheinend stundenlang darauf gewartet, die Angels in Aktion zu sehen, und als nun zwei aus dem Wagen stiegen, ging ein Raunen der Genugtuung durch die Menge. Es waren keine Einheimischen, sondern Touristen – Leute aus der Stadt, aus dem Valley und von der Küste. In dem Laden lagen überall Zeitungen, die über die Hell’s-Angels-Vergewaltigung in Los Angeles berichteten, aber niemand wirkte ängstlich. Eine neugierige Menschenmenge versammelte sich, als die Angels mit dem Ladeninhaber verhandelten, einem kleinwüchsigen, mondgesichtigen Mann, der immer wieder sagte: »Klare Sache, Jungs, ich kümmere mich drum.« Er war geradezu verbissen freundlich und ging sogar so weit, Pete einen Arm um die speckigen Schultern zu legen, als sie in das Bierlager gingen.
    Ich kaufte mir eine Zeitung und ging zu dem Bar- und Imbisstresen am anderen Ende des Ladens. Als ich gerade die Vergewaltigungsstory las, hörte ich ein kleines Mädchen hinter mir fragen: »Wo sind sie, Mummy? Du hast doch gesagt, dass wir sie sehen.« Ich drehte mich um, um mir das Kind anzusehen, ein o-beiniger Kobold, der gerade die zweiten Zähne bekam, und war wieder einmal froh, dass mein einziger Nachwuchs männlichen Geschlechts ist. Ich sah mir die Mutter an und fragte mich, in welch seltsame Falten sich ihr Hirn in diesen wunderbaren Zeiten des Wohlstands gelegt haben musste. Sie war eine sich ungezwungen gebende Mitdreißigerin mit kurzem, blondem Haar und einer ärmellosen Bluse, die sie sich
nur halb in ihre enge Bermudashorts gesteckt hatte. Es war wirklich ein Bild für die Götter: An einem heißen Nachmittag in Kalifornien lungert eine hängebäuchige Frau, die eine Saint-Tropez-Sonnenbrille trägt, in einem Supermarkt in einer Touristengegend herum, ihre sechsjährige Tochter im Schlepptau, und wartet inmitten einer erwartungsfrohen Menge auf die Ankunft des in Life angekündigten Bikerzirkus.
    Ich dachte an den Frühling im Jahr zuvor, als ich eines Abends von San Francisco nach Big Sur fuhr und im Radio hörte, eine Flutwelle werde gegen Mitternacht die kalifornische Küste erreichen. Kurz vor elf kam ich bei der Hot Springs Lodge an – die sich auf einer Felsklippe direkt am Ozean befindet – und lief hinein, um Alarm zu schlagen. Es war nicht viel los an diesem Abend, und nur ein halbes Dutzend Einheimische war noch wach und saß beim Wein an einem Redwoodtisch. Sie hatten die Warnungen bereits gehört und warteten nun, dass die Welle kam. Eine Flutwelle, bei Gott – das war ein Anblick, für den man schon mal aufbleiben konnte. In dieser Nacht strömten, besorgten Polizeiberichten zufolge, über zehntausend Menschen an den Ocean Beach in San Francisco, was zu einem die ganze Nacht währenden Stau auf dem Küsten-Highway führte. Auch sie waren neugierig, und wenn die Welle wie vorhergesagt gekommen wäre, hätten die meisten von ihnen dabei ihr Leben gelassen. Glücklicherweise lief sie sich irgendwo zwischen Honolulu und der Westküste tot.
    Gut fünfzig Menschen hatten sich versammelt, um zuzusehen, wie wir das Bier einluden. Einige Jugendliche trauten sich tatsächlich, uns dabei zu helfen. Ein Mann, der eine karierte Shorts und schwarze Businesssocken trug, bat Pete und Sonny wiederholt, sich in Pose zu werfen,
während er zurücktrat und mit seiner Amateurfilmkamera Aufnahmen machte. Ein anderer Mann, der ebenfalls Bermudashorts trug, kam zu mir und fragte mich leise:

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