Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson

Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson

Titel: Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Bugliosi
Vom Netzwerk:
avancieren würde. Doch einige Leute stellten sich tatsächlich hinter Charles Manson.
    Kurz bevor sie in den Untergrund ging, erklärte Bernardine Dohrn bei einer Tagung der »Studenten für eine Demokratische Gesellschaft«: »Diese reichen Schweine mit ihren eigenen Gabeln und Messern umzulegen und dann im selben Zimmer eine Mahlzeit zu essen, stark! The Weathermen 50 steht hinter Charles Manson.«
    Die Untergrundzeitung Tuesday’s Child, die sich selbst als die »Stimme der Yippies« 51 bezeichnete, geißelte ihre Konkurrentin, die Free Press aus Los Angeles, dafür, Charles Manson zu viel Publicity zu verschaffen – um kurz darauf die gesamte eigene Titelseite mit seinem Bild zu zieren und ihn in der Schlagzeile darunter zum »Mann des Jahres« zu küren.
    Die nächste Ausgabe zeigte Manson an einem Kreuz.
    Psychedelische Läden verkauften Manson-Poster und -Sweatshirts, daneben Ansteckbuttons mit der Aufschrift »Befreit Manson!«.
    Gypsy und andere Sprecher der Family machten sich in den spätabendlichen Radio-Talkshows breit, spielten Charlies Songs und beschuldigten die Anklagevertretung, »einem unschuldigen Mann etwas anhängen zu wollen«.
    Manson selbst strapazierte seine Privilegien als sein eigener Verteidiger bis zum Äußersten, indem er der Untergrundpresse eine Reihe von Interviews gab. Darüber hinaus interviewten ihn mehrere Radiosender per Telefon aus dem Bezirksgefängnis heraus. Schließlich erschienen auf seiner Besucherliste neben den »tatsächlichen Zeugen« einige klingende Namen.
    »Ich habe mein Herz an Charlie Manson verloren, als ich sein Engelsgesicht und seine strahlenden Augen zum ersten Mal im Fernsehen sah«, rief Jerry Rubin. 52 Auf einer Vortragsreise während einer Unterbrechung des Chicago-Seven-Prozesses 53 besuchte er Manson im Gefängnis und gab damit Spekulationen Nahrung, Manson könnte in seinem eigenen Verfahren auf die Taktik von Störmanövern zurückgreifen. Rubin zufolge schwadronierte Charlie drei Stunden lang und sagte unter anderem: »Rubin, ich gehöre nicht deiner Welt an. Als Kind war ich Waise und zu hässlich, um adoptiert zu werden. Jetzt bin ich zu schön, um freigelassen zu werden.«
    »Seine Worte und sein Mut inspirierten uns«, schrieb Rubin später. »Es ist nicht schwer, Mansons Seele zu berühren, da sie dicht unter der Oberfläche liegt.« 54
    Aber es war auch nicht ganz einfach, das Bild von Charles Manson als einem revolutionären Märtyrer aufrechtzuerhalten. Rubin räumte ein, dass ihn Mansons »unglaublicher männlicher Chauvinismus« ärgerte. Ein Reporter der Free Press nahm mit Bestürzung Mansons Ressentiments sowohl gegen Juden als auch gegen Schwarze zur Kenntnis. Und als ein Interviewer suggerierte, Manson sei ebenso wie Huey Newton 55 ein politischer Gefangener, fragte Charlie offenbar ratlos zurück: »Wer ist das?«
    Vorerst schien es sich bei den Manson-Fans allerdings um eine kleine, wenn auch lautstarke Minderheit zu handeln. Falls die Presse und das Fernsehen die Lage richtig wiedergaben, so lehnten die jungen Leute, welche die Medien unter dem Etikett »Hippies« zusammenfassten, Manson ab. Viele erklärten, die Dinge, die er verfocht, stünden ihren Überzeugungen diametral entgegen. Und nicht wenige konstatierten mit einiger Bitterkeit, dass sie nun in eine bestimmte Ecke gestellt würden. Es sei auch fast unmöglich geworden, per Anhalter zu fahren, beklagte ein Jugendlicher gegenüber einem Reporter der New York Times. »Wenn man jung ist, Bart oder gar lange Haare trägt, sehen einen Autofahrer an, als sei man ein blutrünstiger Sektierer, und sie treten aufs Gas.«
    Charles Manson betrachtete sich ironischerweise selbst nie als Hippie, denn in seinen Augen war Pazifismus eine Schwäche. Wenn die Mitglieder der Family unbedingt einem Begriff untergeordnet werden mussten, sagte er zu seinen Anhängern, dann ziehe er es vor, sie »Slippies« – die Flinken – zu nennen, was in Anbetracht ihrer nächtlichen »Schleichtouren« durchaus angemessen schien.
    Das Beängstigendste war aber die Tatsache, dass die Family selbst ständig wuchs. Die Gruppe in Spahn war inzwischen beträchtlich größer geworden. Und jedes Mal, wenn Manson vor Gericht erschien, entdeckte ich zwischen den bekannten Family-Mitgliedern neue Gesichter.
    Es lag auf der Hand, dass viele dieser neuen »Bekehrten« lediglich sensationslüstern waren und von der großen Öffentlichkeitswirkung angezogen wurden wie Motten vom Licht.
    Allerdings wussten wir

Weitere Kostenlose Bücher