Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
getreten, um den Eindringling zur Rede zu stellen, und war höchstens einen Meter von ihm entfernt gewesen.
Mit Ausnahme der Altersangabe – Manson war 34, konnte aber leicht für jünger gehalten werden – passte die Beschreibung.
Der Mann hatte gesagt, dass er jemanden suche, und hatte einen Namen genannt, den Hatami nicht kannte.
Habe er vielleicht nach Melcher gefragt? Schon möglich, meinte Hatami, doch er könne sich wirklich nicht erinnern. Denn zu dem Zeitpunkt war das Ganze für ihn von keinerlei Belang.
»Hier wohnen die Polanskis«, hatte Hatami gesagt. »Hier sind Sie nicht richtig. Vielleicht finden Sie die Leute, die Sie suchen, aber da hinten«, wobei er mit dem Finger in Richtung Gartenhaus gezeigt hatte. »Nehmen Sie die ›back alley ‹ «.
Damit war der unbefestigte Weg vor dem Haupthaus gemeint, der zum Gästehaus führte. Doch wie ich später gegenüber den Geschworenen argumentierte, versteht ein Amerikaner darunter einen schmalen Durchgang, an dem sich die Mülltonnen und Abfälle befinden. Manson musste das Gefühl bekommen haben, man behandele ihn wie eine streunende Katze.
Deshalb fragte ich Hatami: »In welchem Ton haben Sie das zu ihm gesagt?« Er machte es vor – laut und barsch. Schließlich sei Roman ja nicht da gewesen, fügte er hinzu, und er habe sich als Sharons Beschützer gefühlt. »Ich war nicht glücklich darüber, dass er auf das Grundstück kam und Leute sah, die er nicht kannte.«
Wie hatte der Mann reagiert? Er schien verärgert, meinte Hatami, habe sich umgedreht und sei ohne ein Wort der Entschuldigung oder dergleichen gegangen.
Kurz davor sei jedoch Sharon an die Tür gekommen und habe gefragt: »Wer ist da, Hatami?« Hatami habe geantwortet, dass ein Mann jemanden suche.
Ich legte Hatami nun einen Grundriss vom Haus sowie einen Plan vom Gelände vor und bat ihn, mir darauf zu zeigen, wo sie jeweils gestanden hätten. Sharon hatte sich auf der Eingangsveranda befunden, der Mann auf dem Weg höchstens zwei bis zweieinhalb Meter von ihr entfernt, ohne dass irgendetwas die Sicht verstellte. Es gab also keinen Zweifel, dass Charles Manson Sharon Tate und sie ihn gesehen hatte – dass Sharon dem Mann, der ihren Tod befehlen sollte, direkt in die Augen geblickt hatte. Jetzt war zum ersten Mal bewiesen, dass Manson einem seiner Opfer vor den Morden begegnet war.
Während der Mann den Pfad zum Gästehaus entlanggegangen war, war Hatami auf dem Weg und Sharon auf der Eingangsveranda geblieben. Laut Hatami war er »nach höchstens ein oder zwei Minuten« wieder zurückgekehrt und hatte das Anwesen ohne ein weiteres Wort verlassen.
Dies war zwar nicht der provozierende Zwischenfall, nach dem ich suchte, andererseits bot Hatamis Rat, den hinteren Pfad zu benutzen, in Verbindung mit Melchers Zurückweisung und dem Korb, den er von Altobelli bekommen hatte, Manson reichlich Anlass, um gegenüber den Leuten im Haus am Cielo Drive eine starke Abneigung zu hegen. Hinzu kam noch, dass diese Leute nicht nur offensichtlich dem Establishment angehörten, sondern ausgerechnet auf dem Gebiet erfolgreich waren, auf dem Manson gescheitert war – der Unterhaltungsbranche, dem Musikgeschäft und dem Film.
Eigenartigerweise gab es eine Unstimmigkeit hinsichtlich des Zeitpunkts. Hatami war sicher, dass Manson am Nachmittag gekommen war. Altobelli war dagegen ebenso fest davon überzeugt, dass Manson erst zwischen acht und neun Uhr abends im Eingang des Gästehauses erschienen war. Natürlich konnte es gut sein, dass sich einer von beiden irrte, doch die einfachste Erklärung war wohl, dass Manson an diesem Nachmittag zum Gästehaus gegangen war, dort niemanden vorgefunden hatte – da Altobelli am Nachmittag die meiste Zeit mit Reisevorbereitungen beschäftigt und unterwegs gewesen war – und am Abend noch einmal zurückgekehrt war. Dazu passte auch Hatamis Bemerkung, dass Manson nach »höchstens ein oder zwei Minuten« wieder den Pfad zurückgekommen sei, was ihm für die Unterhaltung mit Altobelli kaum Zeit gelassen hätte.
Ich legte Hatami Fotos von etwa einem Dutzend Männern vor. Er zeigte auf eines und meinte, dass der Mann so ausgesehen habe, auch wenn er sich nicht hundertprozentig sicher sein könne. Es war ein Foto von Charles Manson. Bei meiner Befragung von Hatami hatte ich Mansons Namen nicht erwähnt. Erst als unser Gespräch fast zu Ende war, wurde dem Fotografen bewusst, dass es sich bei dem Mann, mit dem er an jenem Tag gesprochen hatte, vielleicht um den
Weitere Kostenlose Bücher