Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
der Strafverfolgung entziehen. Der springende Punkt bei dem Ganzen ist die Frage, ob jemand weiß, dass seine Handlungen in den Augen der Gesellschaft falsch sind. Weiß er das, ist er nicht im juristischen Sinne unzurechnungsfähig. Bewusste Handlungen, um eine Entdeckung zu vermeiden – wie zum Beispiel das Durchtrennen von Telefonkabeln, das Entfernen von Fingerabdrücken, das Annehmen eines falschen Namens und die Beseitigung belastender Beweise –, sind Indizien dafür, dass der Angeklagte weiß, dass die Gesellschaft seine Handlungen als Unrecht einstuft.
Zuvor hatte Dr. Tweed ausgesagt, dass Patricia Krenwinkel offenbar nicht erkenne, dass diese Morde Unrecht waren. Im Kreuzverhör fragte ich ihn: »Wusste Patricia Krenwinkel, als sie diese Morde verübte, Ihrer Meinung nach, dass ihre Taten in den Augen der Gesellschaft ein Unrecht darstellen?«
A: »Ich glaube, ja.«
Bugliosi: »Keine weiteren Fragen.«
Am 4. März stutzte sich Manson seinen Bart in Form einer Gabel und rasierte sich den ganzen Kopf, weil er, wie er Reportern erzählte, der Teufel sei, »und der Teufel ist immer kahl«.
Interessanterweise folgten die weiblichen Angeklagten in dieser Zeit Mansons Beispiel nicht. Auch wenn er sich bei Gericht gelegentlich aufspielte, äfften sie ihn nicht wie beim Schuldfindungsverfahren nach. Offenbar hatten nun auch sie begriffen, dass solche Mätzchen nur Mansons Machtposition bewiesen.
Der nächste Zeuge, der Psychiater Keith Ditman, sagte aus, dass LSD zwar keine Hirnschäden verursache, jedoch sehr wohl einen schädlichen Einfluss auf die Persönlichkeit eines Menschen ausüben könne. Darüber hinaus erklärte er, dass jemand, der LSD nehme, empfänglicher für den Einfluss einer anderen Person sei und dass Leslies Konsum der Droge plus Mansons Einfluss auf sie möglicherweise entscheidende Gründe dafür seien, dass sie sich an einem Mord beteiligt habe.
Van Houten: »Das ist alles eine große Lüge. Ich wurde vom Krieg in Vietnam und vom Fernsehen beeinflusst.«
Im Kreuzverhör brachte ich Ditman zu dem Eingeständnis, dass nicht alle Menschen gleich auf LSD reagierten, sondern dass dies von der Persönlichkeitsstruktur des Konsumenten abhängig sei. Danach zeigte ich auf, dass Ditman Leslie nie begutachtet hatte und somit, da er ihre Persönlichkeitsstruktur nicht kenne, auch nicht bestimmen könne, ob, und wenn ja, welche Wirkung das LSD auf ihre Geistesverfassung habe.
Ebenso wenig könne er, da er sie nicht untersucht habe, mit Sicherheit sagen, ob sie eine inhärente Neigung zum Töten aufweise.
Keith fragte Ditman bei der Zweitvernehmung: »Was versteht man unter einer inhärenten Neigung zum Töten?«
A: »Dass eine Person im Verhältnis zum Durchschnittsmenschen einen stärker ausgeprägten Killerinstinkt besitzt.«
F: »Haben Ihrer Meinung nach aus psychiatrischer Sicht manche Menschen einen stärkeren Killerinstinkt als andere?«
A: »Nun ja, manche Menschen tragen, ob verdeckt oder offen, eine größere Feindseligkeit und Aggression in sich. Daher sind sie eher dazu imstande, Gewaltverbrechen wie Mord zu begehen.«
Dr. Ditman hatte soeben einen der wichtigsten Punkte des Schlussplädoyers zur Verhandlung über das Strafmaß angesprochen, an dem ich bereits arbeitete.
Dr. Joel Fort, der geradezu legendäre »Hippie-Doktor von Haight«, sah gar nicht danach aus. Der Gründer des »Nationalen Zentrums zur Lösung sozialer und gesundheitlicher Probleme« war um die 40, konservativ gekleidet, sprach leise und hatte kein langes Haar – genauer gesagt, war er kahl. Da Manson sich über seine Aussage ärgerte, brüllte er: »Sollte der je einen Hippie zu Gesicht bekommen haben, dann allenfalls, als er mit dem Auto auf der Straße an einem vorbeigefahren ist.«
Mansons Ärger war durchaus nicht unbegründet. Selbst bei der Direktbefragung war Dr. Fort für die Anklage hilfreicher als für die Verteidigung. Der Verfasser eines Buchs über Drogen und Mitverfasser von elf weiteren Büchern sagte aus, dass »eine Droge an und für sich keine magische Verwandlung bewirkt – da spielen viele weitere Faktoren eine Rolle«.
Im Kreuzverhör deckte ich einen davon auf. Fort sagte aus: »Ich hatte [nach der Untersuchung von Leslie Van Houten] den Eindruck, dass Mr. Mansons Einfluss bei der Verübung der Morde eine sehr zentrale Rolle spielte.«
Noch ein weiterer ganz entscheidender Punkt kam beim Kreuzverhör zur Sprache. Um das neue Argument der Verteidigung zu widerlegen, wonach die
Weitere Kostenlose Bücher