Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
Wir werden ihn massregeln. Vielleicht beantrage ich sogar einen Parteiausschluss! Ich bin lediglich froh, dass Ruedi Fink entkommen ist. Es muss alles seine Ordnung haben. Aus diesem Grund werden zuerst Nachforschungen betrieben. Edgar Huber verfolgt die Angelegenheit. Wir werden Fink erst ergreifen, wenn erwiesen ist, dass er der Mörder ist. Keine Sekunde früher, aber auch keine später. Das sind wir unserem Vorsitzenden schuldig.»
«Nein, ganz im Gegenteil. Sie leben in einem Rechtsstaat. Selbstjustiz ist eine Straftat. Peter Weller wäre …»
Die Worte verhallten im Nichts. Stolz befand sich längst in einer anderen Sphäre und warf einen verklärten Blick auf ein übergrosses Porträt von Peter Weller, das an der Wand hing. Ferrari konnte sich nicht daran erinnern, es beim ersten Besuch gesehen zu haben.
Der Kommissär fuhr mit dem Porsche nach Hause. Man könnte sich durchaus daran gewöhnen, mit dem Auto unterwegs zu sein. Vor allem im Winter. Es muss ja kein Porsche sein. Ein kleiner Mittelklassewagen würde vollkommen ausreichen. Vielleicht etwas Italienisches, ein Lancia oder noch besser ein Alfa Romeo. Alfa Romeo, das Wort verging wie Butter auf der Zunge. Wunderbar. Ein Alfa Romeo mit Winterreifen. Halt! Stopp! Wo sind deine Prinzipien, Ferrari?!, meldete sich sofort das schlechte Gewissen. Denk an die Umweltverschmutzung, an die Erderwärmung, an die Zukunft von Nikki. Basel verfügt nun wirklich über eines der bestausgebauten öffentlichen Verkehrsnetze der Welt. Da braucht es keine CO 2 -ausstossenden Autos. Das hat man nun von seinem Gewissen!, brummte Ferrari. Vor dem Haus streifte er das Trottoir. Die gequälten Felgen gaben einen unangenehm quietschenden Laut von sich. Das auch noch! Der Kommissär stieg aus und sah sich das Malheur an, einen Hick! Hoffentlich merkt Nadine das nicht.
Monika sass mit Nadine am Küchentisch. Er küsste seine Lebenspartnerin und fischte sich ein paar Chips.
«Hallo, ihr zwei. Geht es dir besser, Nadine?»
«Nicht wirklich. Mir ist die ganze Zeit schwindlig. Monika hat mir erklärt, dass das normal sei. Gibts etwas Neues?»
«Kommt mit ins Wohnzimmer. Ich spiele euch eine DVD vor.»
Gebannt starrten sie auf die Szene, in der Ruedi Fink erschien.
«Im Bericht von Christoph steht aber, die Kamera war ausgeschaltet.»
«Das war sie auch, Nadine. Jemand hat sie unmittelbar nach der Tat ausgeschaltet und die DVD verschwinden lassen.»
«Und warum?»
«Es gibt eigentlich nur einen Grund. Wir sollten nicht wissen, dass Ruedi Fink auf dem Gelände war.»
«Das verstehe ich nicht, Francesco.»
«Ganz einfach, Monika. Die wollen den Mörder ihres geliebten Anführers selbst zur Strecke bringen. Sie sind überzeugt, dass Ruedi Fink ihr Mann ist.»
«Jetzt kapiere ich es. Wenn sie euch die DVD von Anfang an übergeben hätten, sässe dieser Fink bereits in Untersuchungshaft und somit wäre aus der geplanten Selbstjustiz nichts geworden.»
«Aber weshalb warten sie einige Tage, bevor sie zuschlagen? So riskierten sie, dass Fink untertaucht. Was ja auch geschehen ist.»
«Eine gute Frage, Nadine. Patrick Stolz könnte sie uns bestimmt beantworten, wird er aber nicht. Er ist ein gerissener Politiker. Vielleicht spielt er auf Zeit. Je länger die Untersuchung dauert, desto eher verliert die Öffentlichkeit das Interesse an diesem Fall. Heute Weller, morgen eine Katastrophe in Indien. Wenn dieser Mord zu den ungelösten Fällen gelegt wird, kräht kein Hahn mehr danach, sollte Ruedi Fink eines Tages für immer verschwinden.»
«Möglich. Stolz konnte aber nicht damit rechnen, dass Edgar bei Conny plaudert und die wiederum Lutz Wagner informiert. Das war ein Selbstläufer.»
«Stimmt. Eine unvorhersehbare Kettenreaktion.»
«Und wieso taucht die DVD nun plötzlich auf?», setzte Nadine nach.
«Nachdem sie Ruedi Fink nicht gefunden haben, holen sie uns mit an Bord. Ob Fink tatsächlich der Mörder ist, wissen wir nicht. Eines steht fest, so harmlos wie er uns glauben machen will, ist dieser Ruedi nicht. Er war auf dem Gelände. Die Kamera ist oben am Tor befestigt. Ruedi kommt von hinten links ins Bild und rennt dann rechts zum Tor raus. Die schwarze Kleidung passt ebenfalls zur dürftigen Täterbeschreibung. Dass er die Wollmütze nach oben geschoben hat, ist ein fataler Fehler. Als er sich nämlich nochmals umdreht, vermutlich um sicher zu stellen, dass ihm niemand folgt, ist sein Gesicht klar zu erkennen.»
«Somit ist erwiesen, dass er auf dem Gelände war.
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