Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
Rhein in der Nähe des Feuerwehrbootes aufgegriffen worden, eingehüllt in eine Wolldecke.
«Zum Glück haben wir die junge Frau rechtzeitig gefunden. Wir fahren ein paar Mal in der Nacht das Rheinbord ab. Vermehrt, wenn es so kalt ist, wie in den letzten Tagen. Eine so junge und erst noch schwangere Frau haben wir noch nie dort unten aufgegriffen.»
«Wo ist sie jetzt, Georg?»
«Sie liegt im Kanti. Vermutlich auf der Intensivstation. Was zum Teufel hat das junge Ding nachts am Rheinbord zu suchen? Einer meiner Leute wird sich heute Nachmittag mit ihr unterhalten. Sicher steckt irgend so eine Beziehungskiste dahinter.»
«Lass uns das machen, Georg. Wir kennen die junge Frau.»
«Dir kann ich nichts abschlagen, Nadine. Übrigens, der Kerl, dieser Lutz Wagner, der dich so zugerichtet hat, den haben wir unter Beobachtung. Wenn er sich nur das Geringste leistet, packen wir ihn am Schlafittchen. Das sind wir dir schuldig.»
«Danke, Georg. Ich weiss das zu schätzen.»
Ferrari und Nadine unterhielten sich zunächst mit dem Arzt, der Irina untersucht hatte. Sie war gerade noch rechtzeitig eingeliefert worden. Um das Kind musste sich die werdende Mutter keine Sorgen machen. Es ging ihm bestens. Nadine spürte, wie sich ein Kloss in ihrem Hals löste. Das waren gute Nachrichten. Irina Löffler lag in einem Zweibettzimmer. Ferrari bat deshalb den Arzt, sie in ein Einzelzimmer zu verlegen.
«Wir wissen nicht einmal, ob die Frau überhaupt versichert ist. Wir können sie beim besten Willen nicht wie eine Erstklasspatientin behandeln.»
«Mit Ihrem guten Willen scheint es nicht weit her zu sein, Herr Bodmer. Diese Frau ist möglicherweise eine wichtige Zeugin in einem Mordfall. Aus diesem Grund ist äusserste Diskretion erforderlich. Wir können eine Befragung nur in einem Einzelzimmer durchführen.»
«Das muss der Chefarzt entscheiden.»
«Dann holen Sie ihn. Bitte.»
Es dauerte einige Minuten, bis sich der Chefarzt die Ehre gab.
«Ich bedaure sehr, aber alle Einzelzimmer sind belegt, Herr Ferrari.»
«Gut. Ich glaube Ihnen zwar kein Wort, aber ich nehme es zur Kenntnis.»
«Ich muss doch sehr bitten!»
«Nein, das müssen Sie nicht. Wir beide sind fertig miteinander. Es gibt sicher noch einen Oberchefarzt oder weiss der Teufel, wie das bei euch heisst. Treiben Sie den auf, und zwar blitzartig oder ich mische diesen Laden auf. Sie behindern die Untersuchungen. Wir ermitteln in einem Mordfall, aber ich wiederhole mich. Und das tue ich ungern. Sehr ungern. Also, was ist jetzt?»
«Das muss der Direktor entscheiden.»
Minuten vergingen. Ferrari tigerte hin und her. Sind denn hier alle verrückt? Das ist wie in dem Asterix-Film, den ich zusammen mit Nikki angeschaut habe. Eine römische Behörde musste einen Pass ausstellen. Asterix und Obelix gingen von Schalter zu Schalter, bis ihnen der Kragen platzte. Bei mir fehlt auch nicht mehr viel. Nadine deutete auf eine Dreiergruppe.
«Jetzt kommen sie zu dritt.»
«Ja, bitte, was kann ich für Sie tun?»
Ferrari drehte sich langsam um. Seine Augen funkelten, ein untrügerisches Zeichen dafür, dass er zum Angriff bereit war.
«Hallo, Francesco, was machst du hier?»
«Felix? Die gleiche Frage könnte ich dir stellen.»
«Also ich arbeite hier. Ich bin der Spitaldirektor.»
«Umso besser. Dann kannst du uns sicher helfen.»
Innerhalb kürzester Zeit lag Irina Löffler in einem Einzelzimmer. Erstklassversicherung hin oder her! Tja, Beziehungen bewirken manchmal Wunder.
«Na also, es geht doch», triumphierte Ferrari. «Sprich du mit ihr, Nadine. Helen hat ihr bestimmt von dir erzählt. Ich warte draussen.»
Ferrari wählte die Nummer von Georg und bat ihn, einen Beamten zu Irinas Sicherheit vorbeizuschicken. Nur für einige Tage, bis der Fall geklärt war.
Nadine setzte sich neben Irina, die sie ängstlich ansah.
«Du bist Nadine. Helen hat mir von dir erzählt.»
«Wie geht es dir, Irina?»
«Nicht gut», sie schluchzte. «Ich möchte mein Baby nicht verlieren.»
«Das wirst du nicht. Der Arzt sagt, die Polizisten haben dich im richtigen Moment gefunden. Deinem Kind geht es gut. Du musst dir keine Sorgen machen. Weiss Andreas, dass du schwanger bist?»
«Nein. Ich habe ihm nichts gesagt. Ich will das Baby behalten. Es ist mein Baby, Nadine. Ich will ihm eine gute Mutter sein.»
«Das wirst du. Ganz bestimmt. Wo bist du denn in den letzten Wochen gewesen?»
«Zuerst bei einem Freund, den ich vom ‹Hirschi› kenne. Als ich dort nicht mehr bleiben
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