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Hengstgeflüster (German Edition)

Hengstgeflüster (German Edition)

Titel: Hengstgeflüster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Levi
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sah aus, als hätte er Schmerzen im Bein. Die letzten paar Stunden waren wohl zu anstrengend für ihn gewesen, dachte sie.
    Auf seiner Stirn verliefen tiefe Furchen. Spuren, die das Leben an ihm zurückgelassen hatten. In seinen äußeren Augenwinkeln bemerkte sie Krähenfüße, die sich vertieften sobald er lächelte. Falls er einmal lächelte, was er oft tat, wenn er mit Lori spielte, oder sich mit Chris unterhielt. Bei Natalia lächelte er nie. Was fand sie nur so faszinierend an diesem außerordentlichen Rüpel von Mann?
    „Ich würde gerne schlafen, kannst du bitte aufhören dir so das Hirn zu zermartern, dass ich es bis hierher hören kann“, flüsterte er mit noch immer geschlossenen Augen. „Und bitte konzentrier´ dich auf den Verkehr. Dein Fahrstiel lässt sowieso zu wünschen übrig, das musst du nicht noch herausfordern, indem du nie auf die Straße schaust.“
    Natalia fauchte empört. „Bilde dir bloß nichts ein, ich habe nur überlegt, an welcher Stelle ich dich aus dem Auto werfen kann, ohne dass mich jemand dabei sieht.“
    Er grinste. Sie starrte ihn an. Dieser Scheißkerl! Ja, ihm gefielen ihre Wortgefechte.
    Sie wurde sentimental. „Sag´ mal, kannst du dich noch erinnern, als…“
    „Sag nichts“, unterbrach er sie bestimmt.
    „Aber…“
    „Du weckst die Kleine auf.“ Das Gespräch war hiermit beendet. Er lehnte sich zurück und blickte aus dem Seitenfenster auf die vorbeirasenden Olivenbäume. Er konnte sich erinnern. An alles! Er wusste jedes Wort, das sie gesagt hatte, kannte jeden einzigen der vielen Briefe auswendig, die sie an Chris, und an ihn, geschrieben hatte.
    Sie erreichten die Küstenstraße und Natalia lenkte den Wagen an den Motels und Bistros von Livorno vorbei auf einen überfüllten Parkplatz. Es herrschte gerade Hochsaison. Auf den Straßen wimmelte es von leicht bekleideten Menschen und es roch nach Hitze, Meer und Sonnenöl. Chrispin war ein Mann des Westens, der Pferde und der harten Arbeit. Natalia hingegen war so anders, so weiblich, stolz und edel. Ja, er passte nicht in ihre Welt … und sie passte nicht in seine. So einfach war die Sache. Ohne Kompromisse.
    Wäre da nicht immer dieser nagende Gedanke der Ungewissheit ihrer Vergangenheit. Er wusste, dass sie nie mit dieser Sache hatte abschließen können.
    Sie dachte, sie wäre eine Mörderin. Doch in Wirklichkeit war er der Mörder gewesen. Sie war verjagt worden, in dem Glauben, ihren brutalen Ehemann in dessen Raserei getötet zu haben. Ermordet aus Notwehr. In Wahrheit war Chrispin es gewesen, der an jenem schicksalhaften Abend dazu gestoßen war. Die schöne Frau lag bewusstlos und geschändet auf dem kalten Boden, er dachte sie sei tot. Der Junge versteckte sich mit zugehaltenen Ohren im Schrank. Sein Gesicht war grün und blau geschlagen. Schon lange war sein Hass auf dieses erbärmliche menschliche Wesen gereift, welches Frau und Kind zu seinem Vergnügen quälte.
    Und da war eine Sicherung bei ihm durchgebrannt. Ja, Chrispin hatte ihn sich vorgeknöpft, immer und immer wieder seinen Schädel roh auf die Erde gedroschen in blinder Raserei. Er war kräftiger als sein Gegenüber, der ein mieser Schwächling war und seine einzige Stärke darin sah, wehrlose Lebewesen zu missbrauchen. Ja, er hatte diesen Schweinehund getötet und damit sein Schicksal und das Schicksal dieser starken, wunderschönen Frau und ihres Kindes besiegelt.
    Dann war er davongelaufen, verwirrt und verängstigt. Am nächsten Morgen war es zu spät gewesen…
    Warum gab dieses Weibsbild denn bloß nie Ruhe? Immerzu drängte sie sich in seine Gedanken, in seine Träume. Konnte sie ihn nicht mit seinem schlechten Gewissen leben lassen? In seinem tiefsten Inneren jedoch bewunderte er Natalia. Schien sie doch so viel mehr innerliche Stärke zu besitzen als er. Niemand wusste um die Vorkommnisse in jener Nacht. Doch hinter vorgehaltener Hand sprach man Natalia den Mord zu.
    Cliff Owens, Obermogul der kalifornischen Viehwirtschaft, drohte Natalia, sie der Polizei auszuliefern, würde sie nicht schleunigst die Ranch verlassen. Den Jungen würde er behalten, beschloss er, als Ersatz für seinen verblichenen Rancharbeiter. Außerdem konnte er das Kind ja wohl kaum bei einer Mörderin aufwachsen lassen, das verbot ihm sein Anstandsgefühl.
    Natalia hatte keine Chance. Gefängnis, für einen Mord an dem ihr jegliche Erinnerung fehlte, oder Freiheit, in einer anderen Welt. So oder so … sie musste ihren Sohn zurücklassen.
    Das Geringste, das

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