Henkersmahl
nicht Max’ Laptop?«
Florian nickte.
»Wo war er denn?«
»In Curts Büro, er stand hinterm Schrank.«
»Dann ist ja alles in Butter. Die Kripo hat auch schon danach gefragt.«
»Kannst ihn direkt weiterleiten.«
Stimmen wurden laut und neben Patricias Schreibtisch öffnete sich die Tür, hinter der sich der Besprechungsraum für die internen Konferenzen befand. Er war weniger teuer und geschmackvoll möbliert als der Konferenzraum, den sie immer dann benutzten, wenn offizielle Gäste wie Barrick erwartet wurden. Durch die Tür traten Regine, Curt, Katja und Theo, der heute offenbar auch einmal an der Sitzung hatte teilnehmen dürfen. Regine nickte Florian kurz zu und rauschte eilig an ihm vorbei hinaus auf den Flur.
Curt sah erstaunt auf den Laptop.
»Er war bei dir im Büro, hinterm Schrank!«, platzte Patricia heraus. Florian bemerkte, dass Curt nervös mit den Augenlidern zuckte.
»Sah aus, als ob ihn dort jemand versteckt hat«, warf Florian ein und erklärte: »Zwei Dateien sind gelöscht worden. Einen Tag, nachdem Max’ Tod bekannt wurde. Ist doch seltsam, oder?«
Curt kniff die Augen zusammen. »Was hast du eigentlich in meinem Büro zu suchen?«
»Nichts. Bis auf den Laptop. Und den habe ich ja schließlich auch gefunden.«
»Und, hast du noch weitere wichtige Dinge entdeckt?«
»Nichts von Bedeutung«, antwortete Florian knapp. »Das weißt du doch selbst.«
Curt reagierte nicht, sondern drehte sich zu Patricia um: »Es wäre gut, wenn du alle Daten sicherst. Danach kannst du den Laptop meinetwegen der Kripo aushändigen.« Ausdruckslos blickte er in die Runde.
»Hast du die Datensicherung nicht längst übernommen?« Florian und Curt starrten sich einen Augenblick an, dann wandte Florian sich zur Tür. Plötzlich drehte er sich noch einmal um. »Ich hätte übrigens gern die Ansel Adams Fotos, die in Max’ Büro an der Wand hingen.«
»Sie sind im Altpapier«, antwortete Curt trocken.
»Das ist nicht dein Ernst.« Florian spürte, wie die nackte Wut in ihm aufkam, und nur mit Mühe gelang es ihm, sich zu beherrschen. Am liebsten hätte er Curt derartig an die Wand geknallt, dass er nicht mehr wusste, welche Schuhgröße er trug.
27
Florian warf die Bürotür mit einem lauten Knall hinter sich zu. Auf seinem Schreibtisch fand er eine Notiz, dass Freitag um 14 Uhr, also morgen, erneut eine Pressekonferenz zum Thema Krankheitsfälle stattfinden würde. Florian notierte Ort und Uhrzeit, dann schob er den Stick mit Max’ Dateien in den PC und öffnete die Datei mit der Bezeichnung ›Ahr.Weinbau.doc‹, um sie noch einmal in Ruhe zu lesen.
Es waren Rebsorten, klimatische Bedingungen und Bodenbeschaffenheiten aufgeführt, Kriterien, die über die Güte des Weines entschieden und Max wichtig erschienen waren. Außerdem die Namen von Winzern aus Dernau, darunter der Name Horst Schäfer mit dem Vermerk Nebenerwerbswinzer. Florian entdeckte auch den Namen Fletters, versehen mit drei dicken Ausrufungszeichen. Daniel Fletters, der Schreiner aus Dernau, der Yvonne Kosuczeks Küchentisch gebaut hatte. Er überlegte. Es musste demnach eine Verbindung zwischen den Krankheitsfällen, Dernau und Fletters bestehen. Dernau, das direkt an der oberen Ahrregion zwischen Altenahr und Marienthal lag, kannte er ganz gut. Dort hatten er und Max sich oft im Herbst, wenn die Winzerfeste stattfanden, den einen oder anderen Schoppen gegönnt. Manchmal auch in Rech oder Mayschoß. Besonders schön waren ihre Wanderungen zwischen den Weinbergen auf dem Rotweinwanderweg gewesen, die wärmende Sonne im Rücken, den Blick hinunter ins Tal. Angebaut wurde hier vor allem Spätburgunder, aber auch Portugieser, Frühburgunder und Dornfelder. An weißen Rebsorten pflanzten die Winzer vor allem Riesling, nur wenig Müller-Thurgau. Florian ließ sich im Internet darüber belehren, dass in Dernau auf etwa 95 Hektar Rotwein angebaut wurde, und nur auf 15 Hektar Weißwein. Besonders gut schien die Lage Dernauer Pfarrkloster zu sein, die hervorragende Burgunder lieferte, auf einem von Grauwackenverwitterungen geprägten Boden und steinigem, sandigen Hanglehm.
Florian nahm Max’ Terminkalender zur Hand. Er blätterte wieder zum Eintrag von Montag vor einer Woche zurück. ›D. S.‹ hatte Max dort notiert. Stand das D für Dernau? Und S für Schäfer?
Kurz entschlossen griff er zum Telefonhörer und rief Angehörige der Erkrankten an. Nach einer halben Stunde fand er bestätigt, was er bereits vermutet hatte. Alle Opfer
Weitere Kostenlose Bücher