Henkersmahl
hatten Wein getrunken. Rotwein. Einige waren sich sicher, dass er von der Ahr stammte. Florian wählte die Nummer des rechtsmedizinischen Instituts. Die Sekretärin nahm ab, sie war unfreundlich und verband ihn erst mit Dr. Sinzig, nachdem er sich als Mitarbeiter von Profi Entertainment zu erkennen gegeben hatte.
Sinzigs Stimme klang, als hätte er wenig Zeit. Florian konnte durch den Hörer wahrnehmen, wie er hektisch Rauch inhalierte. Vermutlich nutzte er jede Gelegenheit fernab von Toten und Seziertischen, um seiner Sucht zu frönen.
Florian nannte seinen Namen und kam sofort zur Sache. »Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass alle Opfer Rotwein tranken?« Florian hörte, wie Dr. Sinzig am anderen Ende der Leitung nach Luft schnappte.
»Es gibt mehrere Gründe. Der wichtigste ist, dass Sie das nun wirklich nichts angeht. Die Polizei ja, Sie nicht. Wenn ich mich jetzt dazu äußere, dann nur, weil es morgen sowieso auf der Pressekonferenz bekannt gegeben wird und ich davon ausgehe, dass es irgendeinen Zusammenhang geben muss. Welchen, wissen wir übrigens nach wie vor nicht.«
»Verstehe.« Florian räusperte sich. »Wie steht es eigentlich mit den Glutamatderivaten in der Schokolade und im Frischkäse?«
»Jeglicher Verdacht ist ausgeräumt. Die Schokolade ist absolut einwandfrei. Beim Frischkäse sieht es so aus: Man müsste mindestens fünf Packungen à 200 Gramm auf einmal konsumieren, dann würde er eine allergische Hautreaktion, einen Juckreiz sowie Durchfall auslösen. Soweit ich feststellen konnte, hat allerdings keiner der Betroffenen auch nur im Ansatz so viel davon verspeist.«
»Trotzdem wird Fresko das Produkt wohl vom Markt nehmen, um eine Verbraucherverunsicherung und damit einhergehend ein Negativ-Image für das Unternehmen zu vermeiden«, mutmaßte Florian.
»Davon kann man ausgehen«, pflichtete Dr. Sinzig ihm bei.
Florian spürte keinerlei Mitleid mit dem Unternehmen. »Wie geht es jetzt weiter?«
»Meine Kollegen und ich fangen wieder von vorne an. Wir finden heraus, was wir übersehen haben. Wir checken alles noch mal durch, wieder und wieder, bis wir endlich in Ruhe schlafen können.«
Florian seufzte. »Liegen inzwischen eigentlich schon die Untersuchungsergebnisse aus Leipzig vor? Ich meine, von der Blutuntersuchung meines Freundes?«
»Das Referenzlabor hat sich bisher nicht gemeldet, tut mir leid. Sie müssen sich wohl etwas gedulden.«
»Schade. Ich hatte gehofft …«
»Gibt es sonst noch etwas?« Dr. Sinzigs Stimme klang ungeduldig.
»Nein.« Florian war klar, dass er nichts Bedeutsames mehr von dem Rechtsmediziner erfahren würde und verabschiedete sich.
Nachdem er aufgelegt hatte, starrte er auf seine Aufzeichnungen. Wenn sich die Liste mit den Namen der Opfer auch in Curts Händen befand, würde Curt mit Sicherheit bald dahinterkommen, dass Jana die Daten für Max organisiert hatte.
Ihm war gar nicht wohl bei dieser Überlegung. Er traute Curt nicht über den Weg. So, wie er ihn einschätzte, kannte dieser keine Solidarität mit Kollegen. Wahrscheinlich würde er Jana von dem Augenblick an, wenn er herausgefunden hatte, dass sie Daten auf illegalem Weg recherchierte, auch für seine Zwecke einspannen wollen. Florian fasste sich an die Wange, sein Zahn meldete sich wieder. Alles, was Jana für ihn tat, war also in doppeltem Sinn hochgefährlich. Wenn es aufflog, könnte es sie mindestens den Job kosten, und wenn Curt sie verriet, musste sie dafür vielleicht sogar vor Gericht.
Es klopfte. Zu Florians Überraschung steckte Jana den Kopf zur Tür herein.
»Habe gerade an dich gedacht«, sagte er.
»Hast du einen Moment Zeit?« Jana lächelte.
»Für dich immer.«
Sie schloss die Tür hinter sich und nahm auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz. Sie legte ihm einige Blätter hin. »Hier. Die Liste der Anrufe von Max’ Handy und die Anrufliste zu seinem Festnetzanschluss.«
Florian warf einen Blick auf das Papier. »Du bist ein Schatz.«
»Ich glaube, die bei der Telekom haben etwas gemerkt.«
»Nein!«
»Doch, aber es ist ja nichts passiert. Ich habe mich schnell genug wieder ausgeloggt.«
Florian lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und strich sich über die Haare. »Das heißt, demnächst bitte keine Ausflüge mehr in fremde Datenbanken.«
»Ich kann mich in den nächsten Tagen ja ein wenig zurückhalten.« Jana schmunzelte, was bei Florian den Eindruck erweckte, dass sie das Gegenteil plante.
»Stell dir vor, der Laptop ist wieder da. Er war
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