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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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unter die Lupe genommen. Magda Frings lässt derzeit wohl nichts unversucht, die Kinder aus der ersten Ehe ihres Gatten kalt zu stellen.«
    »Scheint ja ein echtes Biest zu sein«, sagte Jana.
    »Die Verbindung zu Chocolat Royal Suisse würde immerhin sein Interesse an Max’ Laptop erklären, denn wenn Max herausgefunden hätte, dass die Schokolade die Krankheitsfälle verursacht, wäre dem Konzern mit Sicherheit ein nicht unerheblicher wirtschaftlicher Schaden entstanden.«
    »Und der hätte indirekt auch Curts Mutter und Curt getroffen«, führte Jana den Gedanken fort. »Soweit ich von Katja weiß, hat er ein gutes Verhältnis zu seiner Mutter.«
    Florian nickte, das Donnern der Bahn war schon zu hören. Gleich würde Jana, die eine Armlänge von ihm entfernt stand, verschwunden sein. Florian konnte die Kluft, die der gestrige Abend zwischen ihnen geschaffen hatte, deutlich spüren, aber jeder Versuch, die Befangenheit einfach mit einer lockeren Geste zu übergehen, würde lächerlich wirken und so sagte er zum Abschied bloß: »Vielleicht sehen wir uns morgen. Ich würde mich freuen.«

     

     

     

     

34
    Dernau an der Ahr war umgeben von Weinbergen. Florian fand, dass der Ort, der im strahlenden Licht der Vormittagssonne vor ihnen lag, zu Recht als Perle des Weinbaugebietes bezeichnet wurde. Die schmalen Fachwerkhäuser und die gepflegten Gassen, über die an verschiedenen Stellen Weinreben rankten, vermittelten ein sehr idyllisches Bild. Im Sommer schmückten üppig bepflanzte Balkonkästen die Häuser, was die freundliche Ausstrahlung des Ortes noch unterstrich, doch die vielen Tonenten, Keramikhühner, Kürbisse und Jutefiguren, die die Hauseingänge im Wechsel der Jahreszeiten zierten, irritierten ihn. Er wusste, es war ganz und gar ahr- und eifeltypisch, Haus und Grundstück zu dekorieren, aber das Wie war nicht unbedingt nach seinem Geschmack. Er war so gesehen eben ein typischer Mann.
    Florian musste lächeln, er fühlte sich heute gut, denn er war nicht allein unterwegs. Jana war bei ihm. Am frühen Morgen hatte sie ihm per SMS mitgeteilt, dass sie mitkäme, und seine Stimmung hatte sich schlagartig aufgehellt. Jetzt, wo sie gemeinsam durch die engen Gassen Dernaus schlenderten, am Pfarrgarten entlang, wo die alte Weinpresse stand, fühlte er sich so beschwingt, dass er sich wünschte, es gäbe einen anderen Anlass für ihren Ausflug. Trotz der leichten Befangenheit, die zwischen ihnen herrschte, und trotz seiner inneren Stimme, die ihn zur Zurückhaltung mahnte, wäre er gern mit ihr, völlig unbeschwert, den ganzen Tag durch die Weinberge spaziert. Kurz entschlossen führte er sie an der Kirche vorbei hin zur Gutsschenke eines bekannten Dernauer Winzers. So viel Zeit musste sein. Er lud sie zum Essen ein, und das Glas Wein, das sie tranken, trug dazu bei, dass sich die Stimmung zwischen ihnen zunehmend auflockerte.
    Als sie etwa eine Stunde später in Daniel Fletters karg bestücktes Schaufenster blickten, fragte Florian: »Habe ich dir eigentlich erzählt, dass Fletters’ Name auch auf Max’ Telefonliste auftaucht?«
    Jana nickte.
    »Und dass ich glaube, dass er den unetikettierten Wein unter die Leute brachte? Ich habe ihn vermutlich auch schon getrunken.«
    Jana starrte ihn an. »Und dir geht es gut?«
    Florian war sich sicher, dass Janas Stimme nicht die geringste Spur eines spöttischen Untertons enthielt. »Bestens, aber das ist es ja. Es passt nicht ins Bild.«
    »Du meinst, es müsste dir schlecht gehen, wenn der Wein etwas mit den Krankheiten zu tun haben sollte?«
    »Genau, aber mir geht es blendend. Vielleicht habe ich aber schlicht und ergreifend auch nur zu wenig davon getrunken.«
    Florian drückte die Türklinke herunter, doch die Tür, die in das Geschäft führte, war verschlossen. Er trat einen Schritt zurück. Den Kopf in den Nacken gelegt, blickte er die Hausfassade entlang nach oben, um festzustellen, ob sich vielleicht hinter einem der rechteckigen und etwas schmuddelig aussehenden Fenster Daniel Fletters verborgen hielt. Er drückte auf die Klingel neben Fletters’ Namensschild, aber es tat sich nichts. Nachdem er erneut geklingelt hatte, öffnete sich im zweiten Stock des Mehrfamilienhauses ein Fenster. Eine alte, dünne Frau beugte sich heraus.
    »Der hat seinen Laden schon seit Tagen nicht mehr betreten«, rief sie mit brüchiger Stimme. »Arbeitsmoral kennt der nicht.« Sie sah Jana und Florian misstrauisch an. »Wollen Sie was kaufen?«
    »Im Prinzip ja«, log

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