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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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Jana und Florian nippten. »Wir haben hier Grauwacke- und Schieferverwitterungsböden, die die Wärme hervorragend speichern, und so beste Bedingungen für die Entwicklung der Spätburgunder Trauben schaffen.«
    »Das schmeckt man«, sagte Florian anerkennend.
    Erfreut nahm Horst Schäfer weitere Gläser aus dem Regal und schenkte einen anderen Wein ein, diesmal einen 2007er Blanc de Noir.
    Florian steckte seine Nase tief in das Glas. »Duftet gut.« Vorsichtshalber nahm er nur einen kleinen Schluck, was bei Weinproben durchaus üblich war.
    Der Winzer hielt das Glas dicht vor seine Augen, probierte ebenfalls und atmete tief durch.
    »Seit wann sind Sie Winzer?«, fragte Jana.
    »Seit ich denken kann. Ich habe den Betrieb von meinem Vater geerbt. Wir müssen hart arbeiten, im Nebenerwerb ist es recht anstrengend. Gut, ich will mich nicht wirklich beschweren, aber andere Winzer hier in der Gegend verdienen erheblich besser.« Horst Schäfers Stimme hatte einen gepressten Klang angenommen. »Die haben ja auch genug Geld für ein ordentliches Marketing. Mein Unternehmen ist dafür zu klein, das gibt meine Betriebsgröße noch nicht her. Ich muss mich eben um alles selbst kümmern. Glücklicherweise habe ich aber einen guten Draht zur Forschungsanstalt für Weinbau.«
    »Und der gute Draht ist wichtig?«, hakte Jana nach.
    »Sicher, wenn es zum Beispiel um Neuentwicklungen von Hefen geht. Die Forschungsanstalt verwendet aber auch viel Mühe darauf, Reben zu züchten, die den hiesigen Verhältnissen optimal angepasst sind.«
    »Erfolgreich?«, wollte Florian wissen.
    Schäfer drehte Florian und Jana den Rücken zu und beschäftigte sich damit, eine weitere Flasche Wein zu öffnen. »Ja, immer wieder. Momentan sind sie dabei, Pflanzen zu züchten, die noch gehaltvollere Trauben mit mehr Inhaltsstoffen liefern als bisher und die natürlich schädlings- und pilzresistent sind. Die einfach qualitativ hochwertiger sind als die jetzigen Reben.«
    »Da würde ich gern mehr drüber wissen«, sagte Florian.
    Schäfer schenkte ein. »Setzen Sie sich mit der Forschungsanstalt in Verbindung, die können Ihnen mehr dazu sagen.«
    »Wo hat die Forschungsanstalt ihren Sitz?«, fragte Jana.
    »In Mainz.«
    S wie Schäfer, D wie Dernau, FW wie Forschungsanstalt für Weinbau, dachte Florian und hatte die Einträge in Max’ Terminkalender vor Augen. »Wie heißt das Institut?«
    »›Agrotecc Laboratories‹.« Schäfers Antwort kam zögernd. Die englischen Wörter gingen ihm nur schwer über die Lippen.
    Florian bat um ein paar Flaschen Wein für zu Hause, und der Winzer erklärte sich überraschenderweise dazu bereit, auch von dem noch nicht abgefüllten 2008er Spätburgunder eine Flasche einzupacken. Er verließ die Probierstube, und als er außer Sicht- und Hörweite war, flüsterte Jana: »Hoffentlich fallen wir nicht gleich tot um.«
    Florian blinzelte. »Glaube ich nicht, wir haben nur genippt. Oder ist dir etwa nicht gut?« Aufmerksam betrachtete er Jana, aber zu seiner Beruhigung schüttelte sie den Kopf. Er trat zum Wandregal, in dem neben Gläsern und Flaschen ein Ordner stand. Kurzerhand griff er danach und blätterte ihn durch.
    »Beeil dich«, flüsterte Jana. »Schäfer kann jeden Augenblick zurückkommen.«
    »Hier ist ein Vertrag, zwischen ›Agrotecc Laboratories‹ und …«
    »Er kommt!«, wisperte sie.
    Florian beeilte sich, den Ordner wieder an seinen Platz zurückzustellen. Das schmatzende Geräusch, das Schäfers Sohlen auf dem Steinfußboden verursachten, kam näher, und plötzlich stand der Winzer im Türrahmen, in der Hand eine Tüte mit drei Weinflaschen. Er wollte kein Geld dafür annehmen, jeder Versuch war zwecklos.
    Als sie auf den Hof hinaustraten, wurden sie empfangen von wildem Gebell. Der Hund war groß und schwarz und tobte an seiner Kette, die rasselnd über den Boden schleifte. Als sie an ihm vorbeigingen, versuchte er, nach ihnen zu schnappen. Jana umklammerte Florians Arm.
    »Emma ist ein scharfes Mädchen«, sagte Horst Schäfer stolz. »Sie beißt aber nur, wenn ich es ihr sage.«

35
    Auf dem Nippeser Markt herrschte, obwohl bereits später Nachmittag war, immer noch reges Treiben. Zwischen den engen Reihen drängten sich die Menschen, um die verschiedenen Stände mit Lebensmitteln unterschiedlichster Herkunft, die Textilien und den Trödel in Augenschein zu nehmen. Man konnte meinen, halb Köln sei heute auf den Beinen. Daniel Fletters trug eine Daunenjacke und rieb die klammen Hände

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