Henkersmahl
gereizt darauf hingewiesen, dass er seine Recherchen über die Krankheitsfälle und Max’ Tod auf der Stelle unterlassen solle. Rössner hatte ihm keine Sekunde lang abgenommen, dass er eine Sendung über Weinbauern an der Ahr plane, wie er behauptet hatte.
Florian legte sein Handy griffbereit auf den Küchentisch und betrachtete das Display. Immer noch keine Nachricht von Garcia. Zicke war ihm in die Küche gefolgt und strich miauend um seine Beine. Nun griff er nach einer kleinen Stoffmaus, die auf der Fensterbank lag, warf sie auf den Boden und beobachtete, wie Zicke sich darauf stürzte. Er wiederholte das Spiel einige Male, dann machte er sich einen Latte macchiato und Rühreier mit Speck. Genau das Richtige. Nachdem er den Teller leer gekratzt hatte, griff Florian zum Kölner Blick und widmete sich endlich in Ruhe dem Artikel von Eddie, den er morgens nur kurz überflogen hatte. Das von der Polizei angefertigte Phantombild prangte neben dem Text, und Florian betrachtete es mit Interesse, aber er war sich ziemlich sicher, dass er das Gesicht noch nie zuvor gesehen hatte. Versonnen blickte er aus dem Fenster auf die Äste der Kastanie, dann stand er auf und räumte den Tisch ab. Als es klingelte, ging er missmutig zur Wohnungstür. Er erwartete keinen Besuch.
»Was machst du denn hier?«
»Grüß dich«, sagte seine Mutter und nachdem ihr Sohn nicht zur Seite weichen wollte, fragte sie: »Willst du mich nicht hereinbitten?«
»Ehrlich gesagt, du kommst ungelegen. Ich wollte mich gerade an den Computer setzen.« Florian hatte in der Tat weder Zeit für ein längeres Gespräch mit seiner Mutter noch besondere Lust darauf.
»Ich kann auch wieder gehen«, sagte Marie-Louise, blieb aber in der Tür stehen.
»Nein, komm rein, für einen Kaffee wird die Zeit schon reichen.« Florian ließ seine Mutter eintreten und nahm ihr den Mantel ab.
Marie-Louise Halstaff trug ein schlichtes anthrazitfarbenes Strickkostüm, das ihre grazile Figur gut zur Geltung brachte. Florian ging ihr voran in die Küche, und seine Mutter nahm am Tisch Platz, während er begann, mit seiner italienischen Maschine Kaffeebohnen zu mahlen.
»Cappuccino, Espresso, Latte macchiato?«
»Cappuccino bitte.« Marie-Louise beobachtete ihren Sohn, während er mit der Maschine hantierte. »Gut siehst du aus. Ein bisschen blass vielleicht, aber gut.«
Ohne sich umzudrehen, sagte er: »Danke. Du auch. Was macht dein Spielfilm?«
»Es läuft alles bestens. Meine Filmtochter ist zwar ein bisschen zickig, aber ich und der Regisseur, wir haben sie ganz gut im Griff.«
»Eine Konkurrentin?«
»Zumindest glaubt sie das, aber sie kann mir natürlich nicht das Wasser reichen. Umso wichtiger ist es, ihr klar zu machen, wer am Set der wirkliche Star ist.«
Florian nickte und betrachtete seine Mutter nicht ohne Skepsis. Dann setzte er sich ebenfalls an den Tisch, ihr gegenüber.
»Wie hat dir das Match mit Jörg gefallen? Du warst rasch weg«, wechselte seine Mutter das Thema.
»Gut.« Florian sah in seine Kaffeetasse. Er war nicht gewillt, es ihr leicht zu machen.
»Hat dir das Gespräch mit ihm weitergeholfen?« Marie-Louise tat so, als bemerke sie die offensive Zurückhaltung ihres Sohnes nicht. »Ich würde mich sehr freuen, wenn ich dir mit dem Arrangement einen Gefallen getan hätte.«
»Das hast du, vielen Dank.« Florian beugte sich hinunter zu Zicke und widmete ihr seine volle Aufmerksamkeit.
»Nun lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.«
Florian sah auf. »Also gut. Fresko hat zwar diesen Frischkäse mit dem neuen Glutamatderivat auf den Markt gebracht, von dem einem schlecht wird, wenn man zu viel davon isst, wird aber hierfür nicht groß belangt. Ein kleiner gedruckter Hinweis auf der Produktverpackung reicht aus. « Er setzte die Tasse an seine Lippen und nahm einen vorsichtigen Schluck. Ihm fiel auf, dass die Tasse seiner Mutter schon fast leer war.
»Noch einen?«
»Danke, nein. Aber mit dem Hinweis, das finde ich völlig in Ordnung.« Sie reckte das Kinn.
»Wie man es nimmt.«
»Wieso?«
»Nun, das gestrige Gespräch mit einem der hartnäckigsten Journalisten Kölns hat mich darüber aufgeklärt, dass Fresko der regierenden Partei Spenden in ansehnlicher Höhe in Aussicht gestellt hat. Morgen wird es in der Zeitung stehen.« Eddie hatte ihm diese Info gestern nach der Pressekonferenz gesteckt. Marie-Louise sah ihren Sohn an, sagte aber nichts. Er bemerkte, dass er ungeduldig wurde, da er sich unbedingt noch an den
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