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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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Nacht aufgewacht. Wegen der geprellten Rippen hatte er nicht gewusst, wie er liegen sollte, und außerdem hatte er an Jana und Jörg Fresemann denken müssen. Von seiner Mutter hatte er seit ihrem Besuch am Samstagnachmittag auch noch nichts gehört.
    Er hatte ausgiebig geduscht und gefrühstückt. Nachdem er einigermaßen die Küche in Ordnung gebracht hatte, hatte er auf der Mailbox seines Handys eine Nachricht vorgefunden, die erstaunlicherweise von Paul Seeland stammte. Er wollte ihn dringend sprechen und Florian hatte sofort versucht, ihn zu erreichen, aber Seeland war in einer Besprechung gewesen.
    Jetzt sagte ihm ein Blick auf die Uhr, dass er spät dran war, es war bereits kurz vor halb neun, und um 9 Uhr sollte er auf dem Kommissariat sein. In Windeseile verließ er die Wohnung. Die Morgenluft auf dem Weg zur Bahn tat ihm gut, sie half, die dunklen Geister der vergangenen Nacht zu vertreiben.
    Kriminalhauptkommissar Marco Rössner präsentierte ihm Tim Weidner hinter einer Glasscheibe. Florian und er konnten ihn sehen, Tim Weidner sie aber nicht. Er erkannte ihn sofort. Es war der Junge mit dem Pferdeschwanz, aber nicht der Mann, der ihn angegriffen hatte. Der Angreifer war mindestens 20 Zentimeter größer und von kräftigerer Statur gewesen.
    »Er war es nicht, aber er ist derjenige, der mich beobachtet hat.«
    »Wie bitte?«
    »Ja.« Florian erzählte von der Situation bei der Rechtsmedizin und dem Secondhand-Babymodengeschäft.
    Rössner schnalzte mit der Zunge. »Wir nehmen ihn weiter in die Mangel. Der Präsentkorb stammt definitiv von ihm, das hat er gestanden. Warum er allerdings die Sendung über die Krankheitsfälle auf Teufel komm raus verhindern wollte, darüber schweigt er sich noch aus. Nicht mehr lange, wie ich hoffen will.«
    Florian wandte sich von der Glasscheibe ab, hinter der Tim Weidner zusammengekrümmt, als hätte er Schmerzen, auf einem Holzstuhl saß.
    »Braucht er Stoff?«
    »Wir geben ihm Methadon.«
    Florian sah sich um. »Und wo ist der Bandenchef?«
    Rössner nahm einen Ordner zur Hand. »Wird gerade verhört. Alex Weyer. Schauen Sie mal diese Fotos an, könnte er Sie überfallen haben?«
    Florian nahm die Fotos entgegen, betrachtete sie genau, einige zeigten Alex Weyers Gesicht im Profil und von vorn, andere waren Ganzkörperaufnahmen. Alex Weyer war etwa 1,70 Meter groß, aber der Angreifer war größer gewesen, soweit Florian sich erinnern konnte.
    »Nein, aber vielleicht ist er Max’ Mörder?«
    Marco Rössner schüttelte den Kopf. »Das ist unwahrscheinlich. Max Kilian wusste zwar durch Garcia Marquez von dem Drogendeal und hat uns vor seinem Tod noch einen Tipp gegeben, aber ich glaube nicht, dass Alex Weyer ihn umgebracht hat. Er hätte ihren Freund bestimmt nicht vergiftet, sondern einfach abgestochen. Ein Giftmord passt nicht zu ihm und seinem Umfeld. Die Jungs sind einfacher gestrickt. Wir gehen davon aus, dass der Mörder ihres Freundes noch frei herum läuft.«
    Das klang plausibel. Florian dachte an Max, dann war es also ihm zu verdanken, dass Alex Weyer geschnappt worden war. »Wann rechnen Sie mit den Untersuchungsergebnissen von dem Wein und den Kopfschmerztabletten?«
    »Ihre Neugier ist wohl nicht zu bremsen, was?« Über Rössners Gesicht glitt der Anflug eines Lächelns, aber kurz darauf machte er schon wieder ein ernstes Gesicht. »Spätestens in 24 Stunden. Vorsorglich haben wir Schäfers gesamten Bestand beschlagnahmt.«
    »Ich nehme an, das hat ihn nicht sehr gefreut.«
    »Er steht am Rande eines Nervenzusammenbruchs.« Kriminalhauptkommissar Rössner räusperte sich. »Mit Ihrem Freund, das tut mir leid.«
    Erstaunt sah Florian auf.
    »Nicht schön zu wissen, dass er tatsächlich umgebracht wurde, was?«
    »Nein.« Florian schloss für einen Moment die Augen.
    »Wir werden den Mann schnappen, glauben Sie mir.«
    »Sind Sie schon weitergekommen? Ich meine, haben Sie den Mann von dem Phantombild?
    »Wir sind dran, mehr kann ich Ihnen zurzeit nicht verraten. Haben Sie einfach noch ein bisschen Geduld.«
    Florian dachte, dass er in den letzten Stunden schlagartig in Rössners Achtung gestiegen sein musste, und irgendwie fand er seine ungewohnte Freundlichkeit irritierend. Während er darüber nachsann, was genau den Stimmungswechsel bewirkt haben mochte, richtete er wieder den Blick auf Tim Weidner hinter der Glasscheibe, der seinen pendelnden Oberkörper fest umklammert hielt und auf seine Schuhe starrte. Er gab ein jämmerliches Bild ab, und tat Florian

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