Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)
magst
Jeremy.“
Ich
brummte. „Ich hasse ihn nicht“, gestand ich. „Aber mehr auch nicht.“
„Soso.“
Soso?!
Und was sollte das jetzt wieder bedeuten? Doch ich hatte keine Lust
nachzufragen. Es war eh egal, was ich über ihn oder Hannah dachte. Die Familie
würde im Laufe des Tages von ihrem Besuch bei Veda zurückkehren und sobald das
passierte, hatte ich mich von den beiden Wölfen fernzuhalten.
Isi
mochte mich ja noch verstehen, hatte sich sogar mit Hannah angefreundet, aber
der Rest,… Mit Schaudern dachte ich an den Ausdruck in Kassias Augen, als sie
mir ins Gewissen geredet hatte. An Pandoras gerümpfte Nase. Caleb würde sich
wohl auf Isobells und somit meine Seite schlagen, falls ich das Thema zur
Diskussion brachte, aber meine Gewinnchancen bei einer Abstimmung standen
schlecht.
Und
wer blieb übrig? Nero. Na klasse.
Damit
konnte ich meine Freundschaften auch gleich abhaken.
Ich
wollte gerade mit dem Trübsal blasen beginnen, da klingelte unerwarteterweise
mein Handy.
„Mathurin“,
sagte Kassia, und mich überlief ein kalter Schauder. Als hätte sie geahnt, dass
ich eben an sie gedacht hatte,… „Unser Aufenthalt bei Veda verlängert sich um
ein paar Tage. Komm mit Isobell nach Cutlery. Wir feiern eine zweite Geburt.“
Ich
war wie elektrisiert. Eine zweite Geburt! Das bedeutete, jemand würde zum
Vampir werden. Der Rat bewilligte nur noch selten Anwärtern Teil unserer
Gesellschaft zu werden. Deswegen war man auch dazu übergegangen, Familie und
Freunde einzuladen, um an diesem Spektakel teilzuhaben.
Ich
würde zum ersten Mal sehen, wie ein Vampir geboren wurde.
„Wir
sind unterwegs“, antwortete ich.
Nun,
zumindest konnte ich mich nicht über fehlende Ablenkung beschweren. Ich hatte
nicht viele vampirische Bekanntschaften. Vielleicht würde ich mich sogar
amüsieren?
Hätte ich da schon
geahnt, was auf mich zukommen würde, wäre ich daheim geblieben.
Kapitel 32
Die Gastgeberin
Der Flug über die Berge
verlief ruhig und ohne weitere Vorkommnisse. Wenige Stunden später darauf waren
Isobell und ich da.
Das
Haus, in dem Veda mit ihrer Familie lebte, war nicht wirklich ein Haus. Es war
die Urlaubsresidenz einer alten englischen Adelsfamilie, die einst von der Pest
dahingerafft worden war und seit einigen Jahrhunderten Vampiren als Heim
diente. Dicke, weiß gekalkte Steinmauern, hohe Türme und eine weitläufige
Parkanlage, die das auf einem massiven Steinvorsprung gebaute Bauwerk malerisch
umrahmte.
Nicht
übel. Großkotzig, aber nicht übel.
Das
kleine Schloss schimmerte regelrecht vor dem dunklen Nachthimmel. Mir
durchzuckte ein erwartungsvolles Kribbeln.
„Ich
hatte es viel kleiner in Erinnerung“, sagte ich.
Isi
nickte. „Ich auch. Aber das letzte Mal, dass wir hier waren, ist ja auch schon
eine Weile her. Das war kurz nach deiner Verwandlung.“
Ich
versuchte mich an diese Zeit zu erinnern, doch es wollte mir nicht recht
gelingen. Die ersten Monate als Vampir waren verwirrend gewesen. Schwammige
Bilder geisterten durch meinen Kopf. Ich sah die Fähre, die uns nach Amerika
gebracht hatte und viele Gesichter, denen ich keine Namen mehr zuordnen konnte.
„Müssen
wir da rein?“, fragte ich und legte meinen Kopf in den Nacken. Je näher wir
kamen, desto mehr schien das Schloss in die Höhe zu wachsen. Mit einem Mal
sehnte ich mich nach meinem kleinen Zimmer und der Ledercouch.
Isi
sagte nichts, packte aber meinen Arm.
Viel
zu schnell waren wir auch schon vor dem Tor.
Es
stand offen.
Man
erwartete uns. Mit bangen Schritten gingen Isi und ich zwischen zwei langen
Fackelreihen hindurch, die man wohl eigens für die Besucher aufgestellt hatte.
Der Weg führte in einen Innenhof mit plätscherndem Brunnen, in dem kleine
Putten badeten. Trotz der Wärme des Abends und der schönen Umgebung fühlte ich
mich unwohl. Die flackernden Schatten, die die Flammen warfen, machten mich
unruhig. Der Geruch von Feuer und etwas Bedrohlichem lag in der Luft.
Aber
auch möglich, dass es nur die Aufregung war.
Ich
kam einfach nicht oft unter Leute.
„Ah, da seid ihr ja!“
Eine Frau mit eleganter Hochsteckfrisur und schwarzem Abendkleid kam uns
entgegen gestöckelt.
Wobei
gestöckelt vielleicht der falsche Ausdruck ist. Ihre Bewegungen auf den hohen
Schuhen waren eher so fließend, dass es fast aussah, als schwebe sie über den
Kiesboden auf uns zu. Hatte schon irgendwie was von einem Horrorfilm.
Sie
breitete ihre Arme aus und küsste uns jeweils links und rechts auf die
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