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Henry haut ab: Roman (German Edition)

Henry haut ab: Roman (German Edition)

Titel: Henry haut ab: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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grauenvolle alte Schachtel von Heimleiterin. Er war mir gegenüber überaus hilfsbereit. Alte Soldaten halten zusammen, wusstest du das nicht? Anscheinend nimmst du immer dieselbe Suite, und auf meine Bitte hin hat er sie mit einer Minikamera verwanzt. Die Bilder sind überaus interessant.
    Also, meine Liebe, geh und finde eine angenehme Bleibe für mich. Natürlich muss ich die zuerst inspizieren. Und in der Zwischenzeit bezahlst du mir ein schönes Zimmer im Black Bear Hotel. Du wirst sehen, man erwartet mich dort bereits.«
    »Aber …«
    »Kein Aber. Geh einfach.«
    Lady Clarissa ging. Sie wusste, wenn sie geschlagen war. An jenem Abend saß der Colonel an der Hotelbar und trank mit einer ganzen Reihe sehr großer Maltwhiskys auf seinen Sieg. Er hatte seine schreckliche Nichte hereingelegt: Es waren keine Kameras da gewesen, auch wenn der Sohn der Heimleiterin seine scharfsinnigen Vermutungen über dieses treulose Miststück bereitwillig bestätigt hatte. Er verlangte die Speisekarte und beschloss, es richtig krachen zu lassen, indem er Hummer zum Abendessen bestellte.
    Wilt hatte den größten Teil der Woche in seinem Büro gesessen und eine Biographie von Kaiser Wilhelm II. gelesen. Er bezweifelte ernsthaft, dass der kleine Gadsley irgendetwas über die Ursachen des Ersten Weltkriegs wusste, ungeachtet seiner vorangegangenen drei Versuche, die Prüfung zu bestehen. So wie es sich anhörte, konnte das Ganze nur funktionieren, wenn Wilt sämtliche schwierigen Themen ausließ und sich an die Grundlagen hielt. Er beschloss, dass die beste Strategie wäre, Edward alle einfachen Sachen gründlich auswendig lernen zu lassen, so dass er sie jederzeit wieder von sich geben konnte. Wenn der Trottel auch nur ein bisschen Grips hatte, müsste das funktionieren.
    Immer wieder wurde er durch sogenannte Studenten unterbrochen, die hirnverbrannte Fragen über den Stundenplan des Herbstsemesters stellten. Und dann gab es sogenannte Studenten, die weitgehend sinnvolle Fragen zu hirnverbrannten Themen stellten. Im Frühjahr hatten Braintree und er sich das aberwitzigste Seminarthema ausgedacht, dass ihnen einfallen wollte, und es kurz vor Drucklegung ins Vorlesungsverzeichnis geschmuggelt. Bis jetzt schien »Kulturelle Adipositas: Studium und Bewertung des Beitrags des Übergewichts zur westlichen Zivilisation seit dem Fall des Römischen Imperiums« völlig überbelegt zu sein – so sehr, dass es bereits eine Warteschlange eifriger Idioten gab, die sich unbedingt auf die Warteliste setzen lassen wollten.
    Als er am Donnerstag nach Hause kam, erwartete ihn die Nachricht, dass Lady Clarissa angerufen hatte und ausrichten ließ, sie käme dieses Wochenende nun doch nicht nach Ipford und schlage vor, dass Wilt stattdessen den Zug nach Utterborough nehmen sollte. Dorthin wollte sie ein Taxi schicken, das ihn abholte.
    »Soll mir recht sein. Je weniger lange ich mit dieser Frau eingesperrt bin, desto besser«, sagte er Eva und setzte sich wieder an die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. Eine halbe Stunde später klingelte wieder das Telefon. Wilt überließ es seiner Frau, abzunehmen.
    »Das war Lady Clarissa«, sagte sie. »Sie möchte, dass du am 13. den Zug um zehn Uhr zwanzig nimmst. Das ist morgen.«
    »Weshalb die Änderung?«
    »Sie hat irgendetwas davon gesagt, dass Edward Sir George auf die Nerven geht.«
    »Und sie möchte wohl, dass er stattdessen mir auf die Nerven geht? Hat sie auch gesagt, wie viel sie mir für die halbe Woche zahlen will?«
    »Ich wollte nicht fragen. Sie kam mir ein bisschen erregt vor. Ich hab mich sogar gefragt, ob sie vielleicht getrunken hatte. Sie hat angefangen, irgendetwas über die Köchin zu erzählen, die sie eine alte Kuh nannte, und dann hat sie mit ihrem Onkel weitergemacht, der ein fetter Mistkerl wäre … oder vielleicht war’s auch anders herum. Ich wollte sie wirklich nicht unterbrechen.«
    »Verdammt! Was hast du mir da nur eingebrockt? Oh, na schön, ich denke, ich gehe wohl lieber nach oben und packe.«
    Wilt ging nach oben und kontrollierte seinen Koffer, um sicherzugehen, dass Eva nicht den Anzug mit den rosafarbenen Nadelstreifen eingepackt hatte. Sie hatte. Er nahm ihn heraus und versteckte ihn unter einer Jacke im Schrank. Dann setzte er sich auf die Bettkante und verfluchte seine Frau dafür, dass sie ihn in diese höllische Lage gebracht hatte. Eines würde er mit Sicherheit nicht tun, nämlich ein Dinnerjacket mitnehmen. Die Gadsleys zogen sich wahrscheinlich zum

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