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Henry haut ab: Roman (German Edition)

Henry haut ab: Roman (German Edition)

Titel: Henry haut ab: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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sie absolut respektabel, als ich sie kennengelernt habe«, beteuerte Wilt hastig, für den Fall, dass einer der Gadsleys sich in Hörweite dieser beschämenden Enthüllungen befand.
    »Nein, nein. Ich meine, sie ist keine Lady vom Titel her. Selbst wenn Sir George ein Erbritter wäre, würde sie nicht Lady Clarissa genannt werden, sondern Lady Gadsley. Aber das ist sie nicht. Sie denkt es, aber das Ganze ist ungefähr so echt wie ein Titel, den man im Internet kaufen kann. Zumindest hab ich das so gehört. Natürlich habe ich nie … auch wenn mein verstorbener Mann mal ein Grundstück auf dem Mond zum Geburtstag bekommen hat. Sehr sinnig, so etwas!«
    Wilt kam sich vor, als sei er auf dem Mars gelandet und nicht nur auf dem Mond. Das hier wurde alles immer unwirklicher. Es sah aus und hörte sich an, als seien alle auf Sandystones Hall vollkommen durchgeknallt.
    »Sie sprachen von Sir George«, versuchte er, das Gespräch wieder auf Kurs zu bringen.
    »Ach, der. Also, der ist jetzt schon seit Jahren Friedensrichter, auch wenn man das nicht annehmen sollte, so, wie er mit einem umspringt. Ehrlich gesagt, ich finde, es ist am besten, ihm nicht zu wiedersprechen, sonst trampelt er nur herum und brüllt.«
    Wilt merkte sich diesen Ratschlag stillschweigend.
    »Danke, dass Sie es mir gesagt haben. Wie ist denn Lady Clarissa so?«
    »Sie trinkt. Eigentlich trinken beide. Und … Nun ja, das werden Sie bestimmt bald selbst herausfinden. Soweit ich es verstanden habe, sind Sie hier, um ihrem Sohn Edward durch irgendeine Prüfung zu helfen. Ich kann nur sagen, ich beneide Sie nicht. Ein seltsamer Junge ist das. Schleicht überall herum, wirft mit Steinen und so etwas … Früher hätte man ihn wahrscheinlich in so ein Heim gesteckt, Sie wissen schon, für Kinder, die einen an der Murmel haben. Nicht alle Tassen im Schrank … Jedenfalls ist er gleich heute Morgen losgezogen, und seitdem hat ihn niemand mehr gesehen.«
    Mit dieser mürrischen Bemerkung stand sie auf und walzte zu dem riesigen Herd, wo sie noch mehr Wasser in eine Großküchen-Teekanne goss.
    »Noch eine Tasse?«, fragte sie.
    Wilt nickte und bedankte sich. Nicht alle Tassen im Schrank? Guter Gott, der Junge war tatsächlich ein Idiot.
    »Sie glauben nicht, dass er – na ja, klug genug ist?«
    »Ich weiß es nicht. Was ich allerdings weiß, ist, dass Sir George ihn nicht ausstehen kann. Auf jeden Fall ist der Junge ja auch gar nicht sein richtiger Sohn, nur sein Stiefsohn, also liegt es vielleicht daran, dass sie sich nicht verstehen.«
    »Oh, na ja, das hört sich jedenfalls nicht nach einer sehr glücklichen Familie an«, seufzte Wilt. »Es überrascht mich, dass Sie noch hier sind.«
    »Ich muss, mein Mann ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen … genau wie Lady Clarissas erster, auch wenn’s ein anderer Bahnübergang war, natürlich … und Sir George brauchte eine Sekretärin, also habe ich mich beworben. Ich muss arbeiten, und die Bezahlung ist gut, also bleibe ich und halte mich raus. Wie gesagt, für Klatsch habe ich nichts übrig.«
    »Ganz und gar nicht. Natürlich nicht«, versicherte Wilt hastig. »Also, ich muss sagen, Sie haben mir mit all diesen Informationen sehr geholfen. Ich danke Ihnen herzlich.«
    »Ach, keine Ursache. Es ist nur, ich habe schon so viele Leute ahnungslos in diese Rattenfalle hier reinmarschieren sehen … wobei, nein, ich denke, Irrenhaus ist eine bessere Beschreibung. Da dachte ich, Sie sollten lieber wissen, was Ihnen bevorsteht. Die sind kein normales Paar – sie hat ihn wegen seines Geldes geheiratet –, und was den Sohn Ihrer Ladyschaft angeht, wenn Sie’s schaffen, dem überhaupt irgendwas beizubringen …« Hier brach sie abrupt ab. Edward war offensichtlich kein Thema, dem sie sich länger widmen wollte. Wilt brachte taktvoll das Gespräch auf etwas anderes.
    »Es hätte doch wohl niemand etwas dagegen, wenn ich meine Frau anrufen würde, um ihr zu sagen, dass ich gut angekommen bin und dass sie nicht durchs Haupttor kommen soll? Dieser Weg durch den Wald ist schrecklich gefährlich. Was ich von der hinteren Straße gesehen habe, sah weitaus sicherer aus.«
    »Die alte Straße soll hauptsächlich unliebsame Besucher fernhalten. Und natürlich können Sie das Telefon benutzen. Ich zeige Ihnen, wo es ist.«
    Sie ging ihm durch einen Flur voraus. Auf halbem Weg blickte sie über die Schulter, um sicherzugehen, dass niemand sie beobachtete, bevor sie neben einer halb verborgenen Tür stehen blieb. »Das ist

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