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Henry haut ab: Roman (German Edition)

Henry haut ab: Roman (German Edition)

Titel: Henry haut ab: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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und ich glaube, die würden mich nehmen. Ich hab schon Abseilen trainiert und Gegen-den-Strom-Schwimmen, in Flüssen wie im Teme vor Ludlow, und ich habe auch viel Langstreckenlaufen gemacht. Ich will nicht in irgendein schickes Regiment, ich will richtig kämpfen. Und Leute umbringen.«
    Wilt gab auf. Wenn Edward Soldat werden wollte, würde er nicht so leicht davon abzuhalten sein, auch wenn es sich anhörte, als seien seine Motive etwas fragwürdig. Doch da Lady Clarissa für teuren Unterricht bezahlen würde, würde er zumindest so tun. Wilt ließ den Jungen wissen, dass ein oder zwei bestandene Prüfungen helfen könnten, seinen Platz in den Kommandotruppen zu sichern. In Wahrheit wusste er nicht genau, welche Qualifikationen dafür erforderlich waren. Alles, was er wollte, war, Edwards Interesse hinlänglich zu wecken, dass er bereit war, ein paar Stunden abzusitzen. Sie mussten beide die nächsten paar Wochen irgendwie überstehen, damit Eva zu ihrem Urlaub mit den Mädchen kam und Wilt ein paar Tausend Pfund machen konnte, die ihnen über die Runden helfen konnten, bis ihm etwas einfiel, wie er die Schulgebühren auf andere Weise aufbringen konnte.
    »Gut«, sagte er, »dann lass uns mal sehen, was dich interessieren könnte, bevor ich einen Stundenplan vorbereite.«
    »Was … jetzt?«
    »Ja, jetzt«, sagte Wilt fest, »bevor du wieder verschwindest. Aber erst nimm das Gewehr runter. Auch wenn es nicht geladen ist.«
    Edward setzte sich an einen kleinen Schreibtisch, behielt das Gewehr aber in der Hand, den Finger am Abzug. Ab und zu drückte er ihn, und jedes Mal, wenn Wilt das Klicken hörte, krümmte er sich innerlich.
    »Wie viel weißt du über den Falklandkrieg? Den Golfkrieg?«
    »Ich gucke Fernsehen, wissen Sie.«
    »Den Zweiten Weltkrieg?«
    »Darüber weiß ich ’ne Menge. Das war Deutschland gegen England, und dabei sind jede Menge Juden umgebracht worden – vielleicht zwei Millionen«, erklärte Edward. Er war stolz, mit solchen Zahlen aufwarten zu können.
    »Es sind über sechs Millionen Juden in diesem Krieg umgekommen, und da er in fast allen größeren Ländern der Welt stattfand, wurde er zu einem Krieg zwischen den Alliierten Englands und Deutschland«, korrigierte Wilt, während er innerlich kurz vorm Verzweifeln war. Wie sollte er nur irgendwelches Wissen in das Hirn dieses mörderischen Balgs hämmern … oder auch nur Lady Clarissa davon überzeugen, dass er sein Geld wert war? Er versuchte es mit einem anderen Ansatz.
    »Edward, warum sagst du mir nicht stattdessen, worüber du eine Menge weißt?«
    »Ich weiß alles über Bravo Two-Zero *** .«
    »Bravo Zwanzig?« Wilt runzelte die Stirn. Von diesem Konflikt hatte er noch nie gehört.
    »Bravo Zwanzig?«, fragte Edward verwirrt. »Ich hab keine Ahnung von irgendwelchen Zwanzig … Ich weiß nur alles über Bravo Two-Zero. Oder war’s Zero-Bravo-Two? Egal, das zeigt nur, wie out Sie sind. Warum holen Sie das nicht erst mal auf, und dann versuchen wir noch mal, miteinander zu reden? In der Zwischenzeit muss ich los und ein bisschen Zielen üben. Das geht nachts sogar noch besser, weil man nichts sieht. Bis dann, Alter.«
    Und Edward pfiff leise vor sich hin, als er hinausging, das Gewehr über der Schulter.
    Wilt schüttelte düster den Kopf. Irgendwie hatte sein Schüler ihn ausgestochen und war dabei auch noch verdammt dreist gewesen. Na schön, er war so oder so ein hoffnungsloser Fall. Alles, was Wilt jetzt noch tun musste, war, etwas Zeit mit dem Jungen zu verbringen, zu zeigen, dass er seinen Unterhalt verdiente. Es bestand absolut keine Aussicht, dass er jemals wieder hierher zurückkehren würde. Und was Bravo Zwanzig anging, so würde er seine Zeit nicht damit verschwenden, herauszufinden, was das war. Wahrscheinlich hatte Edward sich das nur ausgedacht, nachdem er irgendein Kriegsheft gelesen hatte.
    Eva hatte es auch nicht leicht, obwohl sie sich dieses Mal nicht verfahren hatte. Auch das Benzin war ihr nicht ausgegangen. Stattdessen war sie mit ihrem Wagen auf die Böschung ausgewichen, um dem Tod durch einen riesigen Lastwagen zu entrinnen, der mit weit überhöhter Geschwindigkeit auf der falschen Straßenseite um eine scharfe Kurve gerast war, und dann durch eine Hecke und über einen Graben in ein Weizenfeld gefahren, wo sie von den vorbeifahrenden Autos nicht gesehen werden konnten. Die Mädchen hatten vor Angst geschrien und sich angestellt, als sei die Welt untergegangen, aber keine von ihnen war verletzt

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