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Henry haut ab: Roman (German Edition)

Henry haut ab: Roman (German Edition)

Titel: Henry haut ab: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Kiefernwald trieb.
    Sie hatten den Leichnam des Colonels an den Rand der Schonung gezerrt, wo eine Reihe ausgewachsener Koniferen, die aus dem dichten Mischwald herausragten, dazu beitrugen, Sandystones Hall vor Passanten auf der Hauptstraße zu verbergen. Zweihundert Meter dahinter grasten Kühe und etwas, das verdächtig nach einem Bullen aussah, auf einer großen Wiese.
    »Wir decken ihn erst mal zu und gehen ein bisschen tiefer in den Wald, um Äste und Holz für den Scheiterhaufen zu sammeln«, erklärte Samantha ihren Schwestern, die erschöpft zu Boden gesunken waren, nachdem sie die Leiche durchs Unterholz gezerrt hatten. »Da gibt’s jede Menge trockenes Holz. Aber als Erstes müssen wir das ganze Metall von seiner Uniform abmachen und überall sonst auch.«
    »Auch das Kleingeld in seinen Taschen?«, fragte Emmeline.
    »Da ist bestimmt keins drin. Wenn die Angehörigen es nicht geklaut haben, dann die Bestatter. Wahrscheinlich betrachten sie das als Trinkgeld, wie bei einem Taxifahrer oder einem Kellner.«
    Sie gingen zurück durch den Kiefernwald, sammelten Zweige und Äste und blieben ab und zu stehen, um nach Stimmen zu lauschen. Dabei überlegten sie, was mit dem Sarg zu tun sei.
    »Na ja, wir können ihn auf keinen Fall irgendwo anders hinschleppen und verstecken.«
    »Warum denn nicht?«, fragte Josephine. »Der ist gar nicht so schwer, wie er aussieht. Und ohne die Leiche ist er bestimmt noch leichter.«
    »Und das macht die Typen, die ihn tragen werden, bestimmt misstrauisch. Schade, dass wir ihn nicht auch verbrennen können.«
    »Holz brennt doch«, kam Samantha zu Hilfe. »Damit wollen wir doch den Colonel loswerden, wenn wir ihn abfackeln, oder?«
    »Wenn das Ding nur ein Schloss und einen Schlüssel hätte. Dann könnten wir es abschließen und den Schlüssel wegwerfen.«
    »Was redest du denn da? Ich dachte, Lady Clarissa soll ihn leer vorfinden und denken, Sir Wie-heißt-er-noch, also ihr Mann, hätte irgendwas gemacht.«
    Aber Josephine hatte eine andere Idee.
    »Warum legen wir nicht irgendwas Schweres da rein? Nicht zu schwer, natürlich. Der Colonel war ja kein schwerer Mann. Und dann, wenn sie den Sarg für einen letzten Blick aufmachen, ist der Schock noch viel größer.«
    »Das ist mal eine gute Idee. Wir teilen uns auf und suchen nach einem großen Holzstück«, beschloss Samantha, die Anführerin.
    Als sie einen abgebrochenen Ast gefunden hatten, der perfekt in den Sarg passte, fürchteten sie, dass sie wirklich zu lange fortgewesen waren und entweder Eva oder Wilt bereits einen Suchtrupp losgeschickt haben könnten. Schnell säuberten sie sich im See, machten sich die Haare nass und kehrten in die Küche zurück, wo eine etwas schläfrige Eva saß, schwarzen Kaffee trank und versuchte, richtig wach zu werden. »Wo wart ihr denn, um Himmels willen?«, rief sie.
    »Wir waren unten am Strand«, log Josephine.
    »Und seid in euren Kleidern geschwommen, so wie es aussieht. Die sind ja vollkommen durchnässt.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann erklärte Samantha: »Da war ein kleiner Junge, ungefähr fünf, der ist ins Tiefe geraten und konnte offensichtlich nicht schwimmen, also mussten wir reinspringen und ihn rausholen.«
    »Wo waren denn seine Eltern?«
    »Sein Vater war nicht mit am Strand, und seine Mutter … Also, ich schätze mal, es war seine Mutter … war völlig hysterisch. Deswegen mussten wir hinterher noch länger bleiben, um sie zu beruhigen. Jedenfalls, es tut uns wirklich leid.«
    Eva seufzte. Sie hatte die Vier noch nie weniger schuldbewusst gesehen, aber sie wusste nicht, ob sie im Augenblick die Kraft hatte herauszufinden, was sie wirklich getrieben hatten.
    Mrs. Bale nahm die Mädchen mit auf ihr Zimmer, damit sie sich die Haare trocknen konnten, und überließ Eva ihren Grübeleien, was in aller Welt sie nur getan hatte, um all das zu verdienen.
    »So ist es schon viel besser«, stellte sie fest, als alle vier zurückkamen. Hinter ihr lächelte Mrs. Bale still vor sich hin. Sie hatte kein Meerwasser gerochen, als Emmeline sie versehentlich gestreift hatte. An der Bluse des Mädchens hatte sie einen feuchten Fleck gefühlt, aber an ihrem Finger war nur Süßwasser gewesen, als sie ihn abgeleckt hatte, keine Spur von Salz. Sie war sicher, dass die Mädchen nicht einmal in der Nähe des Meeres gewesen waren.
    Wilt saß am Strand unterhalb des Hotels und fragte sich, wo seine Frau wohl sein mochte. Die Dame an der Rezeption hatte geschworen, dass sie

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