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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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beauftragt. Und die werden ihr Geld bestimmt wiedersehen wollen. Gut möglich, dass Sie dann gezwungen sein werden, das Haus ihnen zu überschreiben.« Mit diesen Worten klappte Steiner seine Aktentasche zu. »Also dann!« Er schüttelte mir so fest die Hand, dass mein Ring sich schmerzhaft in meine Finger bohrte. »Schönen Tag noch, Frau Meran.« Dann verschwand er durch die Terrassentür und eilte zielstrebig zum Nachbarhaus.

LOTTA
    Es war eine schreckliche Beerdigung. Zum einen, weil ich eine so liebe alte Dame zu Grabe tragen musste, die noch nie jemandem etwas zuleide getan hatte. Zum anderen, weil mich viele Trauergäste so böse anstarrten. Ich hörte sie förmlich zischen: »Sie hat ihre Schwiegermutter ins Grab gebracht!« Aber am lautesten zischte Bäckermeister Gerngroß. »Die alte Frau ist vor Kummer gestorben! Und wir wissen alle, warum!« In seinen Augen glommen Hass und Genugtuung. So nach dem Motto: Tja, Lotta, du wolltest ja meine Viktoria nicht fördern. Ich hatte dich gewarnt.
    Das ist nicht wahr!, hätte ich am liebsten geschrien, als wir am offenen Grab standen und die Kinder ihre Blumen auf die kalte, nasse Erde warfen. Ich habe meine Schwiegermutter immer gemocht! Sie war die Einzige, die mir vorbehaltlos und liebevoll gegenübergetreten ist! Und so schwerhörig, wie sie war, konnte sie gar nichts von den Heilewelter Intrigen mitbekommen!
    »Unverzeihlich!«, hörte ich einige alte schwarze Krähen flüstern. »So eine Schlampe! Als Mutter von drei Kindern!«
    »Der arme Jürgen«, murmelte es hinter mir. »Das hat er wirklich nicht verdient.«
    »Immer treu und fleißig. Auf Händen getragen hat er sie!«
    »Hat alles getan, um ihr den Traum von der Musikschule zu ermöglichen.«
    »Ohne sein Geld wäre sie nichts!«
    Die schwarzen Krähen steckten ihre Köpfe zusammen und wetzten ihre Schnäbel.
    »Der Jürgen sollte sie in den Wind schießen! Die hat den doch gar nicht verdient!«
    »Andere Mütter haben auch schöne Töchter!«
    »Soll sie doch mit dem Wiener Philharmoniker abhauen! Sie ist ersetzbar!«
    Die Szene hatte fast schon was von Hexenverfolgung. Auch Jürgens Bruder Harald schien allein mir die Schuld am Tod seiner alten Mutter zu geben. Als ich ihm mein Beileid aussprechen wollte, drehte er sich abrupt um. Dass er dabei nicht »Mörderin!« zischte, war auch schon alles. »Jürgen kriegt die Kinder!«, hörte ich ihn grollen. »Dafür werde ich sorgen.«
    Die Fronten türmten sich auf wie Dünen nach einem Sandsturm. Mir wurde schwindelig. Wieso waren sie plötzlich alle meine Feinde? Noch vor zwei Wochen hatten sie mein Konzert bejubelt! Waren stolz auf mich gewesen! All das war plötzlich nichts mehr wert. Ich fuhr mir über die brennenden Wangen und suchte nach einem mitfühlenden, freundlichen Augenpaar. Es fand sich keines. Am liebsten hätte ich mich ebenfalls ins Grab sinken lassen.
    Ja, es war so einiges passiert seit dem Kuss im Parkhaus. Eine Katastrophe hatte die nächste gejagt. Der Gipfel waren jedoch die Anrufe dieses grässlichen Anwalts Ralf Steiner gewesen. Er wollte doch tatsächlich zwei Millionen Euro für seine Mandantin von MIR! Schließlich besäße ich doch eine Musikschule, die sicherlich viel wert sei. Hunderte von liquiden Eltern würden mir doch monatlich jede Menge Geld in den Rachen stopfen! Ich hatte diesen unverschämten Anwalt nur ausgelacht, doch der hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als Jürgen in der Sparkasse anzurufen und mit demselben plumpen Anliegen zu belästigen! Da sich aber auch Jürgen nicht für Christians Frau zuständig fühlte, hatte der Anwalt kaltblütig damit gedroht, Schaumschläger vom Heilewelter Tagblatt anzurufen und dort eine Bombe platzen zu lassen. Ausgerechnet jetzt, wo wir das arme Lenchen betrauerten, wurden wir so brutal erpresst!
    Nur meine Kinder schienen noch zu mir zu halten. Sie hingen traurig wie welke Blümchen an meinen Armen und langweilten sich während der endlosen Trauerrede. Als sie zweistimmig bei »So nimm denn meine Hände« in ihre Flöten bliesen, kamen vielen Menschen die Tränen.
    Mir auch. Mir tat Jürgen so leid, als er am Grab seiner Mutter weinte! Ich wollte ihn trösten und meinerseits seine Hand halten, aber es kam mir jemand zuvor. Es war seine föhngewellte Schwägerin, die mir hasserfüllte Blicke zusandte. Es war wie ein Spießrutenlauf, als wir endlich den Friedhof verließen. Schlagartig wurde mir bewusst, was es bedeutet, wenn man die Heilewelter Spielregeln missachtete. Als

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