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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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Kaminfeuers fiel auf den verschneiten Feldweg, und eine männliche Gestalt stand in meinem Scheinwerferlicht.
    Der Schein einer Taschenlampe huschte über mein Auto.
    Es war Christian. Da stand er, im Schneegestöber. Ich hielt den Atem an. Doch keine blonde Frauengestalt im weißen Negligé schob sich fragend neben ihn. Er war allein. Er trug einen grob gestrickten Pullover und hatte einen Schürhaken in der Hand.
    Sein erster Blick galt meinem Nummernschild. Sein besorgter Gesichtsausdruck wurde weich, ein fragendes Lächeln schlich sich um seine Mundwinkel, und ehe er es verhindern konnte, stand ihm die helle Freude ins Gesicht geschrieben. Rasch trat er auf meinen Wagen zu. Ich ließ das Fenster hinunterfahren. Seit dem misslungenen Wendemanöver hämmerte mein Herz wie ein Presslufthammer. Aber ich HATTE nicht gewendet! Auch wenn die Navi-Dame mir das nahegelegt hatte.
    Sein vertrautes Gesicht kam immer näher. Ich war entzückt. So also sah Christian privat aus. In einem dicken Pullover, ohne weißes gestärktes Hemd, mit ungekämmten, ein wenig zu langen Haaren. Er hatte einen Dreitagebart, der ihn fast schon verwegen wirken ließ.
    »Bist du es wirklich?«
    In der Eiseskälte stand ihm sein Atem in weißen Wölkchen vor dem Gesicht. Er riss die Tür auf und zog mich behutsam aus dem Auto. Stumm sank ich in seine Arme. Meine Beine hätten mich ohnehin nicht mehr getragen.
    »Ich glaube, das mit der Autosuggestion funktioniert tatsächlich«, murmelte Christian mir ins Ohr. »Ich habe intensiv an dich gedacht, und jetzt bist du da.«
    »Ja. Ich bin da!«, stammelte ich. »Ich habe dich gefunden.«
    »Du bist der Wahnsinn!«
    »Ich bin wahnsinnig! Das trifft es eher!«
    »Komm rein, du bist ja ganz durchgefroren …« Christian zog mich mit warmen Händen ins Haus, das eigentlich eher eine Hütte war. Es roch nach feuchtem Holz. Sophie hatte mir schon erzählt, dass sie seit Jahren nicht mehr hier gewesen war und die Hütte bestimmt in einem erbärmlichen Zustand sei. Verstohlen sah ich mich um. Nichts deutete darauf hin, dass noch eine andere Frau zugegen war. Eine Matratze lag vor dem Kamin, darauf eine graue Wolldecke und ein abgewetztes Sofakissen. Auf dem gescheuerten Holztisch stand eine angebrochene Flasche Rotwein. Außerdem sah ich ein Brett mit Käse, Brot und Speck sowie ein Taschenmesser. Weiter hinten konnte ich seinen Flötenkasten und ein paar Noten erkennen.
    Christian räumte ein paar Klamotten von der Holzbank und schob mir ein Kissen hin. »Setz dich doch!«
    Statt mich zu setzen, fiel ich ihm erneut um den Hals. »Ich bin auch überrascht«, stammelte ich. »Dass du wirklich hier bist! Dass ich dich nicht geträumt habe!«
    Er umarmte mich und roch nach Schafwolle, Kaminrauch und Geborgenheit. Sein Dreitagebart pikste ein bisschen. Es kam mir vor, als würden wir uns schon eine Ewigkeit kennen. Auf einmal fühlte ich mich angekommen. Es war verrückt, verboten, absolut unmöglich!
    Christian betrachtete lächelnd mein Gesicht, in dem wahrscheinlich gerade tausend Sommersprossen explodierten. In seinen braunen Augen spiegelte sich das Kaminfeuer. Kleine Flammen tanzten in seinen Pupillen, und in den züngeln den Flammen erkannte ich meine roten Haare. Bestimmt war ich schon in der Hölle. Aber wenn, war es dort wunderbar. Ich schloss die Augen.
    Sein Kuss war weich und liebevoll. Alle Anspannung fiel von mir ab, und damit verschwanden auch die Selbstzweifel, das Gefühl, etwas Böses zu tun. Christian sah mich nach wie vor an, als wäre ich ein seltener Schmetterling.
    »Du bist ein Engel, dich schickt der Himmel! Seit Tagen sitze ich hier und frage mich, was du wohl machst, wie es dir geht, was du denkst und was du fühlst …« Er nahm das Rotweinglas und reichte es mir. »Und auf einmal stehst du vor der Tür!«
    Der Wein war samtig schwer und schmeckte wunderbar. Als Engel hatte mich noch nie jemand bezeichnet.
    »Wie mutig von dir, einfach herzukommen«, sagte er. »Nach allem, was war.«
    »Es ging nicht anders«, antwortete ich.
    »Was meinst du damit?«
    »Du bist mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gegangen.«
    »Mir ging es genauso. Dabei habe ich es wirklich versucht.« Christian steckte die Hände in die Hosentaschen und wandte sich ab. »Wir machen so viele Menschen unglücklich, so viele Hoffnungen zunichte, enttäuschen so viel Vertrauen …«
    Plötzlich fror ich bis ins Mark. Gleichzeitig schmolz ich dahin. Weil er nämlich alles andere als ein Luftikus war! Ich erzählte ihm

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