Hera Lind
Parkhaus hat ihn dermaßen verletzt, dass er glaubt, er müsse mich jetzt auf Schritt und Tritt beobachten. Zu meinem eigenen Schutz, wie er sagt. Er muss mich vor mir selbst schützen. Weil ich so labil und beeinflussbar bin.«
»Sagt er.«
»Ja. Sagt er. Und auch, dass er noch zu ganz anderen Methoden greifen kann.«
»Er tut mir leid«, sagte Sophie. »Glaubt Jürgen, er kann dich so an sich binden? Womöglich deine Liebe zurückgewinnen? Der tickt doch nicht richtig!« Sophie schüttelte sich entsetzt. »Das ist doch keine Basis für eine funktionierende Beziehung. Lotta! Ihr seid noch nicht mal verheiratet. Du hast ihm nie die Treue geschworen. Du wirst deine Gründe dafür haben. Du hast gerade seinen Heiratsantrag abgelehnt. Da muss er doch ein bisschen was begreifen! Warum stellt er sich plötzlich so dämlich an?«
»Ich habe neun, fast zehn Jahre mit ihm verbracht. Um die dreitausendfünfhundert Tage oder so.«
»Wenn sie langweilig waren, dann waren sie nicht gut.«
»Wir haben Kinder. Er hat Angst um unsere Familie.«
Sophie schüttelte verärgert den Kopf. »Das hat mit den Kindern gar nichts zu tun! Im Gegenteil! Er hat sich doch noch nie um sie gekümmert!« Sie stellte ihr Glas mit heftigem Klirren auf dem Couchtisch ab. »Wie bescheuert muss ein Mann sein, dass er auf diese Weise ein Recht auf dich einfordern will?« Sie stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Zumal sich jeder Notar kaputtlachen wird!«
»Ich weiß, es ist ungeschickt von ihm. Auf seine tollpatschige Art will er mir klarmachen, dass ich nicht einfach ausbrechen kann.« Ich rollte mich wie ein Igel auf meinem Sessel zusammen.
»Du bist eine erwachsene berufstätige Frau, die ihr eigenes Geld verdient! Er hat dich nicht in der Hand. Lass dich nicht einschüchtern!« Sophie packte mich an der Schulter. »Lotta! Du zahlst ihm den Kredit zurück! Mit Zins und Zinseszins!« Sie schüttelte resigniert den Kopf: »Du hättest dich nie auf eine Beziehung mit ihm einlassen dürfen!«
»Na ja, meine Mutter meinte damals, ich könne froh sein, einen so gut verdienenden, zuverlässigen Mann zu bekommen. Und dass sich die Frauen von Heilewelt alle zehn Finger nach ihm ablecken würden.«
Sophie fasste sich nur an den Kopf: »Du zahlst deinem Lebensgefährten MIETE für euer Reihenhaus! Er hat nichts, aber auch gar nichts, wonach man sich die Finger ablecken könnte! Er setzt dich ganz plump unter Druck, und du lässt es dir gefallen mit deinen ewigen Schuld- und Minderwertigkeitsgefühlen, die dir deine Mutter eingeredet hat! Männer sind keine Helden, und dein Jürgen schon gar nicht!«
Ich warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. »Ich habe ihn verletzt. Ihn in seiner Männlichkeit gekränkt.« Mit einem säuerlichen Lächeln lehnte ich mich so weit es ging in meinem Sessel zurück.
»Da ist doch noch etwas!«, sagte Sophie, und ihre grünen Augen wurden fast schwarz. Sie ging vor mir in die Hocke und zwang mich, sie anzusehen. »Raus damit!«
Ich seufzte und nahm all meinen Mut zusammen: »Er sagt, dass er heute Nacht in ein zwielichtiges Etablissement gefahren ist. In die Nachbarstadt, wo ihn keiner kennt. Er sagt, dass er viel Spaß hatte. Er sagt, was ich kann, kann er schon lange.«
»So. Sagt er das?«, meinte Sophie halb amüsiert, halb entsetzt.
»Er hat ein paar eindeutige Utensilien in einer Plastiktüte im Flur liegen lassen. Damit ich sie finde.«
Sophie verzog angewidert das Gesicht: »Sag, dass das nicht wahr ist.« Neugierig beugte sie sich vor. »Was denn für Utensilien?«
Ich schaute besorgt zur Tür. Es würde doch keines der Kinder plötzlich hereinplatzen?
»Jetzt sag schon! Bin ich nun deine beste Freundin oder nicht?« Sie schob die Hände vor ihr Gesicht und spähte spöttisch zwischen ihren Fingern hervor.
Ich holte tief Luft. Das wurde jetzt so was wie »Sex and the City« für Arme. Schlüpfrige Bekenntnisse unter Freundinnen.
»Also, eine Piccoloflasche Sekt …« Ich wischte mir verlegen über die Stirn.
»Das ist ja nicht besonders verwerflich«, sagte Sophie fast schon enttäuscht und nahm die Hände von ihrem Gesicht.
»… eine Lederpeitsche …«, fuhr ich fort. Oh Gott, das war wirklich so was von peinlich!
Sophie starrte mich an. »Sag, dass du dir das gerade ausdenkst!«
»… und Handschellen.« Ich räusperte mich. »Und eine Augenbinde. Ja, ich glaube, das war das Wichtigste. So, jetzt weißt du es.«
»In einer Plastiktüte. Im Flur.« Sophie sah mich an, als hätte ich
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