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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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nach leben und leben lassen. Sophie ließ mich einfach »nur hier sitzen«. Fast fühlte ich mich schon wie Opa Dietrich: Ich sitze, also bin ich noch. Ganz allmählich fiel die Anspannung der letzten Tage und Nächte von mir ab.
    »Es sieht alles wunderschön aus, Sophie. Du hast so einen tollen Geschmack! Du schaffst es, so viel Gemütlichkeit und Wärme zu verbreiten!«
    Warum wollte MIR das nicht gelingen? Ich hatte einfach kein Händchen für so was!
    »Aber Lotta!« Sophie strahlte mich herzlich an. »Dafür kannst du viele andere Sachen! Vor ein paar Tagen hast du ein sensationelles Konzert dirigiert! Du hast ganz Heilewelt Prokofjew nahegebracht! Du hast die Kinder dieser Stadt für immer geprägt! Die meisten spielen ein Instrument! Sie üben jetzt schon für deine ›Carmina Burana‹ im nächsten Jahr, weil sie unbedingt dabei sein wollen. Das soll dir erst mal einer nachmachen!«
    Ach, tat das gut! Offensichtlich war ich doch zu irgendwas nütze. Aber die ständige »berechtigte Kritik« von Oma Margot und Jürgens kulturelles Desinteresse hatten ihre Spuren hinterlassen.
    »Trotzdem, ich bin eine miserable Hausfrau.«
    »Du kannst vielleicht keinen Kuchen backen, aber dafür hast du ja deine Mutter.« Sophie lachte. »Wenn ich es so recht bedenke, ist Jürgen viel eher ihr Typ als deiner.« Sie grinste mich entwaffnend an. »Er ist einer der Männer, von denen die Generation unserer Mütter immer geträumt hat.«
    »Gediegen, zuverlässig und solide«, sagte ich nickend. »Diese Eigenschaften besingt sie gern.«
    »Aber du verdienst dein eigenes Geld«, stellte Sophie fest. »Da muss doch noch mehr sein!«
    »Wir ergänzen uns eben: Er ist der Vernünftige, und ich bin die Chaotin. Sagt Oma Margot immer.« Ich hörte selbst, wie wenig überzeugend das klang. »Pippilotta wäre sonst gar nicht lebensfähig«, zitierte ich sie erneut und verzog das Gesicht. »Wie du weißt, habe ich schon mal einen sechsstelligen Scheck zum Altpapier getan! Du kannst dir nicht vorstellen, wie Jürgen sich aufgeregt hat. Dabei war es ein Verrechnungsscheck.«
    Sophie ließ ihr Glas leise an meines klirren: »Prost, Pippilotta! Beim nächsten Mann wird alles anders!«
    »Ach, komm!« Ich grinste resigniert: »Du weißt doch, dass nur Romane so heißen.«
    Sophie zwinkerte mir zu. »Du bist erst Mitte dreißig! Vielleicht kommt die große Liebe noch!« Schelmisch tippte sie auf ihren Ringfinger: »Du bist nicht verheiratet!«
    »Hallo? Sophie? Ich hab drei Kinder. Der Zug ist abgefahren.«
    »Für Männer gilt diese Regel aber nicht«, meinte Sophie viel sagend. »Die können Kinder haben, so viel sie wollen: Wenn sie sich neu verlieben, sind sie ganz schnell weg!«
    »Ja. Männer dürfen so etwas ungestraft, Frauen dagegen werden als Hexen verbrannt.« Fröstelnd rieb ich mir die Arme. Nie, niemals würde ich es wagen, meinen Froschtümpel zu verlassen.
    »Und die Männer sind nach wie vor Helden. Boris Becker, Til Schweiger, Franz Beckenbauer, Udo Jürgens, Fritz Wepper, Arnold Schwarzenegger …«
    Die nächste halbe Stunde vertrieben wir uns damit, prominente Männer aufzuzählen, die sich trotz angeblicher Traumfamilie und demonstrativ vor sich hergetragener christlicher Werte einfach die Freiheit genommen hatten, sich einer neuen Liebe zuzuwenden und neue Kinder in die Welt zu setzen. Und das, ohne dafür auch nur im Geringsten von der Öffentlichkeit geächtet zu werden.
    »Freundin, das Leben ist lebenswert!«, sang Sophie gut gelaunt und prostete mir zu.
    Nachdenklich drehte ich mein Glas: »Deines vielleicht. Meines ist eine ziemliche Katastrophe.«
    Sollte ich ihr von dem unwürdigen Streit erzählen, den ich in der Nacht mit Jürgen gehabt hatte? Bei dem ich Dinge ausgesprochen hatte, die ich nie hatte sagen wollen? Aber all das nur, weil Jürgen mich so provoziert hatte mit seiner übertriebenen Eifersucht. Mit seinen geschmacklosen Unterstellungen. Mit seiner kränkenden Wortwahl. Ja, genau, es war ganz allein seine Schuld! Später. Vielleicht. Vorher brauchte ich noch ein weiteres Glas Glühwein.
    »Hast du schon Zeitung gelesen?«
    Sophie wollte mich unbedingt aufheitern.
    »Eine zweiseitige Lobeshymne auf dein Konzert! Du bist in aller Munde! Schau mal!« Sie schlug mit der flachen Hand auf das Heilewelter Tagblatt , das sie bereits an der richtigen Stelle aufgeschlagen hatte. »Da ist ein zauberhaftes Bild von dir! Du strahlst so viel Charme aus, dass …«
    »Ach, Sophie, jetzt übertreibst du

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