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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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verschränkt.
    Wie erklärt man seinem Kind die Zusammenhänge, ohne wie eine paranoide Irre zu klingen?
    »Mama, hast du jetzt ernsthaft die Schlösser ausgetauscht?«, wollte sie fassungslos wissen. »Du hast es also bewusst drauf angelegt, dass der Papa in der Kälte steht. Und nicht weiß, was Sache ist.«
    Ich schaute in ihr strenges Gesicht. »Äh, es war eine schwere Entscheidung«, brachte ich schließlich verlegen hervor. »Die Kobaliks haben mir ganz toll beigestanden.«
    Grazia ließ sich auf den Fußboden plumpsen, so geschockt war sie. »Was ist das für eine bescheuerte Scheiße?«
    »Liebes, wir wollten doch solche Wörter nicht …«
    Sie verdrehte die Augen. »Was haben die Kobaliks damit zu tun? Wieso mischen die sich eigentlich in deine Ehe ein? Und wieso erfahre ich das erst jetzt?«
    »Ich wollte dir deine Silvesterparty nicht verderben.« Ich klopfte neben mich auf das Polster: »Komm, meine Große, setz dich mal her.«
    Grazia rappelte sich verdutzt auf und ließ sich neben mich sinken. »Mama, ich hoffe, dass das alles nur ein blöder Scherz ist, weil sonst …« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich wüsste nicht, zu wem ich halten soll!«
    »Grazia, das tut jetzt sehr weh, aber es ist besser für uns alle«, versuchte ich es noch einmal. »Und ich hoffe doch, du weißt, zu wem zu halten sollst …« Ich biss mir auf die Lippe.
    »Die Kobaliks halten ja schon mal zu dir!«
    »Die Kobaliks waren Zeugen des Telefonats und haben gehört, was der Papa diesem armen Mann angetan hat«, sagte ich verzweifelt.
    »Aber Mama, der hat sie doch nicht alle, dass der dich anruft!«, rief Grazia mit glühenden Wangen. »Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, hat er Papa bei dir verpetzt?! Was ist denn das für ein Weichei?« Grazia schnaubte vor Verachtung.
    Mir wurde ganz mulmig. Ja, das war ja auch mein erster Gedanke gewesen. »Aber bei der Gelegenheit haben die Kobaliks mir eben auch erzählt, dass der Papa ständig fremdgeht«, rutschte es mir heraus. »Mit einer Schauspielerin und deren Schwester, mit einer Fernsehansagerin oder war es eine Sängerin?« Meine Kopfschmerzen brachten mich schier um. »Sie waren ja immer dabei auf den Dienstreisen, während ich bei euch geblieben bin und von alldem nichts mitbekommen habe …« Ich verstummte und schlug mir die Hände vor das Gesicht. »Die Kobaliks haben gesagt, sie wollten mich schonen und haben mir deshalb jahrelang nichts gesagt. Aber jetzt ist das Maß voll!«
    »Mein Gott.« Grazia war schockiert. »Ich hatte ja keine Ahnung! Papa hat dich jahrelang betrogen? Und die Kobaliks wussten davon? Mama, das muss schlimm für dich gewesen sein!« Auf einmal strich sie mir ganz sanft über das Haar. »Dass er dir das angetan hat … Das ist echt nicht fair!«
    »Die Kobaliks haben mir die Augen geöffnet«, antwortete ich mit erstickter Stimme. Jetzt rannen mir doch die Tränen in Sturzbächen aus den Augen, und Grazia weinte gleich mit.
    »Wir kriegen das irgendwie hin«, schluchzte Grazia. »Wir müssen jetzt einfach nur zusammenhalten.«
    Ich nickte und schluckte einen riesigen Kloß herunter. »Wichtig ist nur, dass wir ab sofort nicht mehr mit Papa sprechen und ihn nicht mehr ins Haus lassen. Der Anwalt hat mir eingeschärft, dass jetzt alles haargenau so laufen muss, wie er das anordnet.« Ich zog die Nase hoch und suchte nach einem Taschentuch. »Wenn wir uns an seine Spielregeln halten, können wir das Haus behalten und unseren Lebensstandard auch. Und das willst du doch, oder?«
    Grazia nickte stumm.
    »Darf ich auch nicht mehr mit dem Papa reden?«, fragte ein dünnes Stimmchen.
    Oh Gott, auf dem Treppenabsatz stand Gloria. Sie war leichenblass und starrte uns entsetzt an. Wie lange stand sie schon da? Was hatte sie mitgehört?
    »Auch nicht am Telefon? Er hat mich nämlich gerade angerufen! Er will wissen, was los ist!«
    »Die Eltern lassen sich scheiden«, schluchzte Grazia. »Weil der Papa fremdgegangen ist.«
    Gloria rannte die Treppe herunter. Wir lagen uns alle drei weinend in den Armen und waren ein einziges, zitterndes Häufchen Elend.

LOTTA
    Das neue Jahr fing genauso trostlos an, wie das alte aufgehört hatte. Ich fühlte mich so unwohl in meiner Haut, dass ich sie mir am liebsten über die Ohren gezogen hätte wie ein zu eng sitzendes, kratzendes Kleidungsstück. Gern hätte ich mir direkt nach dem Silvester-Fondue oben in meinem Bett die Decke über die Ohren gezogen, aber den Kindern zuliebe stand ich um Mitternacht

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