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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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zu Christian, dass er einfach so aufgab. Das hieß, dass er wirklich was mit der rothaarigen Kleinstadtmusiklehrerin hatte. Wie weh das tat! Was hatte die, was ich nicht hatte? Es kostete mich Mut und Überwindung, sie zu googeln. Ich schlich zu meinem Schreibtisch im Schlafzimmer und wollte ihren Namen eingeben. Aber er fiel mir nicht ein. Immekeppel hieß sie ja nicht. Aber als ich »Sparkasse Heilewelt« eingab, kam der Link zur Musikschule. Und da war sie, Charlotte von Thalgau! Das Heilewelter Tagblatt hatte das Konzert mit Christian in den höchsten Tönen gelobt. Irgendein Lokalreporter namens Schaumschläger hatte einen übertrieben beweihräuchernden Artikel fabriziert. Zitternd beugte ich mich vor, um das Kleingedruckte besser lesen zu können.
    »Junge Menschen im Rausch der Klänge – Sensationelles Konzert in der Musikschule!« Neben einem handtellergroßen Foto von dieser Strahlefrau mit den zerzausten roten Locken, die kess ins Orchester grinste und ihren Dirigentenstab hob: »Sparkasse sponsert Spiel und Spaß!«
    Na, da war ja ein ganz großer Wortakrobat am Werk! Im Hintergrund sah man tausend gelbe Luftballons mit irgendeiner Werbeaufschrift.
    »Einmalig und herzerfrischend: Charlotte von Thalgau holte einen echten Wiener Philharmoniker nach Heilewelt!«, lautete die Bildunterschrift. »Von muffiger Musikschule, schiefen Tönen und Langeweile konnte bei diesem Konzert nicht die Rede sein«, stand weiter unten. »Mit Witz und Charme schüttelte die temperamentvolle Musikschulleiterin, deren drei Kinder ebenfalls mitmusizierten, nicht nur einen erstaunlich professionellen Prokofjew aus dem Dirigentenstab, sondern erzählte auch noch die Handlung von ›Peter und der Wolf‹ – aber so mitreißend, dass auch noch die letzte schwerhörige Großmutter an den richtigen Stellen lachte. Selbst in der allerletzten Reihe des ausverkauften Saales konnte man noch eine Stecknadel fallen hören. Oder besser: das Zwitschern des Vogels, das aus der Flöte eines echten Wiener Philharmonikers stammte! Mit ihm hatte Frau von Thalgau einen echten Glücks griff getan. Das zähe Üben und die unzähligen Proben haben sich gelohnt: Das Heilewelter Musikschulorchester hat heute Weltniveau gestreift! Weiter so, Charlotte von Thalgau! Mit dieser Frau und ihrer Musikschule hat wiederum Heilewelt einen echten Glücksgriff getan. ›Und all das verdanken wir unserem großzügigen Sponsor, der Heilewelter Sparkasse‹, gibt sich die temperamentvolle Vollblutmusikerin bescheiden. Gerüchte über eine geplante Hochzeit mit dem Leiter der Sparkasse, Jürgen Immekeppel, dementiert sie lachend. ›Wir sind ehelos glücklich!‹ Schade eigentlich! Aber man darf ja noch hoffen. Nächstes Jahr gibt es wieder ein Konzert aus der Reihe ›Wir sichern Ihren Kindern eine Zukunft‹. Dann steht Carl Orffs ›Carmina Burana‹ auf dem Spielplan. Die Heilewelter dürfen gespannt sein …«
    Ja, worauf denn?, dachte ich. Dass sie stattdessen meinen Christian heiratet? Bitte, das konnte sie gerne haben! Immer wieder betrachtete ich diese Frau. Mein Mann hatte sich aus unerklärlichen Gründen in dieses Kaff verirrt, und sie hatte ihr Fangnetz ausgeworfen. Ich kniff die Augen zusammen. Auf die Ellbogen gestützt, starrte ich sie an. Mal ehrlich, sie war nicht halb so hübsch wie ich. Obwohl sie wahrscheinlich jünger war. Aber sie kam gegen meine damenhafte Eleganz überhaupt nicht an! Was fand Christian bloß an ihr? Sie hatte tausend Sommersprossen im Gesicht, trug eine Brille, in der sich das Blitzlichtgewitter der Kameras unvorteilhaft spiegelte, und steckte in einem unmöglichen Hosenanzug, der nach C&A aussah. Drei kleine Kinder! Ich schüttelte den Kopf. Das konnte die doch nicht machen! Im Parkhaus über meinen Mann herfallen! Das war doch so was von daneben! Wegen dieser pummeligen Landpomeranze hatte ich Christian vor die Tür gesetzt. Das war sie also, unser Scheidungsgrund. Ich trank mein Glas Wein auf einen Zug leer. Der Schmerz blieb. Sie hatte mein Leben zerstört. Ich hasste sie und würde alles tun, um auch sie zu zerstören.

LOTTA
    Wir brachten die Kinder ins Bett, und Jürgen tat Handgriffe, die er noch nie zuvor getan hatte. Und machte dabei Geräusche, die er noch nie zuvor gemacht hatte. »Brrrrmmm« und »huuuuiiiiii« und »tschtschtsch«. Er erinnerte mich sehr an Karlsson vom Dach, wie er da so ungeschickt im Kinderzimmer herumstolperte und sich dabei völlig verausgabte. Zweimal trat er den Zwillingen versehentlich

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