Herbert, James - Die Brut.pdf
mochten.
Ken Woollard stapfte über den schlammigen Vorplatz zum Bauernhaus hinüber. Seine gewohnt schlechte Laune war durch den Besuch dieser dämlichen Behörden-Heinis noch tiefer in den Keller gesunken. Der eine war Denison, ein typischer Amtsmuffel, der andere ein Ungeziefervertilger von Ratkill. Stellten unaufgefordert ziemlich dumme Fragen, die beiden. Klar hatte er Probleme mit dem verdammten Ungeziefer! Welcher Bauer hatte die nicht? Aber damit wurde er schon selbst fertig. Gerade vor zwei Tagen hatte er Gift ausgelegt, sofort nachdem er die Überreste einer seiner beiden Katzen gefunden hatte.
Gott mochte wissen, was mit der anderen geschehen war -
er hatte seitdem nicht mal ihre Schwanzspitze zu sehen bekommen. Wie auch immer, das Fluoracetamid war nicht angerührt worden, und er hatte auch keine Spuren von Ratten mehr entdeckt. Warum sollte er also den beiden Schnüfflern den Vorfall melden? Die Katze könnte ja auch von Hunden getötet worden sein. Oder vielleicht von einem tollwütigen Fuchs, einem Dachs? Er hatte zwar noch nie von Dachsen in diesem Teil der Waldregion gehört, doch in Epping Forest war alles möglich. Die Biester suchten sich doch ständig neue Brutplätze und Reviere.
Einige behaupteten sogar, sie hätten erst kürzlich einen weißen Hirsch durch den Wald springen sehen.
Ja, es könnte durchaus ein Dachs gewesen sein, der die Katze so zugerichtet hatte. Waren ganz schön blutrünstig, die Biester, sobald sie ausgewachsen waren. Und stark! Ja, und Ratten gab's auch, das bewiesen die Schmierstreifen an der Scheunenwand. Aber es waren nicht die großen, nicht die Schwarzen Ratten. Nein, die hätte er doch sehen müssen. So groß wie Hunde sollten sie sein - behaupteten jedenfalls die beiden. Nein, die könnten sich hier nicht tummeln, ohne dass er sie entdeckte.
Nelly hatte ihn zwar gedrängt, den Vorfall zu melden, doch sie geriet viel zu schnell in Panik, das dumme Weib.
Sie war eine Bäuerin, bodenständig und nüchtern, und hatte nie Angst vor irgendwelchen Tieren gehabt. Bis zum Großen Ausbruch in London. Das hatte sie übel getroffen.
Seither ging sie sogar schon vor Mäusen laufen. Nur gut, dass die zwei Schnüffler nicht bis zum Haus gekommen waren. Sie hätte gequatscht, alles ausgeplaudert. Ein paar Hiebe - das war's, was sie mal wieder brauchte. Das würde ihr den Mund stopfen. War schon - wie lange? -
sieben Jahre her, seit er sie zum letzten Mal geschlagen hatte. Der Boden, dieses ganze verdammte Land, laugte einen Mann regelrecht aus.
Nein, meine Herren, hier ist alles bestens. Das hatte er ihnen gesagt. Keine Probleme. Zumindest nichts, was er als solche bezeichnen würde. Selbstverständlich würde er sofort den Wart informieren, sollte er auf vermehrte Aktivitäten dieser Landplage stoßen. Wäre doch auch in seinem Interesse, klar doch! Die beiden Typen waren beruhigt abgezogen. Der Bauer hatte ihnen vom Fahrersitz seines Traktors mit zusammengekniffenen Augen nachgestarrt.
Schön, heute Nacht würde er an weiteren Stellen Gift auslegen, diesmal eine stärkere Dosis. Er würde alle nötigen Vorkehrungen treffen, klar, aber sich nicht von solchen Idioten, die von der Landwirtschaft keinen blassen Schimmer hatten, angst machen lassen. Er konnte auf sich selbst achtgeben. Jetzt sollte er sich erst mal um seinen Bauch kümmern. Gott, er war fast verhungert.
Der Bauer stampfte ein paarmal mit den Stiefeln auf den gepflasterten Boden vor der Haustür, um die Erdbrocken von den Sohlen zu schütteln. Er würde Nelly von dem Besuch der beiden Männer und ihren Fragen nichts sagen.
Sie würde nur hysterisch werden und ihm wieder die Ohren volljammern.
»Warum habe ich nur die verdammte Landwirtschaft nicht an den Nagel gehängt, als ich noch jung genug war?« murmelte er vor sich hin. Seine beiden Söhne, elende Taugenichtse alle zwei, hatten das Weite gesucht, kaum dass sie alt genug gewesen waren, um einen Blick hinter die Kulissen zu tun. Waren beide jetzt bei der Handelsmarine und schipperten irgendwo in der Weltgeschichte herum, statt ihm auf den Feldern zu helfen. Das war der Dank für die gute Erziehung und Ausbildung, die er ihnen hatte zukommen lassen.
Vor der Tür des betagten, teilweise schon verfallenden zweistöckigen Bauernhauses blieb er stehen, stützte sich mit einer Hand gegen den Rahmen, hob einen Fuß, zog ächzend den Stiefel aus und ließ ihn zu Boden fallen. In diesem Augenblick, während er auf einem Bein balancierte, wurde er sich der
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