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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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nah wie möglich zu der Stelle, an der die Duchess vor Anker lag. Beim Klang des sich nähernden Motors tauchte Richard am Steg auf.
    Harry hielt an, und seine verängstigten, verwirrten Passagiere stiegen aus.
    »Gut gemacht, Kumpel«, sagte Richard und schüttelte Harry die Hand. Aus Harrys Gesichtsausdruck folgerte er sofort, dass nicht alles in Ordnung war. »Gibt’s ein Problem?«
    »Das sind nicht alle«, antwortete Harry. »Wir sind ohne Zwischenfälle reingekommen und konnten die da auf den Lastwagen verfrachten, nur danach ging alles schief. Ich konnte nichts tun. Die haben auf uns geschossen. Ich musste abhauen.«
    Richard ließ den Blick besorgt über die erwartungsvollen Gesichter wandern, die sich auf dem Steg versammelt hatten. »Michael?«
    Harry schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, was aus ihm geworden ist. Oder aus Harte. Ich hab beide verloren.«
    Die beiden Männer standen da und starrten einander noch kurz schweigend an. Beide dachten dasselbe.
    »Wir haben darüber geredet«, sagte Richard schließlich. »Wir wussten, dass die Gefahr für so einen Zwischenfall besteht.«
    »Das weiß ich, nur ist es dadurch trotzdem nicht einfacher, oder?«
    »Was tun wir jetzt?«, fragte Zoe. Harry ergriff ihren Arm und zeigte zum Boot.
    »Schaff alles und jeden auf die Duchess .«
    »Was ist mit ...«, setzte sie an, beendete die offensichtliche Frage jedoch nicht.
    »Was meinst du?«, wollte Harry von Richard wissen. »Wir können sie nicht einfach aufgeben und davonsegeln.«
    »Mir gefällt das so wenig wie dir«, erwiderte Richard, »aber genau das müssen wir tun. Darauf haben wir uns vergangene Nacht geeinigt. Wir alle .«
    »Ich weiß, aber ...«
    »Aber nichts. Wir waren uns einig.«
    Harry wusste, dass Richard recht hatte. »Aber tu mir einen Gefallen, bevor wir in See stechen«, sagte er hoffnungsvoll.
    »Was?«
    »Einen letzten Überflug. Nur einen kurzen Blick. Zumindest das schulden wir Emma.«
    Richard dachte sorgfältig nach, bevor er antwortete.
    »Na schön. In ein paar Stunden geht die Sonne auf. Wir warten, bis es hell ist.«

48
    Über die Monate war die Burg vollkommen von totem Fleisch umringt gewesen. Der Gedanke, durch dieses Meer zurückmarschieren zu müssen, hatte sowohl Michael als auch Harte mit Grauen erfüllt, aber in Wirklichkeit erwies sich die Tortur als weniger schlimm, als sie erwartet hatten – keinesfalls schlimmer als das, was sie gerade unter der Burg durchgemacht hatten. Tatsächlich stellte sich diese Erfahrung als gute Übung dafür heraus, knöcheltief durch den von Frost verkrusteten, einst menschlichen Schleim draußen zu waten. Irgendwie empfanden sie es beim zweiten Mal als einfacher.
    Sie fühlten sich seltsam unsichtbar – was gut war, falls Jas entschied, nach ihnen zu suchen. Im matten Licht des frühen Morgens ließen sich die Lebenden kaum durch die verwesten Überreste unterscheiden, durch die sie liefen. Außerdem waren sie aufgrund ihrer Flucht aus der Burg nach wie vor durchtränkt von dem Zeug. Sollten Jas und seine Handlanger auftauchen, brauchten sie nur stillzustehen und zu warten, bis sie wieder verschwanden.
    Michael schaute über die Schulter zurück zur Burg, aus der ihnen irgendwie die Flucht gelungen war, dann betrachtete er die bunt zusammengewürfelte Gruppe von Menschen, die ihm folgten. Die Art, wie sie mit dem umgingen, was sie in dieser Nacht durchmachten, verriet ihm viel über jeden Einzelnen. Harte und Kieran stapften erschöpft durch den Schleim und wollten nur in kürzestmöglicher Zeit die andere Seite erreichen. Howard murrte ständig vor sich hin. Er war schwer außer Form und verbrachte mehr Zeit damit, nach einem Hund Ausschau zu halten, der ihm, wie er Michael erzählt hatte, abhandengekommen war, als den Überresten der Toten auszuweichen. Caron zehrte an Michaels Nerven – sie war am langsamsten von allen, beschwerte sich unablässig über den Dreck unter ihren Fingernägeln und fragte andauernd, wie weit es noch war, wie ein lästiges Kind auf dem Rücksitz eines Familienautos. Lorna hingegen zeigte sich stark und unbeirrbar und hielt Caron im Zaum. Sie war unübersehbar hart, so sehr, dass Michael nicht sicher war, wie seine Chancen gegen sie bei einem Faustkampf stünden.
    Er suchte ihren Blick, dann schaute er weg. Als ihm klar wurde, dass sie angehalten hatte, drehte er sich zurück. Irgendetwas hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Mit erhobenem Kopf verharrte sie vollkommen regungslos wie ein Tier, das Witterung

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