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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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sich überall zu viel Verwesung festgesetzt. Sehr wohl jedoch konnte Harte sehen, dass der Fahrer noch angegurtet hinter dem Lenkrad saß. Durch die vergleichsweise trockene Luft im Wagen war die Leiche weniger stark verwest als die meisten anderen. Während die Männer hinsahen, hob sie den Kopf und starrte sie an, dann klatschte sie mit einer knochigen Hand gegen das Fenster. Harte sprang überrascht zurück. Zu Michaels Rechter versuchte ein Toter, sich aufzurappeln und vom Rest der Masse zu lösen, an der er festklebte. Trotz all der Monate der Verwesung schien die Kreatur Michael und die anderen immer noch als Bedrohung wahrzunehmen und wollte sie angreifen.
    »Bleibt in Bewegung«, sagte er. »Versucht, nicht hinzusehen, und bleibt einfach in Bewegung.
    Das abscheuliche, klebrige Meer, durch das sie nach wie vor rutschten und wateten, schien seine Beschaffenheit und Tiefe ständig zu ändern. An manchen Stellen war es knietief, an anderen seicht. Jeder einzelne Schritt blieb unvorhersehbar. Sie waren bereits eine gefühlte Ewigkeit unterwegs. Harry schätzte, dass sie auf dem vor Toten strotzenden Gelände knapp anderthalb Kilometer zurückgelegt hatten, aber aufgrund der Düsternis ließ sich kaum abwägen, wie viel noch vor ihnen lag. Wenngleich immer mehr Leichen noch aufrecht standen, je weiter sie vordrangen, war von den meisten durch die ständige Reibung auf engstem Raum kaum mehr als Knochen übrig. Vereinzelt besaß ein Kadaver noch genug Muskeln und Sehnen, um mit einer linkischen Geste nach den vorbeistapfenden Männern zu greifen, aber solchen Angriffen ließ sich mühelos ausweichen.
    »Nach rechts«, sagte Harry plötzlich. Harte bewegte sich zu früh und zu weit. Durch den Fehltritt sank einer seiner Schuhe knirschend durch den freiliegenden Brustkorb einer Kreatur, die mit gekrümmtem Rücken auf dem Boden lag. Michael stützte ihn, als er sich davon befreite.
    »Verfluchte Dinger«, beklagte er sich sinnloserweise, als er sich alle möglichen widerwärtigen Flüssigkeiten vom Schuh schüttelte.
    Harry ging weiter. Plötzlich begann er, einzusinken. Einen Moment lang geriet er in Panik und fürchtete, er würde gleich von einer fauligen, treibsandartigen Grube blanker Verwesung verschluckt. Er kämpfte gegen seine Instinkte an und bemühte sich, ruhig zu bleiben und nicht wild zu zappeln. Letztlich stießen seine Füße wieder auf festen Boden.
    »Alles in Ordnung«, sagte er, als er sich vorwärtstastete. »Ich glaube, es ist eine Art Furche. Vielleicht der Rest vom Burggraben.«
    Michael und Harte folgten ihm vorsichtig, ahmten seine Schritte und seine Geschwindigkeit bestmöglich nach. Michael sank ebenfalls ein – der Matsch reichte ihm erst zu den Oberschenkeln, dann fast bis zum Gürtel. Unwillkürlich hielt er sich an den Überresten vereinzelter, noch aufrechter Kadaver fest, um das Gleichgewicht zu halten. Harte würgte, als er ausrutschte und mit dem Gesicht nur Zentimeter von der Brühe entfernt landete. Sein Röcheln und trockenes Husten ließ auch Michael Galle in die Kehle steigen. Herrgott, er hoffte, das würde klappen. Er glaubte nicht, dass er sich der Aussicht darauf stellen könnte, denselben Weg zurückzugehen, sollten sie es nicht in die Burg schaffen. Als er beinah das Gleichgewicht verlor, schaute er nach unten, doch als er im Matsch erst ein Ohr, dann die Finger einer Hand und schließlich ein Gesicht treiben sah, zwang er sich, irgendwo anders hinzublicken. Er atmete schwer und sog jedes Mal keimverseuchte, stinkende Luft in die Lunge ein, aber andernfalls hätte er sich übergeben müssen, und er wollte die Kontrolle nicht verlieren. In seinem Kopf drehte sich alles, und kalter, klebriger Schweiß bedeckte seinen gesamten Körper, als er krampfhaft geradeaus starrte und sich auf Harrys Rücken konzentrierte. Dann sah er letztlich, dass sich der andere Mann wieder aufwärtsbewegte. Harry änderte leicht die Richtung, um einer weiteren Leiche auszuweichen – das Gesicht konnte er nicht erkennen, aber er hätte schwören können, dass sie dazu angesetzt hatte, sich ihm zuzudrehen –, dann führte er die anderen auf festeres Gelände. Bald hatten sie den Morast hinter sich und entfernten sich von den letzten Kadavern.
    Obwohl sie mittlerweile einen steilen Hang zum Fuß der Burgmauern erklommen, verringerte Harry die Geschwindigkeit nicht. Erst, als sie oben angekommen waren und er sich mit dem Wissen, dass ihn hier niemand in der Burg sehen konnte, mit dem Rücken

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