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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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seinen Freunden um die Häuser zu ziehen, weil auch seine Freunde höchstwahrscheinlich tot waren und an irgendeiner Straßenecke mit dem Gesicht im Dreck lagen. Er konnte nicht über seine Lieblingssendungen im Fernsehen nachdenken, weil es kein Fernsehen und keinen Strom mehr gab. Nicht einmal die Melodie seines Lieblingslieds konnte er summen, weil es zu viele Erinnerungen in ihm weckte – Erinnerungen und Gefühle, die erst einige Tage zurücklagen und doch schon für immer verloren schienen. Verzweifelt starrte er in die Dunkelheit und versuchte, sich darauf zu konzentrieren, der Stille zu lauschen. Er hoffte, den Schmerz zu vertreiben, indem er den Kopf bewusst leerte. Es funktionierte nicht. Egal, in welche Richtung er schaute, überall sah er die Gesichter gleichermaßen verzweifelter Überlebender, die seinen Blick in der Düsternis erwiderten. Michael war nicht der Einzige, der unter qualvoller Schlaflosigkeit litt.
    Allmählich krochen die ersten orangefarbenen Sonnenstrahlen in den Saal. Das Licht schlich sich langsam durch eine Reihe kleiner, rechteckiger Fenster ein, die in regelmäßigen Abständen entlang der längsten Wand des Hauptsaals angeordnet waren. An der Außenseite schützte jedes der Fenster ein robustes Drahtgitter, außerdem hatten sich im Lauf der Jahre unzählige Vandalen mit Sprühfarbeschichten darauf verewigt. Michael empfand den Gedanken, dass jeder einzelne dieser Vandalen nun so gut wie sicher tot war, gleichermaßen sonderbar und beunruhigend.
    Michael wollte sich nicht bewegen, aber ihm war klar, dass er keine andere Wahl hatte. Er musste dringend auf die Toilette, musste aber erst die Überwindung aufbringen, aufzustehen und hinzugehen. Es war zu kalt, und er wollte keinen der wenigen Glücklichen wecken, denen es tatsächlich gelungen war einzuschlafen. Im Saal herrschte solche Stille, dass man jeden einzelnen Schritt seiner schweren Stiefel zwangsläufig hören würde, egal wie vorsichtig er wäre. Und wenn er die Toilette erreichte, würde ihn auch dort Trostlosigkeit erwarten. Die Spülung funktionierte nicht mehr, weil die Wasserversorgung ausgefallen war. Die Gruppe war dazu übergegangen, eine kleine chemische Toilette zu verwenden, die jemand bei der Pfadfinderausrüstung entdeckt hatte. Obwohl sie erst seit weniger als einem Tag benutzt wurde, stank sie bereits. Es war eine widerwärtige Mischung durchringender Chemikalien und abgestandener menschlicher Ausscheidungen.
    Allerdings konnte er es nicht länger hinauszögern, er musste gehen. Erfolglos versuchte er, den kurzen Gang einfacher wirken zu lassen, indem er sich einredete, je früher er es hinter sich brachte, desto eher wäre er zurück. Seltsamerweise erschien ihm angesichts des Ausmaßes der Katastrophe draußen plötzlich selbst die einfachste alltägliche Aufgabe wie ein unmöglich zu erklimmender Berg.
    Er stützte sich mit der ausgestreckten rechten Hand an einer Holzbank neben ihm ab und rappelte sich mühsam auf unstete Beine. Ein paar Sekunden stand er nur reglos da und versuchte, das Gleichgewicht zu finden. Die Kälte ließ ihn schaudern, dann stolperte er probeweise ein paar Schritte durch das Zwielicht auf die Toilette zu. In drei Wochen würde er neunundzwanzig Jahre alt. An jenem Morgen fühlte er sich wie mindestens neunundachtzig.
    Vor der Toilette blieb er stehen und holte tief Luft, bevor er die Tür öffnete. Er schaute nach rechts durch ein kleines quadratisches Fenster neben dem Haupteingang – und war sicher, draußen etwas zu sehen.
    Einen Moment erstarrte er.
    Er sah eindeutig eine Bewegung.
    Michael ignorierte das hartnäckige Zwacken seiner Blase und presste das Gesicht gegen die schmutzige Scheibe, um durch die Sprühfarbe und das Drahtgitter zu spähen. Er blinzelte ins Licht hinaus.
    Da war es erneut.
    Schlagartig vergaß er die Kälte, seine schmerzenden Glieder und seine volle Blase, entriegelte die Tür und riss sie auf. Er stürzte hinaus in den kalten Morgen, rannte quer über den Parkplatz und hielt am Straßenrand inne. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sah er einen Mann, der sich in langsamem Gang vom Gemeindezentrum entfernte.
    »Was ist denn los?«, fragte plötzlich eine Stimme, die ihn erschreckte. Es war Stuart Jeffries. Er und drei weitere Überlebende hatten ihn gehört und waren ihm verständlicherweise besorgt gefolgt.
    »Da drüben«, gab Michael zurück, deutete auf die entfernte Gestalt und ging langsam ein paar Schritte weiter. »Hey«, brüllte er in

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