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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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paar Schritte und stellte sich vor der Frau auf. Sie schaute ihr in die glasigen Augen und sah, dass sie verschwommen und leer wirkten. Die Haut war blass und straff, als wäre sie über den Schädel gespannt worden. Obwohl Emma sicher war, dass der wandelnde Leichnam sie nicht sehen konnte, sie tatsächlich überhaupt nicht wahrzunehmen schien, achtete sie aus Respekt darauf, ihre wachsende Abscheu zu verbergen. An der rechten Schläfe der Frau prangte eine tiefe Schnittwunde. Dunkles Blut war eine ganze Weile uneingedämmt daraus hervorgequollen und hatte ihre einst weiße Bluse und das graue Kostüm durchtränkt.
    »Wir möchten Ihnen helfen«, sagte sie leise.
    Keine Reaktion.
    Michael umfasst die Schultern der Frau ein wenig fester und trat einen Schritt näher.
    »Kommen Sie mit«, flüsterte er. »Wir bringen Sie hinein.«
    Carl und Kate beobachteten Michael und Emma mit morbider Faszination.
    »Was um alles in der Welt ist hier los«, stieß Kate hervor, deren Stimme jedes Mal, wenn sie sprach, merklich schwächer und unsteter wurde.
    »Keine Ahnung«, gestand Carl. »Scheiße, ich wünschte, ich wüsste es.«
    Er ließ den Blick über die trostlose Umgebung wandern. Nicht alle Leichname hatten sich in Bewegung gesetzt. Die meisten lagen noch immer reglos, wo sie zusammengebrochen waren.
    »Carl!«, schrie Michael.
    »Was?«, murmelte Carl nervös und drehte sich zurück zu den anderen.
    »Hilf uns mal, Kumpel. Könntest du ihre Beine nehmen?«
    Carl nickte und lief hinüber. Er duckte sich, ergriff mit jeder Hand einen der dürren Knöchel der Frau und hob sie von den Beinen, während Michael weiter die Schultern festhielt. Die Frau erwies sich als überraschend leicht. Sie schien fast nichts zu wiegen und zeigte keine Reaktion darauf, hochgehoben zu werden.
    Dicht gefolgt von Emma und Kate begaben die beiden Männer sich zurück zum Gemeindezentrum. Als sie sich dem Eingang näherten, erkannten die anderen Überlebenden, die das Geschehen wie gebannt verfolgt hatten, sehr rasch, was sich anbahnte. Wie ein Schwarm verängstigter Fische, auf den ein tödlicher Hai zuraste, stoben sie auseinander.
    »Was soll das werden?«, stammelte Ralph, als Carl und Michael sich an ihm vorbeidrängten. »Was denkt ihr euch dabei, dieses Ding hier reinzuschaffen?«
    Michael erwiderte nichts. Er war zu beschäftigt damit, den anderen Anweisungen zu erteilen.
    »Gruppiert euch um sie«, befahl er. »Umzingelt sie.«
    Gehorsam kamen Kate und Emma näher, ebenso zwei andere, deren Namen Michael nicht kannte. Carl ließ die Beine der Frau behutsam zu Boden, bis sie aufrecht dastand, dann wich er zurück auf Höhe der übrigen. Nachdem sich annähernd ein Kreis gebildet hatte, mit dem Michael zufrieden war, ließ er die Frau los.
    Eine Sekunde lang geschah gar nichts. Dann stolperte die Frau ansatzlos auf Kate zu, die beklommen das Gesicht verzog und die Arme vor sich streckte, um zu verhindern, dass die Frau ihr zu nahe kam. Sobald sie in Kontakt mit Kates ausgestreckten Händen geriet, änderte die Frau die Richtung und wankte in eine andere Richtung weiter. Der Vorgang wiederholte sich jedes Mal, wenn sie den Rand des Kreises erreichte.
    Als die Frau auf Michael zustolperte, gestattete er sich zum ersten Mal einen tiefen Blick in ihr Gesicht. Ein paar gefährliche Sekunden war er wie gebannt von der Mitleid erregenden Kreatur vor ihm; er fragte sich, wie sie vor einer Woche ausgesehen haben mochte. Vermutlich hätte er sie noch vor ein paar Tagen attraktiv gefunden, doch nun zerstörten ihr leerer Blick und die runzlige, fast durchscheinende Haut sofort jeden Eindruck von Schönheit, die ihr Gesicht einst besessen haben mochte. Dem freiliegenden Fleisch haftete ein unnatürlicher Glanz an. Michael fiel auf, dass die Haut gräulich, beinah hellgrün und straff über die Schädelknochen gespannt wirkte. Was auf den ersten Blick wie dunkle Ringe unter den Augen ausgesehen hatte, erwies sich tatsächlich als die vorstehenden Ränder der Augenhöhlen. Ihr Mund stand offen, prangte wie ein riesiges, dunkles Loch im Gesicht, und ein dicker Strang zähflüssigen Speichels troff ihr unablässig seitlich über das Kinn. Michael stieß sie von sich.
    Die Frau machte kehrt und wankte auf Carl zu. Sie war eindeutig außer Stande, ihre Bewegungen zu kontrollieren oder zu koordinieren, und so schlurfte sie halb stolpernd vor sich hin. Carl schrak zurück und stieß sie zu Boden. Er spürte kalten Schweiß auf der Stirn, als die

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