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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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vermochte.
    »Ich bin am Verhungern«, schluchzte er und wechselte damit krampfhaft das Thema. Er griff sich eine Tüte Zwieback und riss sie auf. Ein Windstoß erfasste die leere Zellophanverpackung und wehte sie fort.
    Während sie aßen, beobachtete Michael seinen Gefährten traurig. Er hatte sich immer bemüht, sich um sich selbst zu kümmern und in der Vergangenheit oft Kritik von anderen dafür geerntet, so asozial und abgekapselt zu leben. An jenem Tag allerdings, während er beobachtete, wie sein Freund von Kummer zerrissen wurde, empfand er Dankbarkeit dafür, dass er so viel Zeit alleine verbracht und selbst keinen ähnlichen Verlust zu betrauern hatte. Sicher, manchmal hatte er sich nach Gemeinsamkeit gesehnt, mit zunehmendem Alter immer öfter, aber Carl litt augenscheinlich derartige Höllenqualen, dass Michael unwillkürlich die Vorzüge eines Daseins als Familienmensch in Frage stellte. Ein ähnlich gesinnter Freund hatte einst zu Michael gesagt, dass er aus eben jenem Grund nie heiraten würde. Seiner Argumentation zufolge wäre der Schmerz eines Verlusts nach einem Leben mit nur einem Partner zu groß und würde die guten Erinnerungen an die gemeinsamen Jahre zerstören. Als Michael nun jedoch Carl beobachtete, dachte er, wie sehr sein Freund sich geirrt hatte. Eine Partnerin und ein Kind gehabt zu haben, schien Carl erst vervollständigt zu haben. Sicher, jetzt zerriss ihn der Schmerz förmlich, aber wäre es deshalb einfacher gewesen, nie die Liebe und die Zusammengehörigkeit erfahren zu haben, die ihm seine Familie offensichtlich beschert hatten? Was war besser? Unerfüllt zu bleiben und nie eine solche Bindung zu empfinden, oder eine Weile vollständig zu sein und dann von den Qualen des Verlusts gepeinigt zu werden?
    Je weiter Michael sich von seinem Zuhause und seiner vertrauten Umgebung entfernte, desto gefühlsbetonter und verunsicherter wurde er.
    Eine halbe Stunde lang saßen sie da und aßen praktisch schweigend. Von ihrem Standort aus konnten sie seitlich des Cafés hinabsehen. Auch der Van parkte in ihrem Blickfeld, und die Vorstellung, wieder einzusteigen und ziellos durch die Gegend zu fahren, bedrückte sie alle. Sie wussten, dass sie keine andere Wahl hatten, als den Weg fortzusetzen, aber eine Zeitlang stellten die frische Luft und der Aufenthalt im Freien eine erfrischende Abwechslung zur unbehaglichen und stickigen Enge dar, in der sie die letzte Woche verbracht hatten.
    Wie so oft war es Emma, die das Schweigen als Erste durchbrach.
    »Wie fühlt ihr beide euch?«, wollte sie wissen.
    Keiner der Männer reagierte. Michael war tief in Gedanken versunken und spielte mit einem Dosenring, während Carl eine leere Chipstüte ordentlich zusammenfaltete. Jeder von ihnen wartete darauf, dass der andere antwortete.
    »Glaubt ihr immer noch, dass wir das Richtige getan haben?«
    Mit verwirrter Miene schaute Michael zu ihr auf.
    »Sicher haben wir das. Hast du etwa Zweifel?«
    »Aber nein«, erwiderte sie rasch. »Es ist nur so, dass wir hier draußen sitzen und kaum Fortschritte gemacht haben. Es wird bald dunkel, und –«
    »Im schlimmsten Fall können wir im Van schlafen«, fiel Michael ihr seufzend ins Wort. »Das ist kein Problem. Sicher, das ist nicht sonderlich gemütlich, aber –«
    »Darüber mache ich mir keine Sorgen«, unterbrach sie ihn unwirsch, um ihre Äußerung zu rechtfertigen. »Ich denke einfach, dass wir uns bald wieder auf den Weg machen sollten. Je eher wir einen Unterschlupf finden, desto eher können wir uns dort niederlassen und einrichten.«
    »Ich weiß, ich weiß«, murmelte Michael, stand auf und streckte sich. »Wir fahren ja auch gleich wieder los.«
    Damit schlenderte er seitlich am Café entlang zurück zum Van. Emma starrte ihm hinterher. Sie empfand ihn als seltsamen Mann – gleichermaßen inspirierend und irritierend. Die meiste Zeit wirkte er nüchtern, gefasst und überlegt, dann gab es wieder, so wie jetzt, Gelegenheiten, bei denen ihn nichts zu kümmern schien und seine Teilnahmslosigkeit Emma zur Weißglut brachte. Nicht zum ersten Mal in der vergangenen Woche stand ihre Sicherheit auf dem Spiel, doch Michael wirkte völlig unbekümmert. Emma vermutete, es lag daran, dass sie noch keinen Ort gefunden hatten, der sich für einen längeren Aufenthalt anbot. Emma war aufgefallen, dass Michael, wenn die Dinge sich nicht so entwickelten, wie er es sich vorstellte, nichts davon wissen wollte.
    »Geht‘s wieder?«, fragte sie Carl. Er nickte und

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