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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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unkoordiniert auf dem Teppich landete. Als sie aufschaute, sah sie, dass sie durch das Panoramafenster weitere verrottende Fratzen anstarrten. Michael und Carl waren vergessen. Ihr war klar, dass ihre einzige Chance darin bestand, sich in Carls Dachkammer zu verbarrikadieren – dem höchstgelegenen und hoffentlich sichersten Teil des Hauses.
    Als sie durch den Flur zurück zur Treppe preschte, flog die Eingangstür unter der Gewalt der tausenden Leichname draußen auf. Wie ein Fluss nach einem Dammbruch flutete binnen Sekunden ein unaufhaltsamer Strom abscheulicher Kreaturen herein. Mit knapper Not gelang es Emma, sich an den vordersten Gestalten vorbeizudrängen und die Treppe zu erreichen. Sie rannte nach oben, dann hielt sie kurz inne, um zurückzuschauen. Das gesamte untere Stockwerk glich einer einzigen, wuselnden Masse zuckender und fauliger Leiber.
    Da ihr Zimmer das nächstgelegene war, flüchtete sie hinein und warf die Tür hinter sich zu. In der Dunkelheit schleuderte sie einen Stuhl aus dem Weg und watete durch einen Haufen von Michaels abgelegten Kleidern zum Fenster, zog die Vorhänge auf und blickte nach draußen – wo ihr schlimmster Albtraum Realität geworden war. An mindestens drei Stellen, die sie sehen konnte, war die Barrikade eingestürzt. Unzählige Gestalten taumelten unablässig auf das Haus zu, der Hof war ein wogendes Meer von Leichnamen. Der Van – ihr einziges Fluchtmittel – war hoffnungslos umzingelt. So weit Emma jenseits der Überreste des Zauns sehen konnte, schlurften hunderttausende schemenhafte Kreaturen unbeirrbar auf die Penn Farm zu.
    Hinter ihr ertönte ein plötzliches Krachen. Emma wirbelte herum und sah sich vier Leichen gegenüber. Weitere erspähte sie dahinter im Treppenflur. Der schiere Druck der dicht gedrängten Körper hatte sie in das Zimmer gezwängt. Der vorderste Leichnam der vier – etwas, das einst ein Polizist gewesen sein mochte – starrte sie einen Augenblick lang an, bevor er sich in Bewegung setzte. Emma kreischte und versuchte verzweifelt, das Fenster zu öffnen.
    Als die Kreaturen sich näherten, drehte sie sich um und trat der ersten mitten in den verwesenden Schritt. Die Gestalt zuckte nicht einmal zusammen, zeigte nicht den Ansatz einer Gefühlsregung. Stattdessen streckte sie grässliche, klauenartige Finger nach ihr aus, die sich in ihrem Haar verfingen und sie aufs Bett zerrten.
    Als die ersten scharfen Nägel sich in ihre Haut gruben, endete der Albtraum.
    32
    Der Traum versetzte Emma in einen panikartigen Zustand.
    In eiskalten Schweiß gebadet erwachte sie und fühlte sich ein paar ungewisse Augenblicke lang zu verängstigt, um sich zu rühren. Erst, nachdem es ihr gelungen war, sich zu überzeugen, dass es tatsächlich nur ein Traum gewesen war und sie sich in – relativer – Sicherheit befand, konnte sie sich überwinden, sich nach rechts zu beugen, um nachzusehen, ob Michael noch auf dem Boden neben ihr schlief. Eine Woge der Erleichterung spülte über sie hinweg, als sie die Hand ausstreckte und sie auf Michaels Schulter zu liegen kam. So verharrte sie einige Sekunden, bis sie sich völlig sicher fühlte, dass alles in Ordnung war. Der sanfte, gleichmäßige Rhythmus seiner Atembewegungen wirkte ungemein beruhigend und tröstlich.
    In den Tagen, Monaten und Jahren, bevor ihre Welt auf den Kopf gestellt worden war, hatte Emma häufig versucht, Träume zu deuten. Sie hatte zahlreiche Bücher gelesen, die Erklärungen für die Metaphern und Bilder enthielten, die während des Schlafes durch ihren Verstand geisterten. Seit der Ankunft auf der Penn Farm hatten ihre Träume sich verändert.
    Sie kletterte aus dem Bett, wobei sie darauf achtete, Michael nicht zu wecken, bahnte sich den Weg zum Fenster und zog die Vorhänge auf. Ein paar Sekunden presste sie die Augen fest zusammen – teils wegen des grellen Lichts, das hereinflutete, doch überwiegend, weil sie sich davor fürchtete, was sie vielleicht sehen würde. Als sie die Lider schließlich öffnete, seufzte sie vor Erleichterung. Nur etwa dreißig bis vierzig Gestalten waren jenseits der Barriere verblieben. Die Mehrheit der Masse, die sich in der letzten Nacht eingefunden hatte, war wieder in die Wildnis gewandert, vermutlich von einem anderen Geräusch oder einer anderen Bewegung abgelenkt. Seit sie den Generator abgeschaltet hatten, musste das Haus nach außen hin so tot und verwaist wie hunderttausende andere Häuser im Land wirken.
    Emma hörte von unten Geräusche. Es war

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