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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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blieb stehen, als sie sich auf gleicher Höhe mit dem Gefängniswagen befand.
    »Himmel«, murmelte sie enttäuscht und ungläubig, »was sollen wir denn jetzt tun?«
    Eine schmale Brücke befand sich in kurzer Entfernung vor ihnen. Auf beiden Seiten der einspurigen Überführung standen Verkehrsampeln, die einst den Strom der Fahrzeuge, die von einer Seite auf die andere gelangen wollten, reguliert hatten. Nun waren sie ebenso dunkel, leb- und farblos wie der Rest der ausgeblichenen Welt. Etwa auf der Hälfte der Brücke war ein Lastwagen verunglückt, hatte sich um nahezu neunzig Grad gedreht und war nun ungünstig zwischen den Sichtbetonwänden, die auf beiden Seiten des Übergangs verliefen, eingekeilt. Ungefähr zwanzig Fuß unter der Brücke verlief ein breiter Fluss, dessen einst relativ klares Wasser nun wegen der schleichenden Verunreinigung, die er aus der nahegelegenen Stadt mit sich brachte, eine träge, schmutzige, grüngraue Farbe angenommen hatte.
    »Was sollen wir jetzt tun?«, drängte Clare. Jack sah wieder auf die Wegbeschreibung auf seinem Schoß.
    »Hier gibt es noch zwei Brücken«, antwortete er. »Die eine liegt etwa drei Meilen weiter nördlich, die andere vier oder fünf Meilen in der Richtung, aus der wir gekommen sind.«
    »Mist«, fluchte Donna wütend.
    Michael rannte, von den Blicken der vielen in der Nähe befindlichen Leichen durch die Dichte des Nebels, der Enge der Brücke wie auch den unzähligen Fahrzeugen in der Umgebung abgeschirmt, zum Mannschaftswagen zurück, nachdem er die Behinderung vor ihnen begutachtet hatte. Es gelang einem einzelnen Leichnam zufällig einen Weg zu Michael zu finden und sich wie aus dem Nichts auf ihn zu werfen. Er schien regelrecht ohne Vorwarnung aus den Schatten heraus zu explodieren. Überrumpelt bekam er die gesamte Wucht des Aufpralls frontal ab und konnte nichts weiter tun, als einen Augenblick lang mit dem Rücken gegen den Transporter gedrückt stehen zu bleiben. Der unentrinnbare Gestank des toten, verrottenden Fleisches füllte plötzlich seine Lungen und verursachte ihm einen Würgereiz.
    Unwillkürlich hob er die Arme, um sich zu schützen und prallte vor Abscheu zurück, als er den verwesenden Kadaver packte. Nachdem der Großteil seiner zerlumpten Kleidung bereits vor langer Zeit zerfetzt und abgerissen war, glitten Michaels Finger mit Leichtigkeit durch das schmierige Fleisch, das den übel riechenden Oberkörper bedeckte. Während er die Finger seiner rechten Hand schloss und zusammenzuckte, als die tote Haut zurückklappte und die Reste fauler Organe über seine Arme tropften, hielt er den plötzlich freiliegenden Brustkorb fest und drängte die Leiche zurück, bevor er einen Anlauf nahm und sie über eine Seite der Brücke warf. Außer Sicht fiel der Körper ins Wasser und wurde von dem starken Strom fortgerissen. Michael wischte seine Hände auf einem Stück nassem Gras ab, das zu seinen Füßen wuchs, und kletterte in den Mannschaftswagen zurück.
    »Geht’s dir gut?«, fragte Emma.
    Er nickte, bevor er nach vorn zu Cooper ging. »Ausgezeichnet. Es sieht so aus, als würde lediglich der Lastwagen die Straße blockieren. Er ist fest eingekeilt und ich glaube nicht, dass wir es schaffen, ihn per Hand zu bewegen. Sie müssen versuchen, ihn über den Rand der Brücke zu stoßen.«
    Cooper verschwendete keine Zeit damit, Michael eine Rückmeldung zu geben. Stattdessen beschleunigte er langsam und begann vorsichtig, aber stetig in Richtung des Hindernisses zu rollen. Der Gefängniswagen, der von vierzig bis fünfzig der unkontrollierbaren Kadaver, die beständig daran emporkletterten und miteinander kämpften, umringt war, setzte sich ebenfalls in Bewegung. Donna, die im Posttransporter von einer etwas kleineren, aber nichtsdestoweniger lebhaften und gewalttätigen Horde umringt war, wartete nervös, bis sie ein wenig Luft um sich hatte, dann folgte sie ihm dicht.
    »Sehen Sie, wo die Ecke der Kühlerhaube hervorsteht?«, fragte Michael atemlos, lehnte sich in die Fahrerkabine des Mannschaftswagens und zeigte auf den zerstörten Lastwagen direkt vor ihnen. »Wenn Sie ihn hier treffen und anstoßen, sollte es möglich sein, ihn direkt durch die Mauer zu drücken.« Cooper gab wieder keine Antwort, sondern konzentrierte sich lieber darauf, die physikalischen Anforderungen der Situation in den wenigen Sekunden, die vor dem Aufprall verblieben, zu durchdenken. Michael schien recht zu haben. Der Laster lag so positioniert, dass die Rückseite

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