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Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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da draußen befanden, spielten keine Rolle. Nichts spielte noch eine Rolle.
    Sonya presste ihre Beine fest gegen die Mauer, lehnte sich nach vorne und schob sich selbst aus dem Fenster. Sie fiel kopfüber schwer durch die verseuchte Luft und drehte sich drei Viertel um ihre eigene Achse, bis sie schließlich mit dem Rücken auf das Dach eines parkenden Autos krachte und augenblicklich starb.
    Die Kadaver, die Sonyas Leichnam am nächsten standen, wankten instinktiv ein paar langsame, ungeschickte Schritte auf sie zu und starrten mit dumpfen, trüben Augen auf ihre grausam zerschmetterten Überreste. Trotz der Wucht des Aufpralls hielt sie ihr Kind immer noch fest an sich gedrückt.
    Das Geräusch des zerspringenden Fensters hallte in der leeren Stadt wider. Als Paul und Donna es hörten, spornte es sie dazu an, sich in Bewegung zu setzen, nachdem sie die letzten dreieinhalb Stunden damit verbracht hatten, im dritten Stock einer glasverkleideten Pizzeria zu sitzen. Ihre zuvor getroffene Annahme, dass es möglich war, durch langsame Bewegungen und Schweigen die Aufmerksamkeit der wandernden Leichen zu vermeiden, hatte sich glücklicherweise als richtig erwiesen. Womit sie allerdings nicht gerechnet hatten, war der Aufwand, den es erforderte, eine derartig langsame und enervierende Gangart in der Nähe einer so schwer einschätzbaren Gefahr aufrecht zu erhalten. Der Instinkt drängte sie ständig dazu, sich einerseits vor den Leichen zu verstecken oder sie zu zerstören, doch beides war ihnen nicht möglich. Die Kreaturen waren widerwärtig, abstoßend, und soweit Paul und Donna wussten, vermutlich auch todbringend, doch die beiden konnten es sich nicht leisten, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Es kostete Paul und Donna etliche Überwindung, sich so nahe bei den verfaulenden Gestalten zu befinden und dazu gezwungen zu sein, an ihnen vorbei zu gehen oder sich zwischen ihnen hindurchzubewegen. Obwohl er nicht wagte, es laut auszusprechen, gefiel Paul das Ganze etwa ebenso sehr, wie seine Hand in eine Schüssel mit kochendem Wasser zu stecken. Nachdem die zwei Überlebenden etliche Stunden ungeschützt und verletzbar im Freien verbracht hatten, waren sie in das Restaurant geschwankt, um sich wieder zu fangen und zu versuchen, für eine Weile etwas Ruhe zu finden.
    Das Restaurant war zur Hälfte verbrannt und die gefährlichen Flammen hatten die Kunststofftische und Stühle übel zugerichtet und deformiert. Durch eine Explosion in den Küchenräumen war in die Wand ein Loch in der Größe eines kleinen Wagens gerissen worden und durch genau dieses Loch hörten sie das Geräusch des zerberstenden Fensters. Paul stützte sich auf die verbogenen und rußgeschwärzten Überreste eines Ofens, lehnte sich aus dem Gebäude und blickte die verwüstete Straße unter ihm auf und ab. Das Licht war schlecht und das Einzige, das er zunächst sehen konnte, war eine vereinzelte Figur, die sich aus seinem Blickfeld entfernte. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Beleuchtung und er konnte in der Düsterkeit etwas erkennen. Dann sah er die Massen. Hunderte, möglicherweise auch Tausende Leichen hatten sich etwa eine halbe Meile entfernt in einem Bereich zusammengeschart. Ein paar lange Sekunden verstrichen, bevor er schlussendlich die Tragweite seiner Entdeckung erfasste.
    »Himmel«, sagte er, als er sich wieder nach innen zurückschob.
    »Was?«, murmelte Donna.
    »Da draußen ist ein Massenauflauf«, erklärte er ihr. »Hunderte von diesen beschissenen Dingern.«
    »Wo?«
    »Bei der Ringstraße. Die sind da unten bei der Universität, glaube ich.«
    »Dann nehmen wir also die andere Richtung.«
    Donna sammelte müde ihre Habseligkeiten zusammen und machte sich zum Aufbruch fertig.
    »Wir sollten in ihre Richtung gehen«, sagte Paul. In seiner Stimme schwang ein wenig überraschender Mangel an Sicherheit und Überzeugungskraft mit. Er wusste, dass sein Vorschlag richtig war, doch ebenso gut war ihm klar, dass sie ein gewaltiges Risiko eingehen würden. Als er an sein vorheriges Gleichnis dachte, ersetzte er das Eintauchen seiner Hand in eine Schüssel voll kochendem Wasser durch einen Hechtsprung in ein ebenso siedendes Schwimmbecken.
    »Warum?«, fragte Donna. Sie war ausgelaugt und wünschte sich nichts weiter, als hier zu bleiben und zu schlafen.
    »Wenn diese Dinger von Geräuschen und Bewegungen angezogen werden«, erklärte er, »dann ist dort drüben irgendetwas, das ihr Interesse wach hält.«

17
    Ruhig bleiben,

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