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Herbst - Zerfall

Herbst - Zerfall

Titel: Herbst - Zerfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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volle Gewicht gegen die Tür stemmen, um sie zu öffnen. Bevor sie weiter hineinging, hielt sie inne und ließ den erstickenden Verwesungsgestank der gefangenen Leiche entweichen. Sie fühlte sich unerwartet nervös. Herrgott, wieso bin ich bloß so besorgt? Sie war schon mit Hunderten der Kreaturen fertig geworden, und diesmal handelte es sich nur um eine einzige. Der Leichnam stellte keine Bedrohung dar.
    Sie betrat das dunkle Zimmer und bahnte sich einen Weg durch den Unrat, der sich im Verlauf von Wochen angesammelt hatte, und versuchte, nicht in den dunklen Pfützen durchdringend stinkenden Schlicks auszurutschen, der im Verlauf der Zeit von der toten Frau abgetropft war.
    Vorsichtig bewegte sie sich auf das vom Swimmingpool stammende Licht zu. Die Aufmerksamkeit der Gestalt an der Tür galt nach wie vor den Männern, die draußen warteten, weshalb sie Lornas Herannahen nicht bemerkte.
    Lorna war einer auferstandenen Leiche noch nie so nah gekommen, ohne gegen sie zu kämpfen. Es war ein grotesker, zugleich jedoch morbid faszinierender Anblick. Je näher sie kam, desto mehr grausige Einzelheiten erkannte sie. Die verschiedenen Läsionen und offenen Wunden am Rumpf und an den Beinen strotzten vor Bewegung, da sich Tausende Maden und Würmer an dem verwesenden Fleisch labten. An der rechten Wade hing ein loser Hautlappen herab. Lorna sah Knochen und die Überreste von Muskeln und Sehnen darunter. Einen Lidschlag lang überlegte sie umzukehren, dann jedoch zwang sie sich, konzentriert zu bleiben und weiterzugehen.
    »Macht euch bereit«, rief sie. Beim Klang ihrer Stimme drehte sich die Gestalt um, allerdings viel zu langsam. Lorna hob die Hände und versetzte ihr einen kräftigen Stoß ins Kreuz, wobei sie darauf achtete, den zerfetzten Badeanzug und keine nackte Haut zu berühren.
    Die aus dem Gleichgewicht gebrachte Kreatur wurde zurück hinaus gezwungen. Lorna folgte ihr und schlug die Tür zu, um der Leiche den Fluchtweg abzuschneiden. Instinktiv wankte die Kreatur auf Hollis und Priest zu, die ihr am nächsten befindlichen Angreifer. Reeces Hündin wollte auf die Leiche losstürzen, doch er hielt sie zurück; es gelang ihm gerade noch rechtzeitig, das Halsband zu packen. Die Klauen des Tiers schabten über die Bodenfliesen, als es versuchte, sich zu befreien, um die Kreatur anzufallen.
    »Aufpassen!«, rief Gordon, als die tote Frau ihre entstellte Masse in Priests Richtung hievte. Er hob die Arme, um sich zu schützen, doch Hollis stieß ihn beiseite. Der Leichnam reagierte mit bemerkenswerter Geschwindigkeit, wandte schlagartig die volle Aufmerksamkeit auf ihn. Mit unerwarteter Wucht stolperte die Kreatur gegen ihn, stieß ihn zurück und brachte ihn zu Fall.
    »Seht ihr?«, stieß er atemlos hervor, als er sich aufrappelte, und sich bemühte, die abscheuliche menschliche Hülle zu fassen zu bekommen, die sich unter seinem Griff krümmte und wand. »Jetzt hat sie keine Wahl mehr. Sie kann nur noch angreifen.«
    Die lose, schmierige Haut des Ungetüms schien sich um die Knochen zu verschieben, als Hollis sie umklammerte. Es gelang dem Ding, sich aus seinem Griff zu befreien; sofort schlurfte es auf Harte zu.
    Harte sah, dass der Körper durch das Gerangel mit Hollis bereits in Mitleidenschaft gezogen worden war. Das Fleisch an der rechten Schulter hatte sich gelöst und schien nun den Arm herabzurutschen wie ein zu weiter Ärmel. Harte blickte tief in das Gesicht der Toten, als sie sich näherte. Vor acht Wochen war dies eine junge Frau namens Joanna gewesen – eine junge, attraktive, unschuldige Frau. Eine Mutter. Eine Schwester. Eine Tochter ... Mittlerweile erfüllte sie keine dieser Rollen mehr. Nun verkörperte sie nur noch einen widerwärtigen Haufen von Fleisch und Knochen, eine grauenhafte Ausgeburt, die kaum noch an die Frau erinnerte, die sie einst gewesen war. Harte wusste nichts von ihrer Vergangenheit – er wusste nur, dass es an der Zeit war, ihrem mitleiderregenden Dasein ein Ende zu bereiten.
    Entschlossen sprang er auf das Ungetüm zu, packte es an den Haaren und wuchtete das Gesicht auf die Fliesen am Rand des Swimmingpools hinab. Die Kreatur versuchte immer noch zu kämpfen; sie war hoffnungslos unterlegen, aber stur und hartnäckig bis zum Schluss.
    »Das verfluchte Ding gibt einfach nicht auf«, stieß er keuchend hervor. Er hatte Mühe, die Leiche im Griff zu behalten. Niemand sonst rührte sich.
    Insbesondere Reece hatte weit weniger wiederauferstandene Tote als die anderen gesehen

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