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Herbstbringer (German Edition)

Herbstbringer (German Edition)

Titel: Herbstbringer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Björn Springorum
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das hat was mit Jake zu tun? Oder ist das wieder nur eine von deinen Geschichten? Ich kauf dir bestimmt nicht noch mehr Lügen ab!«
    Emily schaute sie entgeistert an. Sie glaubte nicht, was sie da hörte.
    »Tu nicht so unschuldig«, zischte Sophie und schlug ihr die Tür vor der Nase zu.

    Unzählige Male hatte sich Michael ausgemalt, wie es sein würde, dem Herbstbringer gegenüberzutreten. In den letzten Jahrzehnten hatte er das Mädchen auf jede erdenkliche Weise zur Strecke gebracht, den fiktiven Triumph bis ins Äußerste ausgekostet. Die Möglichkeit, dass jemand anders ihm zuvorkommen könnte, hatte er dabei wie selbstverständlich außer Acht gelassen.
    Jetzt fraß sie ihn innerlich auf.
    Vampire sind von Natur aus ausgesprochen schlechte Verlierer. Und Michael war in Sachen Egozentrik und Selbstüberzeugung selbst für seine Spezies ein seltener Fall. Unter seinesgleichen kam ihm niemand in den Sinn, der ihm auch nur ansatzweise das Wasser reichen konnte. An die niederen Blutsüchtigen, die von den Vampiren als Diener oder Sklaven erschaffen wurden, oder gar diesen Abschaum namens Menschheit verschwendete er keinen einzigen Gedanken. Lästiger Unrat, nichts weiter.
    Aber nicht mehr lange.
    Er lächelte bei dem Gedanken an seine Pläne und entblößte zwei ungemein spitze Zähne. Passanten wichen ihm verschreckt aus, als er sich seinen Weg durch Londons abendliche Straßen bahnte. Auch dies nahm er als Selbstverständlichkeit hin: Er war es gewohnt, Angst und Ehrfurcht in Menschen auszulösen. Egal wie überfüllt die Innenstadt auch sein mochte, die Masse teilte sich instinktiv für ihn. Es war, als spürte die Menschheit die schwarze Leere, die von ihm abstrahlte wie Hitze von einem Vulkan. Wo keine Seele war, konnte Hass frei wuchern.
    Er bog von der King William Street in die deutlich ruhigere Nicholas Lane ab. Wie jedes Mal, wenn er sich unter Menschen begeben musste, hatte er das dringende Bedürfnis, ein heißes Bad zu nehmen. Oder einen Angehörigen dieser bemitleidenswerten Spezies zu töten. Aussicht auf ein Bad gab es in dieser dunklen Seitenstraße keine; die reizvolle Möglichkeit für einen stillen, sauberen Mord hingegen schon. Er korrigierte sich: für einen stillen Mord.
    Instinktiv verlangsamte er seine Schritte und passierte die unscheinbaren Backsteinhäuser in gemächlichem Gang. Er wusste genau, dass die Jagd auf offener Straße seit mittlerweile über hundert Jahren unter schwerer Strafe stand. Ebenso genau wusste er, dass es ihm guttun würde, endlich mal wieder seinen Instinkten nachzugeben. Er fühlte sich wie ein Tiger im Käfig.
    Es war eine Schande, dass die wenigen Menschen, die von der Existenz seiner Art wussten, es als hohe Gunst erachteten, sie in ihrer Welt leben zu lassen.
    In ihrer Welt! Er schnaubte verächtlich. Er wandelte schon auf dieser Erde, als die Menschen noch in Höhlen wohnten und Gewitter anbeteten.
    Ein Mann trat aus einem der Häuser auf die Straße. Es dämmerte bereits. Michael und der Unbekannte waren allein.
    Unter anderen Umständen hätte er diese Situation für eines seiner kleinen fiesen Spielchen genutzt und dem Kerl einen gehörigen Schrecken eingejagt. Unter anderen Umständen wäre er nicht von dieser weiß glühenden Wut auf alles um sich herum erfüllt gewesen. Unter anderen Umständen hätte er sich bereits einen großzügigen Schluck Blut aus seinem Vorrat genehmigt.
    Unter anderen Umständen wäre der Fremde lebendig davongekommen.
    Michael wusste in dem Moment, als er den Kerl vor sich auf die Straße treten sah, dass er töten würde. Er konnte nichts mehr dagegen tun, selbst wenn er es gewollt hätte. Er musterte sein Opfer eindringlich, während er lässig an ihm vorbeischritt, höchst erfreut darüber, Panik im Blick seines Gegenübers aufflackern zu sehen.
    Kaum dass der Mann ihm den Rücken zugekehrt und sich Michael mit einem letzten Blick vergewissert hatte, allein mit ihm zu sein, fuhr er blitzschnell herum, nicht mehr als ein Schemen in der Londoner Dämmerung. Ehe der Unbekannte zu einem Schrei ansetzen konnte, presste sich ihm eine feingliedrige, aber überraschend starke Hand auf den Mund, während ihn eine andere mühelos in die Knie zwang. Die Nicholas Lane kippte schräg vor dem ahnungslosen Fremden weg, als er mit einem schmerzhaften Ruck umgedreht wurde und in die gnadenlosen Augen des unheimlichen Fremden blickte.
    »Deine unwürdige Existenz ist es eigentlich gar nicht wert, dass ich mich in solche Gefahr begebe«,

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