Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
wollen der Familie ein wenig blaues Blut zuführen.“
    „Wollen Sie das auch?“
    „Heute ist es mein einziger Wunsch, ein wenig blaues Blut fließen zu sehen“, meinte sie und dachte dabei an Westcliff.
    „Was sind Sie doch für eine ungezähmte Kreatur“, sagte St. Vincent und lachte. „Ich bemitleide Westcliff, sollte er Ihnen noch einmal über den Weg laufen. Genau genommen sollte ich ihn warnen …“ Er verstummte, als er plötzlich einen verzerrten Ausdruck auf ihrem Gesicht bemerkte und hörte, wie sie tief Luft holte.
    Ein lähmender Schmerz durchzuckte Lillians rechten Oberschenkel, und hätte er sie nicht gehalten, so wäre sie zweifellos gestürzt. „O verdammt“, sagte sie und umklammerte ihr rechtes Bein. Sie stöhnte auf. „Verdammt“, stieß sie noch einmal zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Verdammt, verdammt …“
    „Was ist?“, fragte St. Vincent und ließ sie behutsam zu Boden gleiten. „Ein Krampf?“
    „Ja …“ Blass und zitternd umklammerte Lillian ihr Bein. „O Gott, es tut so weh!“
    Er beugte sich über sie und runzelte besorgt die Stirn. Seine ruhige Stimme klang jetzt dringlich. „Miss Bowman – wäre es Ihnen möglich, zeitweilig alles zu vergessen, was Sie über meinen Ruf gehört haben? Gerade lange genug, damit ich Ihnen helfen kann?“
    Lillian sah in sein Gesicht und entdeckte darin nichts anderes als den ehrlichen Wunsch, ihren Schmerz zu lindern, und sie nickte.
    „Braves Mädchen“, murmelte er und richtete sie so weit auf, dass sie beinahe saß. Um sie abzulenken, sprach er sehr schnell, während er behutsam eine Hand unter ihre Röcke gleiten ließ. „Es wird nur einen Moment dauern. Ich bete zu Gott, dass uns niemand hier so sieht – das wäre mehr als nur ein bisschen kompromittierend. Und ich bezweifle, dass jemand die traditionelle, wenn auch ein wenig überbeanspruchte Entschuldigung mit dem Krampf im Bein akzeptieren würde …“
    „Das ist mir egal“, keuchte sie. „Wenn es nur aufhört!“ Sie spürte St. Vincents Hand an ihrem Bein, und die Wärme seiner Haut durchdrang den dünnen Stoff ihrer Wäsche, während er nach dem verspannten Muskel tastete.
    „Hier haben wir ihn. Halten Sie die Luft an, Liebes.“ Lillian gehorchte und fühlte, wie der Viscount mit der Hand fest über den Muskel rieb. Beinahe hatte sie aufgeschrien, so heftig war der Schmerz, aber plötzlich ließ er nach, und vor Erleichterung fühlte sie sich ganz matt.
    Entspannt lehnte sie sich gegen seinen Arm und seufzte tief. „Vielen Dank. Jetzt ist es viel besser.“
    Mit einem leisen Lächeln zog er die Röcke wieder zurecht. „Es war mir ein Vergnügen.“
    „Das ist mir noch nie passiert“, flüsterte sie und bewegte vorsichtig ihr Bein.
    „Zweifellos eine Reaktion auf das Reiten im Damensattel. Sie müssen sich einen Muskel gezerrt haben.“
    „Ja.“ Errötend gestand sie: „Ich bin es nicht gewohnt, im Damensattel zu springen – gewöhnlich reite ich im Herrensitz.“
    Langsam wurde sein Lächeln breiter. „Wie interessant“, sagte er. „Offenbar waren meine Erfahrungen mit amerikanischen Mädchen bisher zu begrenzt. Mir war nicht klar, dass Sie so entzückend vielseitig sind.“
    „Ich bin wesentlich vielseitiger als die meisten“, sagte sie zerknirscht, und er grinste.
    „So gern ich auch weiter mit Ihnen hier sitzen und plaudern würde, Süße, so bringe ich Sie doch besser zurück ins Haus, wenn Sie jetzt wieder gehen können. Es ist nicht gut, wenn Sie zu viel Zeit mit mir allein verbringen.“ Mit einer eleganten Bewegung erhob er sich und streckte ihr die Hand entgegen.
    „Es scheint mir aber sehr gut getan zu haben“, erwiderte Lillian und erlaubte ihm, ihr auf die Füße zu helfen.
    St. Vincent bot ihr seinen Arm und sah zu, wie sie ihr Bein vorsichtig belastete. „Ist alles in Ordnung?“
    „Ja, vielen Dank“, erwiderte Lillian und nahm seinen Arm. „Sie waren sehr freundlich, Mylord.“
    In seinen hellblauen Augen schien etwas zu flackern, als er sie ansah. „Ich bin nicht freundlich, Liebes. Ich bin nur nett zu Menschen, die ich auszunutzen gedenke.“
    Lillian lächelte daraufhin und fragte kühn: „Droht mir denn Gefahr von Ihnen, Mylord?“
    Obwohl seine Miene entspannt blieb, war sein Blick beunruhigend intensiv. „Ich fürchte, ja.“
    „Hmmm.“ Lillian betrachtete seine fein geschnittenen Züge und dachte, dass er trotz seiner Bemerkungen noch vor ein paar Minuten ihre Lage keineswegs ausgenutzt

Weitere Kostenlose Bücher