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Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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traurig.

12. KAPITEL
    Am Abend gab es einen Ball. Es war eine schöne Nacht, kühl und trocken, sodass die großen Fenster geöffnet worden waren, um die frische Luft von draußen hereinzulassen. Das Licht der Kronleuchter spiegelte sich auf dem Parkett wie eine Flut von Regentropfen. Orchestermusik erfüllte die Luft und untermalte die Stimmen und das Gelächter der Gäste.
    Lillian wagte es nicht, eine Tasse Punsch zu nehmen, aus Angst, es könnte Flecken auf ihrem cremefarbenen Kleid geben. Die Röcke fielen in schimmernden Falten bis auf den Boden, während die schmale Taille mit einem steifen Band aus passendem Satin betont wurde. Der einzige Schmuck ihres Kleides waren die glänzenden Perlen am Ausschnitt des Mieders. Als sie an ihrem Handschuh zupfte, sah sie am anderen Ende des Raumes Lord Westcliff stehen. In seiner eleganten Abendgarderobe zog er alle Blicke auf sich, seine weiße Krawatte schien so akkurat und scharfkantig wie die Klinge eines Messers.
    Wie üblich hatte sich eine Gruppe aus Frauen und Männern um ihn gebildet. Eine der Frauen, eine schöne Blondine mit üppiger Figur, beugte sich näher zu ihm und murmelte etwas, das ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht zauberte. Kühl betrachtete er die Szenerie – bis er Lillian sah. Abschätzend ließ er den Blick über sie gleiten. Für Lillian war seine Gegenwart so greifbar, als stünde er direkt neben ihr. Es beunruhigte sie, dass sie seine Präsenz so mit allen Sinnen spürte, daher nickte sie ihm nur kurz zu und wandte sich ab.
    „Was ist?“, fragte Daisy leise und stellte sich zu ihr. „Du wirkst vollkommen abgelenkt …“
    Statt einer Antwort lächelte Lillian nur. „Ich versuche mich an alles zu erinnern, was uns die Countess gesagt hat“, schwindelte sie, „und alles parat zu haben. Vor allem die Regeln über das Verneigen. Wenn sich jemand vor mir verneigt, werde ich schreien und in die entgegengesetzte Richtung laufen.“
    „Ich habe Angst, einen Fehler zu begehen“, gestand Daisy. „Es war sehr viel einfacher, ehe ich wusste, wie viel ich falsch gemacht habe. Heute Abend wäre ich ganz glücklich damit, ein Mauerblümchen zu sein und sicher an der Wand zu sitzen.“ Gemeinsam betrachteten sie die Reihe der halbkreisförmigen Nischen an der Wand, eine jede begrenzt von zierlichen Säulen, während innen kleine, mit Samt bezogene Bänke standen. In der am weitesten entfernt gelegenen Nische saß ganz allein Evie. Ihr pinkfarbenes Kleid passte nicht zu ihrem roten Haar, und sie hielt den Kopf gesenkt, während sie an einer Tasse Punsch nippte. Alles an ihr zeigte deutlich, dass sie mit niemandem zu reden wünschte. „Oh, das geht nicht“, sagte Daisy. „Komm, lass uns das arme Mädchen aus dieser Nische herausholen, damit sie mit uns umhergehen kann.“
    Lillian lächelte zustimmend und machte Anstalten, ihre Schwester zu begleiten. Doch plötzlich blieb sie wie erstarrt stehen, als sie ganz dicht an ihrem Ohr eine tiefe Stimme hörte. „Guten Abend, Miss Bowman.“
    Erstaunt drehte sie sich um und blickte direkt in das Gesicht Lord Westcliffs, der mit verblüffender Geschwindigkeit das Zimmer durchquert hatte. „Mylord.“
    Westcliff neigte sich über Lillians Hand und begrüßte dann Daisy. Im nächsten Moment sah er wieder Lillian an.
    Als er sprach, fiel das Licht der Kronleuchter auf sein dichtes dunkles Haar und die scharf gezeichneten Züge.
    „Wie ich sehe, haben Sie die Begegnung mit meiner Mutter überlebt.“
    Lillian lächelte. „Besser sollte es wohl heißen, dass sie die Begegnimg mit uns überlebt hat.“
    „Mir ist nicht entgangen, dass die Countess sich großartig unterhalten hat. Nur selten begegnet sie jungen Damen, die in ihrer Gegenwart nicht eingeschüchtert wirken.“
    „Wenn ich mich von Ihrer Gegenwart nicht einschüchtern lasse, Mylord, dann wohl kaum von der Ihrer Mutter.“
    Westcliff lächelte über ihre Bemerkung, dann wandte er sich ab, und zwischen seinen Brauen erschienen zwei kleine Fältchen, als dächte er konzentriert über etwas nach. Nach einer Pause, die ihr unendlich erschienen war, wandte er sich wieder Lillian zu. „Miss Bowman …?“
    „Ja?“
    „Würden Sie mir wohl die Ehre erweisen und mit mir tanzen?“
    Lillian vermochte weder zu atmen noch sich zu bewegen oder zu denken. Nie zuvor hatte Westcliff sie um einen Tanz gebeten, trotz der zahlreichen Gelegenheiten, in denen er das aus reiner Höflichkeit hätte tun können. Das war einer der Gründe gewesen, warum sie

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