Herbstfeuer
einen unartikulierten Laut von sich, erwiderte den Kuss mit wenig mädchenhafter Heftigkeit und war so süß und so gierig dabei, dass er um ein Haar gelächelt hätte. Doch das Lächeln wurde von einem Kuss erstickt. Er liebte die Art, wie sie auf ihn reagierte, mit einer Leidenschaft, die der seinen glich. Er setzte sie auf den Boden, hielt sie im Arm und erforschte ihren Mund mit seiner Zunge. Zwischen ihnen bauschten sich ihre Röcke und ließen nicht zu, dass sie einander nahe genug sein konnten. Lillian wand sich wie eine Katze, während sie versuchte, ihre Hände unter seinen Überrock zu schieben. Langsam rollten sie über den Boden, zuerst war er oben, dann sie, doch es war ihnen egal, solange sie zusammen sein konnten.
Sie war schlank, aber sie hatte Kraft, und sie wand ihre Beine um ihn, während sie ihre Hände ungeduldig über seinen Rücken gleiten ließ. Nie zuvor in seinem Leben war Marcus so erregt gewesen, jede Faser seines Körpers schien zu glühen. Er wollte sich in ihr verlieren. Er wollte sie fühlen, küssen, liebkosen, sie schmecken, alles von ihr.
Wieder rollten sie herum, und ein Stuhlbein, das sich in seinen Rücken bohrte, brachte Marcus kurzfristig wieder zu Verstand. Er erkannte, dass sie im Begriff standen, einander in dem am meisten benutzten Raum im Haus zu lieben. Das ging nicht. Fluchend zog er Lillian mit sich hoch und presste sie eng an sich, als sie beide wieder auf den Füßen standen. Noch einmal wollte sie ihn küssen, aber mit einem leisen Lachen widersetzte er sich. „Lillian …“ Seine Stimme klang heiser. „Komm mit mir.“
„Wohin?“, fragte sie mit schwacher Stimme.
„Nach oben.“
Er fühlte, wie sie sich ein wenig versteifte, als sie begriff, was er vorhatte. Der Brandy hatte ihre Vorbehalte beseitigt, ihr aber nicht die Vernunft geraubt. Jedenfalls nicht ganz. Sie hob ihre glühenden Finger an seine Wange und sah ihn mit funkelnden Augen an. „In dein Bett?“, flüsterte sie. Als er leicht nickte, beugte sie sich vor und sprach ganz nahe an seinen Lippen. „O ja …“
Wieder küsste er sie, ihre Lippen waren ein wenig geschwollen. Sie war so köstlich, ihr Mund, ihre Zunge – er atmete schneller und zog sie noch fester an sich. Sie taumelten beide, bis er sich mit einer Hand an einem Bücherregal abstützte, um das Gleichgewicht halten zu können. Nie schienen ihm seine Küsse intensiv genug. Er wollte mehr von ihr. Mehr von ihrer Haut, ihrem Duft, ihrer Zunge, ihrem Haar um seine Hand. Er wollte ihren nackten Leib unter sich spüren, fühlen, wie ihre Fingernägel über seinen Rücken kratzten, wollte ihren Höhepunkt fühlen. Er wollte sie schnell nehmen und sich Zeit lassen, wollte sie wild und zärtlich lieben – auf alle möglichen Arten, in endloser Lust.
Irgendwie gelang es ihm, seinen Kopf lange genug zu heben, um zu sagen: „Leg deinen Arm um meinen Hals.“
Und als sie gehorchte, hob er sie hoch.
18. KAPITEL
Falls das ein Traum ist, dachte Lillian ein paar Minuten später, dann ist er erstaunlich deutlich. Ein Traum, ja. Sie klammerte sich an diese Vorstellung. Im Traum konnte man alles tun, was man wollte. Es gab keine Regeln, keine Pflichten – nur Vergnügen. Oh, das Vergnügen – Marcus, der erst sie entkleidete und dann sich selbst, bis ihrer beider Kleidung zusammen auf dem Boden lag, und der sie auf ein breites Bett hob, mit watteweichen Kissen und glattem weißem Leinen. Dies war mit Sicherheit ein Traum, denn Menschen liebten einander nur im Dunkeln, und die Nachmittagssonne schien ins Zimmer.
Marcus war neben ihr, beugte sich über sie, küsste sie so langsam und genussvoll, dass sie nicht zu sagen vermochte, wann der eine Kuss anfing und der andere endete. Sein nackter Leib schmiegte sich der Länge nach an sie, erschreckend in seiner Kraft, hart wie Stahl unter ihren forschenden Händen. Hart und doch seidenweich, glühend wie im Fieber – sein Körper war eine Offenbarung. Die kleinen Haare auf seiner Brust kitzelten sie, als er sich über sie beugte. Langsam, sehr allmählich nahm er mit seinen Küssen ihren Körper in Besitz.
Ihr schien, als hätte sich sein Geruch – und natürlich auch der ihre – in der Hitze der Leidenschaft verändert, als hafte ihm jetzt etwas Salziges an, das jeden Atemzug mit einem erotischen Hauch versah. Sie presste ihr Gesicht an seine Kehle und holte tief Luft. Marcus – dieser Traummann war nicht der selbstherrliche englische Adelige, sondern ein zärtlicher, kühner
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