Herbstfeuer
Oder vielleicht auch so viel.“ Traurig sah sie die Flasche an. „Jetzt ist nur noch die Birne übrig.“ Sie schüttelte die Flasche, sodass die runde Frucht hin und her rutschte. „Ich will sie essen“, erklärte sie.
„Sie ist nicht zum Essen da. Sie soll nur – Lillian, geben Sie mir das verdammte Ding.“
„Ich werde sie essen.“ Lillian torkelte leicht von ihm fort, wobei sie die Flasche immer heftiger schüttelte. „Wenn ich sie nur herausbekommen könnte …“
„Das können Sie nicht. Das ist unmöglich.“
„Unmöglich?“, spottete sie und drehte sich herum. „Sie haben Diener, die das Hirn aus einem Kalb entfernen können, aber sie können eine Birne nicht aus einer Flasche holen? Das glaube ich nicht. Schicken Sie nach einem Ihrer Unterdiener – pfeifen Sie einfach – oh, ich vergaß. Sie können nicht pfeifen.“ Sie sah ihm ins Gesicht, kniff die Augen zusammen und betrachtete seinen Mund. „Das ist das Albernste, was ich je gehört habe. Jeder kann pfeifen. Ich werde es Ihnen zeigen. Gleich jetzt. Spitzen Sie die Lippen. So. Spitzen – sehen Sie?“
Sie schwankte, und Marcus fing sie auf. Als er ihre schönen gespitzten Lippen ansah, wurde ihm warm ums Herz und auch sonst überall. Himmel, er war es so leid, gegen sein Begehren anzukämpfen. Es war erschöpfend, etwas so Überwältigendes zu bekämpfen. Genauso gut könnte man versuchen, nicht zu atmen.
Ernsthaft sah Lillian ihn an und schien verwirrt, als er nicht gehorchte. „Nein, nein, nicht so. So!“ Die Flasche fiel auf den Teppich. Sie streckte die Hand nach seinem Mund aus und versuchte, seine Lippen mit den Fingern nachzuzeichnen. „Legen Sie die Zunge an den Rand Ihrer Zähne und – es geht um die Zunge, wirklich. Wenn Sie eine geschickte Zunge haben, werden Sie ein sehr, sehr guter …“, sie wurde kurz unterbrochen, weil er sie rasch küsste, Pfeifer werden. Mylord, ich kann nicht sprechen, wenn Sie …“ Er berührte ihren Mund noch einmal mit seinen Lippen und kostete ihren Atem, der nach Brandy schmeckte.
Hilflos lehnte sie sich an ihn, schob die Finger in sein Haar, während ihr Atem in immer heftigeren Stößen seine Wange streifte. Brennende Erregung erfasste ihn, als der Kuss intensiver wurde. Tagelang hatte er immer wieder an ihre Begegnimg in dem versteckten Garten denken müssen – wie zart sich ihre Haut unter seinen Händen angefühlt hatte, ihre kleinen, festen Brüste, ihre kräftigen Schenkel. Er wollte fühlen, wie sie sich um ihn wand, wollte ihre Hände auf seinem Rücken spüren, ihre Knie an seinen Hüften. Wollte ihre feuchte Wärme spüren, wenn er in ihr war.
Lillian bog den Kopf zurück und sah ihn aus erstaunten Augen an. Ihre Lippen schimmerten rot. Sie strich über seine Wangen, und ihre Finger fühlten sich auf seiner glühenden Haut kühl an. Er neigte den Kopf und schmiegte sich an ihre Hand. „Lillian“, flüsterte er, „ich habe versucht, dich in Ruhe zu lassen. Aber ich halte es nicht mehr aus. In den vergangenen zwei Wochen habe ich mich tausendmal gezwungen, nicht zu dir zu gehen. Egal wie oft ich zu mir sage, dass du nicht zu mir passt …“ Er hielt inne, weil sie sich plötzlich bewegte, sich herumdrehte und versuchte, auf den Boden zu sehen. „Egal, was – Lillian, hörst du mir zu? Wonach zum Teufel suchst du da?“
„Meine Birne. Ich habe sie fallen gelassen, und – oh, da ist sie.“ Sie löste sich von ihm und ließ sich auf Hände und Knie sinken, um unter einen Stuhl greifen zu können. Dann zog sie die Brandyflasche heraus, setzte sich auf den Boden und hielt die Flasche auf ihrem Schoß fest.
„Lillian, vergiss diese verdammte Birne!“
„Was glauben Sie, wie die Birne da hineingekommen ist?“ Versuchsweise schob sie ihren Finger in die Öffnung der Flasche. „Ich verstehe nicht, wie etwas so Großes in ein so kleines Loch passt.“
Marcus schloss die Augen, um die auflodernde Leidenschaft zurückzudrängen, und mit heiserer Stimme erwiderte er: „Sie – sie hängen sie direkt an die Bäume. Die Frucht wächst – im Innern der Flasche.“ Er öffnete die Augen wieder und sah, wie sie ihren Finger tiefer in die Flasche schob. „Wächst …“, zwang er sich fortzufahren, „bis die Frucht reif ist.“
Lillian wirkte ein bisschen zu beeindruckt von dieser Information. „Tatsächlich? Das ist das Klügste, Klügste … eine Birne in ihrer eigenen kleinen – o nein.“
„Was ist?“, fragte Marcus durch zusammengepresste
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