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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Fuß, und ich fragte ihn, ob er eigentlich schon über seine eigene
Situation nachgedacht habe. Da brach ihm der Boden unter den Füßen weg. Unsre
Beziehung danach war nicht mehr dieselbe. Soweit es mir möglich war, ging ich
ihm aus dem Weg, aber er stellte mir trotzdem immer wieder nach. Konnte oder
wollte nicht auf mich verzichten.«
    »Bleiben wir doch bei Kummetinger«, erinnerte sie Jacobi sanft.
    Sie runzelte die Stirn. »Denken Sie vielleicht, es macht mir Spaß,
mein Privatleben hier vor Ihnen auszubreiten? Ich erwähne den Bruch mit Franz,
um zu erklären, warum ich mit der Grabowsky-Geschichte zu Schremmer gegangen
bin und nicht zu ihm.«
    »Woher kennen Sie Schremmer?«
    »Den Kurt?« Sie lachte wie über einen guten Witz. »Das ist schon
sehr lang her. Er war der erste Mann in meinem Leben. Ich meine, der erste richtige Mann. Ich war damals noch keine sechzehn. Aber
auch später kreuzten sich unsre Wege hin und wieder, und wir riefen einander
an, wenn einer den anderen brauchte. Kurt hat mich in solchen Fällen nie im
Stich gelassen. Aber er hatte auch keine Skrupel, mich vor seinen Karren zu spannen, wenn er sich einen Vorteil davon versprach. Er ist ein
Zyniker, Sentimentalität leistet er sich höchstens, wenn er besoffen ist.«
    »Sie beschreiben ihn sehr treffend. Und dass Sie sich in einer Krisensituation
lieber an ihn wenden als an Behrens, das ist nachvollziehbar.«
    Plötzlich hörten sie von draußen das unverkennbare Geflatter eines
Hühnervogels. Hatte ein Fuchs ihn aufgestört? Jacobi erhob sich und ging zum
nächsten Fenster. Höchst unwahrscheinlich, dass die Sökos am helllichten Mittag
anrückten, aber auszuschließen war es nicht.
    Als alles ruhig blieb, setzte er sich wieder. »Zurück zum Bierbaron:
Wodurch starb er, und was passierte anschließend?«
    Jutta Dietrich verschränkte die Arme. »Bin ich wirklich
verpflichtet, darüber Auskunft zu geben? Die Angelegenheit hat mit den Sökos
nicht das Geringste zu tun.«
    Einen so naiven Einwand hatte Jacobi nicht erwartet. »Fragen Sie
mich das jetzt im Ernst, oder ist es Ihnen nur peinlich, darüber zu reden?«
    »Sowohl als auch.«
    Jacobi nahm sich vor, noch genauer hinzuhören. Warum zickte Jutta
Dietrich plötzlich so herum? Am Weiher war sie gar nicht so prüde gewesen.
Wollte sie vielleicht den beim Koitus entschlafenen Bierbaron interessant
machen, um von etwas anderem abzulenken?
    »Frau Dietrich, ich bin hinter einer Gruppe von Mördern her, deren
Blutspur fast alles Vergleichbare in den Schatten stellt. Jedes Detail kann
eine Rolle spielen. Und als Blümchen Rührmichnichtan sind Sie in dieser
Groteske ohnehin fehlbesetzt. Meinen Sie nicht?«
    Sie zuckte mit den Schultern, wobei das linke Revers ihres
Bademantels ein wenig zur Seite rutschte und den Blick auf eine atemberaubend
geformte Brust freigab.
    »Wenn Sie’s sagen. Also gut: Was Sandra Ihnen erzählt hat, stimmt im
Großen und Ganzen. Bodo hat beim Sex mit mir einen tödlichen Infarkt erlitten.
Es war ein Sekundentod.«
    »Aber als Krankenschwester wussten Sie doch, dass Sex für den
Patienten absolut lebensgefährlich war«, sagte er, den reizvollen Blickfang
geflissentlich übersehend.
    »Das wussten wir beide . Aber Bodo wollte
es trotzdem. Er hat sich gewünscht, in meinen Armen zu sterben. Wenn es sein
sollte, sollte es so sein. Wenn nicht, dann eben nicht.«
    »Ich bitte Sie! Verschonen Sie mich mit solchen Klischees! Da wird
einem ja übel. Niemand provoziert absichtlich einen tödlichen Infarkt.«
    »Bodo Kummetinger war kein Niemand. Sein Tod war vorhersehbar. Seine
Herzkranzgefäße waren komplett zu. Chiuso! Capito? Aber den Augenblick des Todes wollte er, soweit es
ging, selbst bestimmen. Bodo war ein Epikureer, ein Hedonist. Und das wollte er
bis zum letzten Atemzug auch bleiben. Denken Sie etwa, ich hab sofort Ja
gesagt? Es hat Tage gedauert, bis er mich so weit hatte. Wie todernst es ihm
war – im wahrsten Sinne des Wortes –, bewies er durch die Schenkung, die er
ohne mein Wissen im Voraus getätigt hatte.«
    »Auch wenn die Zuwendung im Voraus erfolgte, bleibt ein Odium von
Hostessenservice. Mit Sicherheit aber war das, was Sie getan haben, Beihilfe
zur Selbsttötung. Dafür können Sie belangt werden. Ihre Karriere als
Diplomkrankenpflegerin dürfte damit beendet sein.«
    »Das ist noch lange nicht heraußen. Es handelte sich um einen
Liebesakt, der zum Tod führte, wobei die Risiken den Beteiligten bewusst waren.
Bodo wollte nicht sterben, aber

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