Herbstmilch
früh aufstehen, um daheim seine Arbeit zu machen. Um halb sechs mußte man draußen sein, und es wurde sieben Uhr abends, bis man wieder heimkam. Das war harte Arbeit und viel Staub.
Es war Herbst, und ich mußte inzwischen die ganze Feldarbeit machen. Es dauerte aber nicht lange, und ich wurde von den Leuten gelobt, weil auch ein Mann nicht schöner geackert hat als ich.
*
Nun war es soweit, daß mein Mann an die Front mußte und noch einmal in Urlaub kam. Da packten wir unsere Hochzeitssachen ein und fuhren mit dem Rad zum Fotografen und taten, als wäre unser Hochzeitstag, weil der Bruder meines Mannes ja damals nicht hatte kommen können. Mein Mann nahm dann ein Bild mit in den Krieg und hat es sechs Jahre dabeigehabt. Er schrieb mir jeden Tag, aber dann wurden die alten Leute böse, weil die Briefe an mich adressiert waren, und so schrieb er beide Namen drauf, da konnten sie schon lesen, wenn ich noch auf dem Feld war.
Aber meine Schwiegermutter mochte mich nicht vor lauter Eifersucht. Du hast mir meinen Bub genommen, mußte ich immer wieder hören. Mein Mann hat natürlich auch Briefe geschrieben, die nur für mich waren, die habe ich dann versteckt, aber die Schwiegermutter suchte so lange, bis sie die Briefe gefunden hatte. Die beiden Onkel waren gut zu mir, die Tante Lini aber hat sich von der Schwiegermutter schon aufhetzen lassen, und dann waren beide gegen mich, auch wenn sie im Unrecht waren.
Als ich von zu Hause wegging, hatte mein Vater zu mir gesagt, wenn du dir von den alten Leuten alles gefallen läßt und nichts sagst, dann kommst du schon mit ihnen aus. Das habe ich meinem Vater versprochen und auch gehalten. Es war oft schwer, wenn mir die Weiber so unrecht getan haben.
Am Sonntag hatte ich jetzt nie einen Feiertag. Morgens die Stallarbeit, dann schnell mit dem Rad zur Kirche und gleich wieder heim, kochen, nachmittags die Wäsche machen, die Männer rasieren, Haare schneiden, ihnen die Füße waschen und Nägel schneiden. Wenn ich dann mit meiner Wäsche nicht fertig war, sagte die Schwiegermutter gleich, jaja, an Werktagen und Sonntagen nimmst du dir keine Zeit, und andere Tage gibt es nicht, eine Schlampe bleibt eben überall hängen. Sie hatte immer ein passendes Wort. Aber ich hörte auf meinen Vater und sagte nichts. Nur ganz selten ging ich zu Besuch in mein Elternhaus, zu meinen Geschwistern, und habe mich nie bei ihnen beklagt.
Im nächsten Sommer kam mein Mann in Urlaub. Eines Tages machte ich die Betten, und die Schwiegermutter stand mit meinem Mann direkt unter dem offenen Fenster. Da hörte ich, wie sie zu ihm sagte, Albert, ich kann dich nicht verstehen, wie du diese Frau geheiratet hast. Schau doch, wie sie geht, sie macht ja einen Buckel, und die Knie hängen ihr vor, du hättest doch eine Bauerstochter bekommen können. Da sagte mein Mann, Mutter, ich weiß nicht, was du gegen sie hast, ich mag sie gern, und fleißig ist sie auch. Selbst wenn er in Urlaub war, sagte sie öfter, warte nur, wenn er erst wieder fort ist, dann helfen wir dir schon wieder.
In diesem Urlaub kaufte mir mein Mann einen hübschen Stoff für ein Sommerkleid. Das war gar nicht so leicht, weil alles auf Kleiderkarte ging. Nur weil er Fronturlauber war, hat er ihn bekommen. Das Kleid war hübsch geblümt, und ich bekam noch ein Jäckchen dazu. Eine Bekannte in der Stadt hat uns damit fotografiert, und mein Mann hat diese Bilder auch immer dabeigehabt. Dann war der Urlaub zu Ende, und ich habe ihn wieder zum Bergerl hinbegleitet. Ich habe immer gelächelt, damit es ihm nicht so schwerfallen soll, dann habe ich mich umgewendet und bin in Tränen zurückgegangen. Doch über mir haben die Krähen geschrien, das war ein gutes Zeichen.
Dann kam der Sonntag, ein schöner Sonnentag. Ich zog nun das neue Sommerkleid zum Kirchgang an. Als ich die Treppe herunterkam, stand meine Schwiegermutter schon unten und erwartete mich. Sie hatte ein Nervenleiden, und ihre Zunge zuckte immer aus dem Mund, wie bei einer Schlange. Mit diesem Kleid gehst du mir nicht zur Kirche, sagte sie, du bist nun eine verheiratete Frau, da ziehst du mir so was Helles nicht an. Ich ging zurück und zog ein anderes Kleid an. Als ich wieder herunterkam, sagte sie, augenblicklich gehst du und ziehst ein anderes an, so kommst du mir nicht aus dem Haus. Da zog ich mich zum dritten Mal um. Nach dem fünften Mal sagte ich, Mutter, nun habe ich kein Kleid mehr, kann ich jetzt gehen? Da ließ sie mich gehen. Auf dem ganzen Weg zur Kirche
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