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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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nicht folgen darf. Leo hat
mir beschrieben, wie sie miteinander tanzen und der schöne Oran Rosana danach die
Hand hinhält, damit sie einschlägt und mit ihm geht. Das ist die Szene, wo sie dieses
unglaubliche Kleid trägt und in der es vor Erotik knistert. Ich habe gesagt, Rosana
soll in diesem Bild schwarze Spitzenhandschuhe tragen. Dabei muss es wohl passiert
sein. Wir haben einfach die Szene nachgespielt.«
    »Verdammt
viele Worte, Rosa.«
    »Du wolltest
doch wissen, was los ist«, stöhne ich. Anscheinend hat sie sich ihre Meinung gebildet
und glaubt mir sowieso nicht – egal, was ich erzähle.
    »Ein schlichtes
Nein hätte es auch getan.«
    »Weißt du
was?«, frage ich sauer. »Glaub, was du willst. Ich habe nichts mit Leopold Weidenhain.«
    »Stand das
denn irgendwie zur Debatte?«
    Himmelherrgott,
das kann doch nicht …
    Ich drehe
mich erschrocken um. Hinter mir lehnt lässig Basti im Türrahmen. Wer weiß, wie lange
er Vicki und mir schon zuhört.
    »Nö, stand
es gar nicht«, sagt meine Freundin und kichert dabei hysterisch, sodass der letzte
Blödmann sehen kann, dass sie lügt.
    Ich merke,
wie ich feuerrot anlaufe, und das macht die Situation ebenfalls nicht besser. Ich
könnte Vicki zum Mond schießen, samt ihrer blöden B.Z., die ich nach wie vor aufgeschlagen
in der Hand halte.
    Basti bleibt
gelassen. »Ich muss gleich los, Rosa«, sagt er. »Trinken wir zusammen einen Kaffee
vorher?«
    Vicki verschwindet
eilig aus der Küche. Ich zerknülle die Zeitung und stopfe das Teil so unauffällig
wie möglich in den Mülleimer. Dann stelle ich die Kaffeemaschine an. Der Lärm des
Mahlwerkes übertönt Basti, der gerade etwas sagt.
    »Wie bitte?«,
frage ich und gieße fahrig die Hälfte der Milch neben die Tassen.
    »Nichts«,
sagt Basti. »War nicht wichtig.«
    Schweigend trinken wir unseren Milchkaffee. Dann geht er
duschen und muss bald darauf los ins Krankenhaus.
    Als ich später den Kaffeesatzbehälter in den Mülleimer leere,
sehe ich, dass die B.Z. weg ist. Verdammter Mist!
     
    *
     
    Als ich am
Montag zur Arbeit fahre, ist meine gute Laune vom Freitag komplett dahin. Basti
hat sich das ganze Wochenende über nicht mehr gemeldet. Wahrscheinlich hat er das
Klatschblatt aus dem Mülleimer geholt und prompt das ›hübsche‹ Foto von Leo und
mir entdeckt. Jetzt denkt er sich bestimmt genauso einen Schwachsinn aus wie Vicki
und dieser blöde B.Z.-Reporter, der zu viel Fantasie und zu wenig Ahnung hat. Umgekehrt
wäre für einen Journalisten echt angebrachter.
    Ich habe mehrmals auf Bastis Mailbox gesprochen, aber er
hat nicht zurückgerufen.
    Allerdings ist heute die große Tumoroperation bei der Patientin
aus der Ukraine. Ich weiß, dass Basti deswegen wahnsinnig viel zu tun hat. Vielleicht
hat er einfach keine Zeit, sich bei mir zu melden.
    In der U-Bahn versuche ich es noch einmal bei ihm. »Hey,
Basti«, flirte ich auf die Mailbox. »Ich wollte dir Glück wünschen für heute und
deiner Patientin natürlich auch. Ich weiß, du wirst das sehr gut machen. Ich küss’
dich.«
    So! Das
war richtig nett. Er muss einfach spüren, wie sehr ich ihn liebe. Dass in manchen
Zeitungen nur Mist steht, sollte er von seiner eigenen Mutter wissen.
    Ich habe
ein gutes Gefühl, was Basti anbelangt.
    Doch als
Leo in die Werkstatt kommt, bin ich schlagartig total befangen.
    »Lass uns
nachher ins Coa gehen, Rosa«, sagt er. »Gegen Zwölf, ja?«
    Er guckt
mir neugierig über die Schulter. Ich kann sein Eau de Toilette riechen. Es passt
zu ihm.
    Tina und
ich haben uns heute die ersten Klamotten von Ben und Rosana, dem Musical-Liebespaar,
vorgenommen. Ich schneide gerade Bens Hose zu – eine einfache beige Chino. Dazu
wird er ein weißes Hemd tragen und um den Hals ein locker eingedrehtes, hellblaues
Tuch. Ich möchte, dass die beiden am Anfang ganz natürlich wirken, fast unschuldig,
was einen tollen Kontrast gibt zu der wollüstigen, blutigen Welt der Vampire, in
die sie schon bald unfreiwillig Einzug halten werden.
    Marlene
ist am Zeichentisch.
    »Ich … ich,
ähm, will nicht ins Coa«, stottere ich und sehe, dass mich Tina verblüfft anguckt.
    »Okay?«,
antwortet Leo leicht verwundert. »Was schlägst du vor?«
    »Ich schlage
vor, dass ich hierbleibe und meine Arbeit mache.«
    Leo fängt
an zu lachen. Aber es hört sich kein bisschen amüsiert an. »Alles klar«, sagt er.
Es klingt scheinheilig. »Deine Arbeit. So, so! Und dazu brauchst du deinen Regisseur
neuerdings nicht mehr?«
    Als ich
sehe, dass Marlene

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