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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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Teller mit Brötchen, Käse
und Marmelade.
    Er sieht
blass aus. Ich knete unter dem Tisch meine Handtasche und warte darauf, dass mir
irgendeine Erklärung dafür einfällt, warum wir beide hier vor den Scherben unserer
Beziehung sitzen. Mir fällt nichts ein, außer dass es einfach passiert ist,
dass es wie eine Welle über uns kam und uns einfach mitgerissen hat, ohne dass wir
eine Chance hatten, uns zu wehren. Was dieses mysteriöse ›Es‹ eigentlich ist, weiß
ich allerdings nicht. Vielleicht der Alltag? Der ist doch immer an allem schuld.
    Irgendwie
ein tröstlicher Gedanke. Keiner von uns muss sich schuldig fühlen. Nein, es ist
eine Ausrede, weiter nichts.
    »Du bist
nicht schuld«, sage ich leise zu Basti. »Du hast nichts falsch gemacht.«
    Er lächelt.
Es sieht bitter aus. »Und du bist jetzt mit Leopold Weidenhain zusammen?«
    »Ich weiß
nicht, was das mit ihm und mir ist«, antworte ich, in der Hoffnung, dass ihm diese
schwammige Aussage vielleicht weniger wehtut.
    Basti holt
eine B.Z. aus seiner Tasche und blättert sie auf. ›Seine Neue ist Schneiderin‹,
lautet die Überschrift und darunter prangt ein großes Foto von Leo und mir, auf
dem wir uns küssen. Es war gar kein Tourist, der uns gestern Morgen fotografiert
hat.
    »Es wäre
mir lieber gewesen, das von dir zu erfahren.«
    »Es ging
alles so schnell«, antworte ich. »Ich … Verzeihst du mir?«
    »Da gibt
es nichts zu verzeihen, Rosa. Das kommt vor.«
    »Ja …«
    »Ich hätte
nur nicht gedacht, dass es uns passiert, nach allem, was … was mir miteinander hatten.
Es hat mich ziemlich kalt erwischt.«
    Ich bin
eine blöde Kuh, diesen wunderbaren Mann so zu verletzen. Würde er toben, brüllen,
rasen und widerlich zu mir sein … Es wäre leichter für mich, das hier durchzustehen.
Aber dass er so ruhig wirkt und dennoch sichtbar leidet, das macht mich fertig.
    »Ich muss
los«, sage ich und stehe schnell auf. »Es tut mir leid, Basti. Du bist ein richtig
toller Mann. Aber du hast recht. Ich bin mit Leo zusammen – und ich liebe ihn.«
    Als ich
verheult und rotznäsig aus dem Restaurant flüchte, sehe ich, dass jemand zu Jola
in die Werkstatt geht. Es sieht aus, als wäre es Marlene.
    Na toll!
Jetzt sehe ich auch noch Gespenster.
     
    *
     
    Die Wochen
verfliegen. Die Weihnachtszeit und die Premiere unseres Musicals rücken näher. Leo
und ich verbringen so viel Zeit wie möglich miteinander, doch alles in allem ist
es recht wenig. Er ist einfach immer unterwegs – Leute treffen, Party machen,
kurz mal über den großen Teich für die Vorbereitungen seines nächsten Films … Manchmal
begleite ich ihn, meistens nicht. Die Rolle der lächelnden, aber nichtssagenden
Frau an seiner Seite liegt mir nicht. Ich habe es ein-, zweimal probiert, kam mir
jedoch blöde dabei vor. Wenn es um Musicaltermine geht, ist das etwas anderes. Da
bin ich immer dabei, denn ich bin ja ein Teil des Teams und trage nicht unwesentlich
zum Gelingen des Projektes bei.
    Heute wird Leo aber endlich einmal vor Mitternacht zu Hause
sein.
    Ich habe
gebadet, mich eingecremt und warte, in schöne Wäsche gehüllt, auf meinen Traummann,
der demnächst eintrudeln müsste.
    Manchmal
langweile ich mich, wenn Leo nicht im Haus ist. Ich mag mein Zimmer und die prächtige
Villa mit dem großen Garten. Doch es ist anders als bei Vicki. Da war ich zu
Hause, hier fühle ich mich nach wie vor wie ein Gast.
    Vicki fehlt
mir.
     
    Ich habe eine Weile darauf gewartet,
dass sie mich anruft und mir sagt, dass ich zu ihr zurückkommen soll. Jedes Mal,
wenn mein Handy klingelte, dachte ich, sie sei dran. Na gut, beschloss ich eines
Tages, als ich ihr Schweigen nicht mehr aushielt, dann melde ich mich eben. Seitdem
habe ich meine Freundin mehrmals – nein, laufend – angerufen. Sie ist jedoch weder
rangegangen, noch hat sie mich zurückgerufen.
    Offensichtlich
braucht sie noch immer Zeit, um auf mich zugehen zu können. Auch die anderen Leute,
die mir vor Kurzem noch unendlich wichtig waren, habe ich kaum mehr gesehen.
     
    Die Theaterwelt hat mich ziemlich
aufgesaugt, während mein altes Leben mich scheinbar ausgespuckt hat. Ich bin mir
nicht sicher, ob ich dauerhaft so weiterleben möchte.
    Kann ich
nicht beides miteinander in Einklang bringen?
    Die einzige
Verbindung zu Vicki und ›früher‹ ist im Moment leider nur noch Augustas Tagebuch.
In letzter Zeit nehme ich es wieder öfter in die Hand. Nach wie vor reizt es mich,
mehr über ihr Schicksal herauszufinden. Dann könnte ich Vicki

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