Hercule Poirot schläft nie
– wollen wir es ei n mal so nennen.«
In das darauf folgende Schweigen hinein tönte ein lang gezogenes Ächzen. Der eben noch so selbstsichere Major Eustace stieß in verzweifeltem Ton hervor: »Ich bin erl e digt.«
Hercule Poirot rieb sich die Hände und lächelte ve r gnügt. Irgendetwas schien ihn sehr zu erheitern.
9
»Fabelhaft, wie der Bursche zusammengeklappt ist«, b e merkte Japp mit einem Anflug von Berufsstolz, während er einige Zeit später an diesem Tag mit Poirot die Brom p ton Road hinunterfuhr.
»Er wusste, das Spiel war aus«, erwiderte Poirot geiste s abwesend.
»Wir haben eine ganze Menge gegen ihn in der Hand«, erklärte Japp zufrieden. »Zwei oder drei falsche Namen, Scheckbetrug und eine sehr hübsche Geschichte mit e i nem längeren Aufenthalt im ›Ritz‹, wo er sich Oberst de Bathe nannte und ein halbes Dutzend Geschäftsleute betrog. Wir nehmen das vorläufig als Haftgrund – bis die andere Sache endgültig geklärt ist. Was bezwecken Sie eigentlich mit unserer Fahrt, alter Knabe?«
»Lieber Freund, ein Fall muss säuberlich abgeschlossen werden. Jedes einzelne Detail ist aufzuklären. Ich bin auf der Spur des Geheimnisses, von dem Sie neulich spr a chen: das Geheimnis des verschwundenen Köfferchens.«
»Das Geheimnis des kleinen Koffers – so habe ich es genannt. Er ist nicht verschwunden, soviel ich weiß.«
»Warten Sie’s ab, mon ami.«
Der Wagen bog in die Seitengasse ein. Vor der Haustür von Nummer vierzehn stieg Jane Plenderleith gerade aus einem blauen Austin Seven. Sie trug Golfkleidung.
Sie blickte von einem der beiden Männer zum anderen, dann holte sie einen Schlüssel aus der Tasche und schloss die Haustür auf.
»Kommen Sie bitte herein.«
Sie ging voraus. Japp folgte ihr ins Wohnzimmer. Poirot blieb für ein paar Minuten in der Diele zurück, wo man ihn murmeln hörte: » C’est embêtant – wie schwer man aus diesen Ärmeln herauskommt!«
Gleich darauf trat er ohne Mantel ins Wohnzimmer. Japps Lippen unter dem Schnurbart zuckten leicht. Er hatte kurz vorher das schwache Knarren einer Schranktür gehört.
»Wir wollen Sie nicht lange aufhalten, Miss Plende r leith«, sagte Japp rasch. »Wir sind nur gekommen, um Sie zu fragen, ob Sie uns den Namen von Mrs Aliens Anwalt nennen können.«
»Den Namen ihres Anwalts?« Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Ich weiß gar nicht, ob sie einen hatte.«
»Als sie das Haus hier mit Ihnen mietete, muss ihr doch jemand den Mietvertrag aufgesetzt haben.«
»Nein, ich glaube nicht. Sehen Sie, ich habe das Haus gemietet, der Mietvertrag läuft auf meinen Namen. Ba r bara hat mir einfach die halbe Miete bezahlt. Es war eine ganz formlose Vereinbarung.«
»Ich verstehe. Na ja, da kann man nichts machen.«
»Tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann«, sagte Jane höflich.
»Es ist im Grund nicht so wichtig.« Japp wandte sich zur Tür.
»Sie waren beim Golfspielen?«
»Ja.« Sie errötete. »Wahrscheinlich finden Sie das zie m lich herzlos von mir. Aber ehrlich gesagt, mir ist hier im Haus fast die Decke auf den Kopf gefallen. Ich hatte das Gefühl, ich müsste weg von hier und etwas tun – sonst wäre ich erstickt!«
»Ich verstehe, Mademoiselle«, entgegnete Poirot schnell. »Das ist überaus begreiflich – überaus natürlich. Im Haus zu sitzen und zu grübeln – nein, das wäre nicht angenehm.«
»Wenn Sie’s nur verstehen«, sagte Jane kurz.
»Sie sind Mitglied eines Clubs?«
»Ja. Ich spiele in Wentworth.«
»Es war ein angenehmer Tag heute.«
»Ach, jetzt sind nur noch wenig Blätter an den Bäumen! Vor einer Woche waren die Wälder wirklich noch prach t voll.«
»Heute war es auch sehr schön«, bemerkte Poirot.
»Guten Tag, Miss Plenderleith«, sagte Japp förmlich. »Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn wir Genaues wissen. Allerdings haben wir bereits einen Verdächtigen festg e nommen.«
»Wen?« Sie sah ihn gespannt an.
»Major Eustace.«
Sie nickte. Dann bückte sie sich mit abgewandtem G e sicht und hielt ein Streichholz an das aufgeschichtete Holz im Kamin.
»Nun?«, fragte Japp, während der Wagen um die Str a ßenecke bog. Poirot schmunzelte: »Es war ganz einfach. Diesmal steckte der Schlüssel.«
»Und…?«
»Eh bien.« Poirot lächelte. »Die Golfschläger waren fort.«
»Natürlich. Diese Frau mag manches sein, dumm ist sie jedenfalls nicht. War sonst noch etwas verschwunden?«
Poirot nickte. »Ja, mein Freund – der kleine Koffer!«
Japp trat
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