Hercule Poirot schläft nie
wusste außer mir niemand von der ganzen Geschichte.
Und dann tauchte plötzlich dieser grässliche Eustace auf! Den Rest kennen Sie. Er begann sie systematisch zu schröpfen, doch erst an jenem letzten Abend wurde ihr klar, dass sie auch Charles dem Risiko eines Skandals au s setzte. War sie erst einmal mit Charles verheiratet, so ha t te Eustace sie genau da, wo er sie haben wollte – verhe i ratet mit einem reichen Mann, dem vor jedem Skandal graute! Als Eustace mit dem Geld, das sie ihm besorgt hatte, gegangen war, blieb sie sitzen und dachte über alles nach. Dann ging sie nach oben und schrieb mir einen Brief. Darin sagte sie, sie liebe Charles und könne ohne ihn nicht leben, aber um seinetwillen dürfe sie ihn nicht heiraten. Sie wähle daher den einzigen Ausweg, der ihr übrig bleibe.«
Jane schwieg einen Augenblick. Dann warf sie den Kopf in den Nacken und fuhr heftig fort. »Kann es Sie da noch wundern, dass ich so gehandelt habe? Und Sie st e hen da und nennen es Mord!«
»Weil es einer ist«, antwortete Poirot streng. »Ein Mord kann einem bisweilen gerechtfertigt erscheinen, aber de n noch bleibt es Mord. Sie sind eine wahrheitsliebende Frau mit klarem Verstand, Mademoiselle – seien Sie ehrlich gegen sich selbst! Ihre Freundin ist letzten Endes gesto r ben, weil sie nicht den Mut hatte zu leben. Wir mögen mit ihr sympathisieren. Wir mögen sie bedauern. Aber die Tatsache bleibt bestehen – sie selbst hat die Tat begangen und niemand sonst.« Er machte eine Pause. »Und Sie? Der Mann ist nun in Haft; er wird wegen anderer Delikte zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt werden. Wollen Sie wirklich mit voller Absicht das Leben – das Leben, wohlgemerkt – eines Menschen vernichten?«
Sie starrte ihn unverwandt an. Ihre Augen verdunkelten sich. Plötzlich murmelte sie: »Ja, Sie haben Recht. Das will ich nicht.«
Dann sprang sie auf und stürzte aus dem Zimmer. Die Wohnungstür fiel hart ins Schloss…
Japp stieß einen langen, einen sehr langen Pfiff aus.
»Donnerwetter!«, sagte er.
Poirot setzte sich und lächelte ihn freundschaftlich an. Es dauerte eine ganze Weile, ehe Japp das Schweigen brach.
»Also nicht ein als Selbstmord getarnter Mord, sondern ein Selbstmord, der wie Mord aussehen sollte!«
»Ja, und sehr geschickt gemacht dazu. Nichts war au f fällig oder übertrieben.«
»Aber das Köfferchen?«, fragte Japp plötzlich. »Was hatte das mit der Sache zu tun?«
»Aber mein lieber, hoch geschätzter Freund, ich sagte Ihnen doch schon, es hat nicht das geringste damit zu tun.«
»Weshalb dann…«
»Die Golfschläger! Die Golfschläger, Japp! Es waren die Golfschläger einer Linkshänderin. Jane Plenderleith hatte ihre Schläger in Wentworth. Die anderen gehörten Barbara Allen. Kein Wunder, dass die junge Frau in Panik geriet, als wir den Wandschrank öffneten. Ihr ganzer Plan hätte scheitern können. Aber geistesgegenwärtig, wie sie ist, wurde ihr sofort klar, dass sie sich für einen kurzen Augenblick verraten hatte. Sie sah, was wir sahen. Also tut sie das Klügste, was ihr im Moment einfällt. Sie ve r sucht, unsere Aufmerksamkeit auf das falsche Objekt zu lenken. Sie behauptet von dem Köfferchen: ›Es gehört mir – ich habe es heute Morgen mitgebracht, da kann also nichts drin sein.‹ Und, wie sie gehofft hat, lassen Sie sich auf eine falsche Fährte locken. Aus dem gleichen Grund benützt sie am folgenden Tag als sie losfährt, um die Golfschläger fortzuschaffen, den Koffer abermals zur Irreführung.«
»Sie meinen also, ihre wirkliche Absicht war…«
»Überlegen Sie, mein Freund. Was ist der beste Platz, um eine Tasche voll Golfschläger loszuwerden! Man kann sie weder verbrennen, noch in die Mülltonne werfen. Wenn man sie irgendwo stehenlässt, bekommt man sie womöglich wieder. Miss Plenderleith nahm sie mit auf den Golfplatz. Während sie sich zwei Schläger aus ihrer eigenen Tasche holt, lässt sie die anderen im Clubhaus. Dann geht sie ohne Caddie auf den Platz. Dort bricht sie die fremden Schläger nach und nach entzwei und wirft sie an geeigneter Stelle ins Gebüsch, und ebenso schließlich auch die leere Tasche. Sollte man später da und dort e i nen zerbrochenen Golfschläger finden, so würde sich kein Mensch darüber wundern. Man hat schon Leute gekannt, die in schierer Verzweiflung über eine misslu n gene Partie Golf alle Schläger zerbrochen und fortgewo r fen haben! Das liegt nun einmal in der Natur dieses Sports!
Da Jane
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