Hercule Poirot schläft nie
folgte genau dem konventionellen Muster. Man hätte sie wirklich nicht als brillant bezeic h nen können. Etwas entfernt von ihnen setzte Valentine Chantry sich auf. Mit der einen Hand hielt sie den Bad e anzug über der Brust zusammen. Sie gähnte, ein breites und doch zartes, katzenhaftes Gähnen, und dann sah sie gleichgültig den Strand entlang. Ihre Augen glitten über Marjorie Gold hin – und blieben nachdenklich an Dou g las Golds blondem Lockenkopf hängen. Sie bewegte g e schmeidig die Schultern und sagte, etwas lauter als nötig:
»Tony, Liebster, ist sie nicht herrlich – die Sonne? Ich bin früher sicher einmal eine Sonnenanbeterin gewesen, glaubst du nicht auch?«
Ihr Mann brummte eine Antwort, die die anderen nicht verstehen konnten. Valentine Chantry fuhr mit ihrer h o hen, schleppenden Stimme fort:
»Bitte, zieh doch das Handtuch gerader, ja, Liebster?«
Sie nahm sich unendlich viel Mühe, ihren schönen Körper wieder in die richtige Lage zu bringen. Douglas Gold sah jetzt zu ihr hin. Sein Blick war höchst intere s siert.
»Was für eine schöne Frau!«, zwitscherte Mrs Gold he i ter, zu Miss Lyall gewandt.
Pamela war ebenso froh, Informationen weitergeben zu können wie zu erhalten, und antwortete daher, ziemlich leise:
»Das ist Valentine Chantry, Sie wissen schon, die eh e malige Dacres. Sie ist wirklich wunderschön. Er ist ganz verrückt nach ihr – lässt sie keinen Moment aus den A u gen.«
Mrs Gold sah wieder den Strand entlang. »Das Meer ist herrlich, so blau!«, sagte sie. »Ich glaube, wir sollten jetzt hineingehen, meinst du nicht auch, Douglas?«
Er sah immer noch zu Valentine Chantry und brauchte eine Weile für seine Antwort.
»Hineingehen? Ja, schon, gleich«, erwiderte er dann ziemlich geistesabwesend.
Marjorie Gold stand auf und lief zum Wasser.
Valentine Chantry drehte sich ein wenig zur Seite und sah Douglas Gold an. Ihr roter Mund verzog sich zu e i nem kleinen Lächeln.
Douglas Golds Nacken lief etwas rot an.
»Tony, Lieber«, sagte Valentine, »macht es dir etwas aus? Ich hätte gern den kleinen Topf Gesichtscreme, er steht auf meinem Frisiertisch. Ich wollte ihn mitnehmen. Bitte, hol ihn doch – sei ein Engel!«
Der Kapitän erhob sich gehorsam und stapfte zum H o tel.
Marjorie Gold tauchte ins Wasser und rief: »Es ist wu n derbar, Douglas. So warm! Komm doch!«
»Gehen Sie nicht rein?«, fragte Pamela Lyall.
»Ich heize mich lieber erst noch etwas auf«, antwortete Mr Gold vage.
Valentine bewegte sich. Sie hob den Kopf, als wolle sie ihrem Mann etwas nachrufen, doch er verschwand gerade hinter der Mauer des Hotelgartens.
»Am liebsten gehe ich erst zum Schluss ins Wasser«, e r klärte Gold.
Mrs Chantry setzte sich wieder auf und ergriff eine Fl a sche Sonnenöl. Sie hatte etwas Mühe mit dem Offnen – der Deckel schien sich all ihren Anstrengungen zu wide r setzen. »Mein Gott, ich krieg’s nicht auf!«, sagt sie laut. Dann sah sie zu der Gruppe hinüber. »Könnte vie l leicht…«
Galant wie immer erhob sich Poirot, doch Douglas Gold hatte den Vorteil auf seiner Seite, jünger und b e weglicher zu sein. Im Handumdrehen war er bei ihr.
»Darf ich Ihnen helfen?«
»O danke…« Wieder dieses süße, träge Schleppen der Stimme. »Sie sind wirklich sehr freundlich! Ich bin so ungeschickt in solchen Dingen. Ich schraube sie immer verkehrt zu. Oh, Sie haben es geschafft? Vielen Dank…«
Hercule Poirot lächelte in sich hinein.
Er stand auf und wanderte in der entgegengesetzten Richtung am Meer entlang. Er ging nicht weit und sehr gemächlich. Als er umdrehte, kam Mrs Gold aus dem Wasser und gesellte sich zu ihm. Sie war geschwommen, Ihr Gesicht, eingerahmt von einer besonders unvortei l haften Badekappe, strahlte.
»Ich liebe das Meer!«, rief sie atemlos. »Es ist so warm und schön hier!«
Sie war eine begeisterte Schwimmerin, wie Poirot fes t stellte.
»Douglas und ich sind völlig verrückt aufs Schwimmen. Er kann stundenlang im Wasser bleiben.«
Während ihrer letzten Worte glitt Poirots Blick über i h re Schulter hinweg zu jenem Punkt am Strand, wo der begeisterte Schwimmer, Mr Douglas Gold, saß und sich mit Valentine unterhielt.
»Ich verstehe gar nicht, warum er nicht mitgekommen ist…«, sagte seine Frau. In ihrer Stimme klang eine Art kindlichen Staunens mit.
Poirots Augen ruhten nachdenklich auf Valentine Chantry . Ihm fiel ein, dass schon andere Frauen zu ihrer Zeit die gleiche Bemerkung gemacht hatten.
Er hörte, wie
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