Hercule Poirot schläft nie
Reihenfolge der Ereignisse in der Nacht vom neu n undzwanzigsten Oktober war völlig klar.
Es fing an mit einem Streit zwischen den beiden Mä n nern – Gold und Chantry. Chantrys Stimme wurde lauter und lauter. Seine letzten Worte wurden von vier Personen gehört – dem Mann am Empfang, dem Direktor, General Barnes und Pamela Lyall.
»Sie verdammtes Schwein! Wenn Sie und meine Frau glauben, Sie können mich reinlegen, dann irren Sie sich! Solange ich lebe, bleibt Valentine meine Frau!«
Dann war er mit wutverzerrtem Gesicht aus dem Hotel gestürzt.
Die Auseinandersetzung fand vor dem Abendessen statt. Danach versöhnte man sich wieder. Wie das arra n giert wurde, wusste kein Mensch. Valentine bat Marjorie Gold, eine Mondscheinfahrt im Auto mit ihr zu machen. Pamela und Sarah kamen mit. Gold und Chantry spielten Billard. Danach gesellten sie sich zu Hercule Poirot und General Barnes, die in der Halle saßen.
Chantrys Gesicht verzog sich – eigentlich zum ersten Mal – zu einem Lächeln. Er schien guter Laune zu sein.
»War es ein spannendes Spiel?«, fragte der General.
»Der Bursche ist viel zu gut«, sagte der Kapitän. »Er gewann haushoch.«
Douglas Gold spielte den Bescheidenen.
»Reine Glückssache. Glauben Sie mir. Was möchten Sie trinken? Ich geh mal den Kellner suchen.«
»Für mich Pink Gin, vielen Dank.«
»Gut. Und Sie, General?«
»Danke. Whisky mit Soda.«
»Für mich das Gleiche. Und Sie Monsieur Poirot?«
»Sie sind sehr freundlich. Ich möchte einen sirop de ca s sis.«
»Einen Sirup aus was?«
»Sirop de cassis. Saft aus schwarzen Johannisbeeren.«
»Ach, einen Likör! Ich verstehe. Haben die den hier ü berhaupt? Ich habe nie davon gehört.«
»Sie haben ihn, ja. Aber es ist kein Likör.«
»Klingt merkwürdig«, sagte Gold und lachte. »Aber j e dem sein eigenes Gift! Ich werde mal bestellen.«
Chantry setzte sich. Obwohl er von Natur aus kein g e sprächiger oder umgänglicher Mensch war, gab er sich eindeutig die größte Mühe, freundlich zu sein.
»Seltsam, wie man sich daran gewöhnen kann, ohne die neuesten Nachrichten auszukommen«, stellte er fest.
»Ich kann nicht behaupten, dass eine vier Tage alte Co n tinental Daily Mail mich sehr interessiert!«, brummte der General. »Natürlich lasse ich mir die Times nachschicken. Und den Punch bekomme ich jede Woche. Aber es dauert verteufelt lange, bis sie eintreffen.«
»Ich frage mich, ob wir wegen der Palästinafrage allg e meine Wahlen bekommen?«
»Die ganze Angelegenheit ist ziemlich verfahren«, e r klärte der General. Da tauchte Douglas Gold wieder auf, gefolgt von einem Kellner mit den bestellten Drinks.
Der General erzählte eine Geschichte aus seiner milit ä rischen Karriere in Indien, im Jahr 1905. Die beiden En g länder hörten ihm höflich zu, wenn auch ohne großes Interesse. Hercule Poirot schlürfte seinen sirop de cassis.
Der General kam zur Pointe seiner Geschichte, und man lachte pflichtschuldig.
Da tauchten die Damen im Hoteleingang auf. Alle vier schienen bester Stimmung zu sein. Sie redeten und lac h ten.
»Tony, Liebling, es war herrlich«, rief Valentine, wä h rend sie sich neben ihn in einen Sessel fallen ließ. »Eine glänzende Idee von Mrs Gold! Ihr hättet alle mitkommen sollen!«
»Was möchtest du trinken?«, fragte ihr Mann. Dann sah er fragend in die Runde.
»Für mich Pink Gin, Liebling«, sagte Valentine.
»Ich möchte Gin mit Ingwerbier«, erklärte Pamela.
»Einen Sidecar«, bestellte Sarah.
»In Ordnung.« Chantry erhob sich und schob seinen u n berührten Pink Gin seiner Frau zu. »Trink ihn. Ich bestell für mich einen neuen. Was möchten Sie, Mrs Gold?«
Mrs Gold ließ sich gerade von ihrem Mann aus dem Mantel helfen. Sie wandte sich um und sagte: »Könnte ich bitte eine Orangeade haben?«
»Kommt sofort. Eine Orangeade.«
Er ging zur Tür. Mrs Gold lächelte zu ihrem Mann auf.
»Es war so schön. Ich wünschte, du wärst mitgeko m men.«
»Ich auch. Wir werden es nachholen, ja?«
Valentine Chantry nahm ihr Glas und trank es aus. »Hm! Den habe ich gebraucht«, sagte sie und seufzte.
Douglas Gold nahm Marjories Mantel und legte ihn auf einen Sessel. Während er zu den andern zurückging, fra g te er scharf: »He, was ist denn?«
Valentine Chantry hatte sich in ihrem Sessel zurückg e lehnt. Ihre Lippen waren blau. Sie griff sich mit der Hand an die Brust. »Ich fühle mich so – so komisch…« Sie keuchte und rang nach Luft.
Chantry betrat wieder die
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