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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sie an. «So, du magst ihn gern? Harry hat immer Glück bei den Frauen, darin schlägt er mir nach.» Er kicherte. «Ich habe ein gutes Leben gehabt – ein sehr gutes Leben. Von allem habe ich bekommen.»
    «In Spanien haben wir ein Sprichwort, das heißt: Nimm dir, was du willst, und bezahle dafür, sagt Gott.»
    «Das ist ausgezeichnet.» Simeon Lee horchte ihren Worten nach. «Nimm dir, was du willst. Das habe ich mein Leben lang getan, genommen, was ich wollte.»
    «Und hast du dafür bezahlt?» Pilars Stimme klang plötzlich hell und eindringlich.
    Simeon fuhr auf und starrte sie an. «Was sagst du da?»
    «Ich fragte: Hast du dafür bezahlt, Großvater?»
    «Das weiß ich nicht», antwortete der alte Mann zögernd. Dann schlug er wieder mit der Hand auf die Armlehne. «Wie kommst du dazu, mich das zu fragen?»
    «Ich habe eben darüber nachgedacht», sagte Pilar sanft.
    «Du kleiner Teufelsbraten!»
    «Aber du hast mich trotzdem gern, Großvater, nicht wahr?»
    «Ja, ich habe dich gern, ich sitze gern hier mit dir. Ich habe lange niemand so Junges und Schönes mehr um mich gehabt. Es tut mir gut, und es wärmt meine alten Knochen. Du bist mein Fleisch und Blut. Das rechne ich Jennifer hoch an. Sie war noch die Beste von allen.»
    Pilar lächelte weich, aber undurchdringlich.
    «Dabei kannst du mich nicht etwa hinters Licht führen, kleine Katze. Ich weiß genau, weshalb du so geduldig hier sitzt und mir zuhörst. Geld! Immer geht es um Geld! Oder willst du mir vielleicht weismachen, dass du deinen alten Großvater liebst?»
    «Nein, das nicht. Aber ich mag dich gern. Das musst du mir glauben, denn es ist wahr. Wahrscheinlich warst du ein skrupelloser Mann, aber sogar das gefällt mir. Und du hast Interessantes erlebt, du bist viel gereist und hast ein Abenteuerleben geführt. Wenn ich ein Mann wäre, wollte ich genauso leben.»
    Simeon nickte. «Jawohl, das würdest du vermutlich. Wir hätten Zigeunerblut in uns, sagt man. In meinen Söhnen, mit Ausnahme von Harry, scheint es nicht mehr wirksam zu sein; aber ich glaube, in dir ist es wieder lebendig geworden. Man muss nur warten können. Ich habe einmal fünfzehn Jahre lang gewartet, um mit einem Mann, der mich gekränkt hatte, eine Rechnung zu begleichen. Das ist ein weiteres Merkmal von uns Lees – dass wir nichts vergessen! Wir rächen alles Böse, und wenn es Jahre dauert. Jenen Mann habe ich nach fünfzehn Jahren gefasst – und ich habe ihn zertreten, ruiniert, ausgelöscht. Das war in Südafrika. Ein großartiges Land!»
    «Bist du noch einmal dort gewesen?»
    «Ja, die fünf Jahre nach meiner Heirat verbrachte ich noch unten. Nachher bin ich nie mehr zurückgefahren.» Seine Stimme wurde leiser. «Wart, ich will dir was zeigen.»
    Er stand mühsam auf, nahm seinen Stock und humpelte an den Safe, öffnete ihn und winkte sie zu sich.
    «Da! Schau dir die an! Spüre sie! Lass sie durch deine Finger laufen!» Er lachte über ihr erstauntes Gesicht. «Das sind Diamanten, Kind! Diamanten!»
    Pilars Augen weiteten sich. «Aber das sind ja nur kleine Kieselsteine!»
    «Es sind ungeschliffene Diamanten. So findet man sie.»
    «Und wenn sie geschliffen würden, würden sie funkeln und blitzen wie richtige Diamanten? Nein! Das glaube ich nicht!»
    Er amüsierte sich königlich. «Trotzdem ist es wahr. Und diese Hand voll Kieselsteine ist viele tausend Pfund wert.»
    Pilar wiederholte seine Worte, stockend, mit Pausen dazwischen.
    «Ist… viele… tausend… Pfund… wert?»
    «Sagen wir neun – oder zehntausend mindestens. Es sind große Steine, weißt du.»
    «Warum verkaufst du sie dann nicht?»
    «Weil ich sie gerne hier behalte. Ich brauche kein Geld.»
    «Ah! Darum!» Pilar schien tief beeindruckt zu sein. «Und warum lässt du sie nicht schleifen, damit sie schön werden?»
    «Weil sie mir so besser gefallen.» Sein Gesicht verdüsterte sich plötzlich. Er wandte sich um und sprach wie zu sich selber weiter. «Weil sie mir alles zurückbringen, wenn ich sie berühre – die helle Sonne, den Geruch der weiten Weiden, die Rinderherden, den alten Eb, die Freunde, die Abende…»
    Es wurde leise an die Türe geklopft.
    «Schnell, leg sie zurück und schlag die Tür zu!», zischelte Simeon. Dann rief er: «Herein!»
    Horbury trat ein und meldete ehrerbietig: «Der Tee, Sir.»
     
    Hilda sagte: «Ach, da bist du, David. Ich hab dich überall gesucht. Aber hier wollen wir nicht bleiben. Es ist scheußlich kalt hier drinnen.»
    David antwortete ihr nicht sofort.

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