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Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Titel: Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Ball
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daß die jungen
    Leute weniger Widerstand finden; daß ihr Enthusiasmus mehr
    getragen, daß die Absonderlichkeit leichter eingeordnet, mit einem
    Wort, daß die Lehrer frischer, beschwingter, lebendiger sind. Der
    Beruf des Schriftstellers ist wohl mehr anerkannt; der Bezug auf die
    Gesellschaft ebenso. Eine Elite, die von Idealen getragen ist, scheint
    dort mehr vorhanden, gegenwärtiger zu sein. All dies verbrückt den
    Unterschied zwischen Begabung und Umwelt. Gestalten wie Rimbaud
    sind dort Ausnahmen; bei uns sind sie fast die Regel. Wir haben
    theoretisch ein Erziehungswesen, eine Reformbestrebung in
    Permanenz, die hinter keinem Lande zurücksteht; aber das ist ein in
    sich geschlossener Staat, der seine hochinteressanten Debatten
    eigentlich beständig für sich und um der Übung willen betreibt.
    Dieser Reformbestrebungsstaat scheint weit entfernt, in praxi einen
    erheblichen Einfluß zu gewinnen oder gar eine Änderung zu
    bewirken.
    Gerade das Werk Hermann Hesses legt solche Bedenken nahe. Er
    selbst berührt sie in »Unterm Rad«; aber er hat sie nicht
    durchgeführt und nicht mehr aufgenommen. Sein Werk in der

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    Gesamtheit entspricht heute jenem Buchtitel und birgt alle
    Veranlassung, bei diesen Fragen ein wenig zu verweilen. Man wird
    dann finden, daß seine Problematik typisch ist, und man wird auch
    sehen, weshalb das Schweigen um diesen Dichter seit dem Kriege
    von Jahr zu Jahr gewachsen ist. Hesses Werk, wie es heute sich
    darbietet, erhebt dringender als je die Frage nach deutscher
    Erziehung und Schule. In keinem Lande werden so viele
    Erziehungsromane geschrieben wie hier. Unsere größten Dichter sind
    Autodidakten gewesen. Ein großer Teil der Erziehungsbücher aber,
    die jahraus, jahrein geschrieben werden, sagt nicht so sehr für das
    Publikum, als für den Verfasser aus, der sich darin Rechenschaft gibt
    oder verantwortet; der seine Konflikte mitteilt und seine
    Schwierigkeiten bekennt, als könnten etwaige Freunde, die er mit
    seinen Büchern wirbt, ihm helfen, Schwierigkeiten weiter zu lösen,
    die die Schule zu lösen verabsäumt hat.
    Ein Großteil dieser Konfessionen verfolgt durchaus nicht die Absicht,
    die Lösung einer klar erkannten Frage vorzutragen und diese Lösung
    in Einklang zu zeigen mit einer festen, zuverlässigen Überlieferung.
    Sondern es zeigt sich meist, daß der Verfasser ganz neue,
    phantastische Wege geht, ja daß er Umwege bevorzugt, um sich zu
    unterscheiden; daß er Meinungen und Überzeugungen vertritt, die
    nur für ihn gelten, und daß das Fazit seiner Kunst dem Volksganzen
    unersichtlich bleibt. Man kann einwenden, daß es doch immerhin
    etwas sei, Einblick in eine Seele zu erhalten; ihre Kämpfe und
    Schwierigkeiten, ihre Irrwege einzusehen; aus ihrem Unglück zu
    lernen und aus ihren Triumphen Trost zu schöpfen. Aber es bleibt
    doch die andere dringende Frage offen, ob die Einbuße der Literatur
    an Ansehen und Autorität nicht größer sei als das Glück, das sie
    bringt. Ob nicht das Schreibwesen auf solche Weise zu jenem
    Resultate führt, das wir heute überall wahrnehmen: nämlich zur
    Despektierung des Dichters und Literaten und zur Despektierung des
    geschriebenen Wortes. Was hilft es auch zu sehen, wie es der Autor
    gemacht hat, wenn dieser Autor zum Schluß gestehen muß, er finde
    sich nicht mehr zurecht? Oder wenn eine Stimme im großen Konzert
    der andern widerspricht und ein Werk dem andern. Wer mag in der
    Lektüre noch etwas anderes suchen als eine Unterhaltung?

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    Wenn jemand unter den Heutigen ein Bekenner ist, so ist es
    Hermann Hesse. Und wenn jemand seine Selbsterziehung mit
    Strenge und Ernst betrieben hat, so ist er es. Er hat sein Leben
    durchleuchtet bis in die letzten verborgenen Winkel; er hat ein
    Bekenntnis abgelegt, das vom Glücksempfinden geistiger Triumphe
    bis hinunter in die Hölle des Gewissens reicht. Diese Konfession aber
    – das darf nicht verschwiegen werden –, sie wäre verwirrend in
    manchem Widerspruche, sie wäre unheilvoll und bedrückend, wenn –
    ja, wenn sie nicht ein so hohes Kunstwerk, eine Mythologie, wenn sie
    nicht typisch wäre. Mit »Demian« hat Hesse den einzigartigen
    Versuch begonnen, den Typus des Deutschen und Protestanten in
    seiner eigenen Person zu erfassen und aufzulösen, in die Höhe und
    die Tiefe, in die Fülle und die Glut, in die Kindlichkeit und den Orient.
    Um diese Leistung aber zu ermöglichen, mußte er ebenso alle Wirrnis
    und alles Unglück, alle »Immoral« und alle

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