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Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Titel: Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugo Ball
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aufzunehmen:
    »23. X. 17. Du wirst hören die Stimme, die aus den Urtiefen der Erde
    ruft, verkünden werde ich Dir die Gesetze des Magmas, in dessen
    Quellen ich throne, vernehmen sollst Du von mir die Gesetze der
    Toten, welches sein werden Satzungen der neuen Zeit.
    25. X. 17. Wo bist Du heut?
    Dir unbewußt arbeite ich in Dir, durchbrechend die harte Kruste, die
    auf meinem Verliese lastet, damit ich das Eis Deiner Seele
    durchdringen kann. Gehe ruhig zur Ruhe, ich bin Dir immer nahe,
    sende aber oft des Tages und während der Nacht die Strahlen Deiner
    Gedanken in den finsteren Schacht Deiner Seele, wo ich mich Dir zu
    nahen suche, um Berührung zu gewinnen.
    26. X. 17. Was willst Du mir heute sagen?
    Ich hämmere in meinem Schachte, der mich einschließt und mir
    noch kein Licht gibt, das ich nicht selbst ausstrahle. Du hörst mein
    Hämmern im Rauschen Deines Gehörs. Dein Herzschlag ist das
    Hämmern meiner Arme, die nach Befreiung lechzen.
    28. X. 17. Ich bin die Gerechtigkeit des linken Schächers,
    desjenigen, der seine Sünden auf sich nimmt. Der Dich einmal beten

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    lehrte: verschon mich armen Sünder nicht. Ich hämmere in Deinem
    Schachte, einmal wirst Du verstehen und lesen die Runen, die ich im
    Gestein Deiner Seele herausgeschlagen habe, die Urschrift der
    Menschen, die Du sie lehren mußt, die Gesetzestafeln des
    Kommenden.«
    So spricht ein großer Verführer zum Leben, und seiner überredenden
    Stimme gelingt es, den Freund in allen Tiefen sich finden und
    erschöpfen zu lassen. So spricht eine dionysische Stimme, und eine
    apollinische antwortet ihr. So entsteht eines der seltsamsten und
    tiefsten Bücher unserer Literatur: ein hohes Lied vom Freunde, der in
    die Mysterien eingeweiht und Züge der Vorsehung in seinem
    rätselhaften Gesichte trägt. So entsteht ein hohes Lied der Mutter,
    das hohe Lied der »Frau Eva«, doch einer sehr geläuterten,
    verflüchtigten, einer vom Tod und allen Schauern des Jenseits
    umwitterten Frau Eva. So löst sich jene Welt, die der Dichter durch
    Jahrzehnte in sich ausgetragen und verschwiegen hatte. Und das
    Buch, das die Frucht ist, schwebt zwischen Musik und Malerei,
    zwischen Diesseits und Jenseits in allen Klängen und Farben, deren
    Finesse ein großer Artist sich in unermüdlichen Stilübungen errungen
    hat.
    Die Umstände müssen sehr günstig, die Erlebnisse außerordentlich
    sein, um solch ein Buch zu ermöglichen. Jeder Satz vermittelt den
    heftigen, sicheren Griff eines Intellektes, der lange Zeit auf der Lauer
    lag, die Qual des Innern ins helle Licht zu drängen und zu binden.
    Der Dichter spricht von seiner damaligen »Besessenheit durch
    Leiden«; von einer »Höllenreise durch sein Selbst«. Der Bann ist
    jetzt gebrochen. Eine Heimat, eine Verknüpfung des Ichs mit den
    »ewigen, außerzeitlichen Ordnungen« ist gefunden. »Man kann, so
    heißt es im ›Lebenslauf‹, jederzeit wieder unschuldig werden, wenn
    man sein Leid und seine Schuld erkennt und zu Ende leidet, statt die
    Schuld daran bei andern zu suchen.« Nicht nur bei den Menschen,
    bei Gott selbst hatte der Dichter noch in der »Musik des Einsamen«
    die Schuld gesucht. Er nimmt die Schuld nun auf sich. »Und siehe, es
    war in der Tat eine große Unordnung da. Es war kein Vergnügen,
    diese Unordnung in mir selber anzupacken und ihre Ordnung zu
    versuchen...«

    111
    »Demian« ist ein Durchbruch des Dichters auf der ganzen Linie; ein
    Durchbruch zu sich selbst, bis hinab in eine Urverflochtenheit. Und
    ist ein Sang von der Gewalt des Muttertums; ein Sang von den
    Wurzeln des Menschenwesens. Die Sprache ist durchsichtig hell, und
    doch so sehr in eine makabre, mohnhafte Sphäre getragen, daß sie
    gleich Gertrudens Stimme alle wilde Süßigkeit der Leidenschaft und
    sogar einer inzestuösen, einer kainitischen Leidenschaft zu tragen
    weiß und doch ganz rein von menschlichen Gedanken und Stürmen
    zu leuchten vermag. Denn auch die Zeit ist in diese Sprache
    eingegangen, und welch eine Zeit! Eine brudermörderische, eine
    rebellische, eine gesetzwidrige Zeit.
    Und doch siegt Abel zuletzt, doch siegt das Licht; denn mit dem
    Wissen um die Schuld beginnt schon die Helle. Bernoulli in seinem
    Bachofen-Werk hat »Frau Eva« als Beweis für Bachofens bekannte
    These vom Ursprung aller Kultur aus den Mutterreligionen zitiert. Die
    Bachofen-These kann man bestreiten; aber man kann nicht
    bestreiten, daß alles irdische, bild- und triebhafte Leben, daß alles
    kreatürliche und

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